Kommentar
09:25 Uhr, 09.08.2019

Zuerst die Fed, dann die EZB und am Ende Helikoptergeld?

Mit Spannung hatten die Märkte darauf gewartet, dann war es vollbracht und zunächst ist nicht viel passiert. Wie bereits vermutet hat die US-Notenbank am 31. Juli den Leitzins gesenkt und die Bilanzverkürzung beendet.

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Damit hat sie die Erwartungen der Märkte erfüllt. Es war nicht zu wenig und nicht zu viel entsprechend folgten lediglich nervöse Zuckungen nach unten bzw. danach nach oben. Ob sich eine weitere Kurserholung bei den US-Aktien eingestellt hätte, verbunden mit neuen Rekordständen, oder ob der Markt seine Korrektur fortgesetzt hätte, dies ist im Nachhinein nicht mehr beantwortbar, kam es doch zu einem Eingriff durch die Politik. Präsident Trump gab bekannt, dass er zusätzliche Zölle auf chinesische Waren trotz der laufenden Gespräche ab September erheben wird. Die Chinesen haben nun nicht überraschend Gegenmaßnahmen in Aussicht gestellt, eine Verschärfung des Handelskriegs ist somit vorprogrammiert. Nun kam eine klare Reaktion an den Märkten, die Zinsen fielen deutlich ebenso wie die Aktienkurse und der Goldpreis zog entsprechend an.

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Fed bereitet weitere Zinssenkungen vor

Der globale Einkaufsmanagerindex hat seine Abwärtstendenz fortgesetzt, er verlor 0,1 Zähler auf nun 49,4 Zähler und damit fällt er zum 18. Mal in den letzten 19 Monaten und erreicht den niedrigsten Stand seit Oktober 2012. Waren sich die Marktteilnehmer am Mittwochabend noch uneins darüber, ob der von der US-Notenbank eingeleitete Paradigmenwechsel nachhaltiger Natur ist, so herrscht inzwischen wieder eine hohe Einigkeit darüber, dass im September trotz der leichten Dementi des US-Notenbankchefs, eine weitere Zinssenkung zu erwarten ist. Da die aktuelle Zinssenkung primär mit der gestiegenen Unsicherheit aufgrund des Handelskriegs begründet wurde, dürfte somit eine Verschärfung des Handelskriegs die Unsicherheit weiter verstärken und damit auch die Basis für eine neuerliche Zinssenkung liefern. Die US-Notenbank versucht frühzeitig zu reagieren und macht eine Kehrtwende dahingehend, dass sie ihre Entscheidung nun nicht mehr von den bestehenden Wirtschaftsdaten abhängig macht sondern von deren Prognosen. Es fällt ihr damit auch leichter den Forderungen des US-Präsidenten nachzukommen, ist diesem doch die Nullzinspolitik der Japaner und Europäer längst ein Dorn im Auge, erachtet er doch zu Recht den US-Dollar als überbewertet. Für ihn ist eine weitere Zinssenkung Pflicht, hat EZB Chef Draghi doch in der letzten Sitzung bereits die Erwartungen geschürt, dass die EZB trotz Negativzins eine weitere Absenkung sowie zusätzliche Liquiditätsspritzen beschließen wird.

EZB wird noch extremer - und es wird irgendwann Geld "regnen"

Die EZB hebelt damit aber bisherige Gesetzmäßigkeiten aus und zwingt Anleger jeglicher Art verstärkt ins Risiko. Einige Analysten sprechen bereits vom Geldsozialismus á la EZB. Ein Großteil der europäischen Staatsanleihen notieren bereits im negativen Zinsbereich, nun auch die 30-jährigen deutsche Staatsanleihen. Derzeit überschreitet der Wert der mit negativen Zins gehandelten europäischen Staatsanleihen bereits die Summe von 4.800 Milliarden €, was ca. 60 % des Gesamtvolumens bedeutet bzw. 1.400 Milliarden (42 %) bei den Unternehmensanleihen.

Für die Sparer aber auch für Pensionsfonds und Versicherungen ist dies ein Albtraum. Jeder Europäer, der schon einmal das Wort Marktwirtschaft gehört hat, wird dies als unbegreiflich einstufen, dass man für das Schuldenaufnehmen Geld erhält. Immer häufiger ist in diesem Zusammenhang das Wort Perversität zu lesen oder zu hören. Den Anlegern sollte klar sein, dass mit dieser Negativzinspolitik immer stärker der Boden für mehr Planwirtschaft bereitet wird. Nun will die EZB auch noch das Inflationsziel heraufsetzen. Sollte man dies umsetzen, wären noch stärkere Liquiditätsspritzen vorprogrammiert. Man würde die Wirtschaft im Geld ersäufen. Dabei haben die Menschen in der Eurozone wahrscheinlich überhaupt kein Problem mit einer Inflation von 0,5 % oder einem Prozent. Sieht man von den manipulativen Erhebungsmethoden (z.B. hedonistisch) im Warenkorb einmal ab, so spielt unverändert das Internet sicherlich eine wesentliche Rolle für den relativ moderaten Preisanstieg in einigen Bereichen. Lebensmittel werden noch immer vorwiegend vor Ort gekauft, entsprechend stark ist die Inflation in diesem Sektor. Da wir uns nicht jeden Tag einen neuen Fernseher kaufen und nur alle paar Jahre einmal Brötchen, Obst oder Butter ist es wohl logisch, dass eine derartige starke inflationäre Entwicklung dieser „minderwertigen Produkte“ nicht allzu hoch gewichtet wird. Das Inflationsziel (2 %) der EZB würde übrigens bedeuten, dass die Kaufkraft des Euros innerhalb von zehn Jahren um wenigstens 18 % fallen wird. Wenn nun die Regierung über Jahrzehnte die Bürger aufgefordert hat für das Alter vorzusorgen und die Banken ein Großteil der Anlagen ihrer Kunden im festverzinslichen Bereich angelegt haben, so bedeutet die Nullzinspolitik oder gar Negativzinspolitik, welche nun zu erwarten ist, eine regelrechte Vernichtung dieses Sparvermögens!


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Erfreulich ist eine derartige Entwicklung natürlich für alle Schuldner insbesondere den Staat selbst. Längerfristig kann dies allerdings nur bedeuten, dass es keine Sparvermögen mehr geben wird und dass lediglich die Gelddruckmaschine der Notenbanken die Liquidität für Investitionen bereitstellen wird. Dies ist dann Planwirtschaft pur. Die EZB wird in dieser Situation den Banken exakt vorschreiben, wie eine dann übergroße Kreditnachfrage (jeder will schließlich fürs Nichtstun Geld erhalten) verteilt werden darf. Derzeit besteht die Situation darin, dass derjenige einen Negativzins erhalten kann, der eine hohe Bonität hat, sprich also derjenige, der über genügend Geld verfügt. Großkonzerne kommen somit wesentlich leichter in diesen Genuss als Mittelständler! Am Ende des Prozesses dürfte trotz aller Planwirtschaft dann wohl das von einigen befürchtete Helikoptergeld stehen.

Da Pensionsfonds ebenso wie die Versicherungsbranche unter dieser Entwicklung leiden werden, der Staat sie aber nicht bankrott gehen lassen darf, dürften neue Gesetze entwickelt werden, welche die Deckungslücken zum Beispiel durch Gelder seitens des Staates oder der Notenbank schließen können. Wie lange dies gut gehen kann, wenn die Wirtschaft dann trotz aller Bemühungen in eine Rezession fällt, dies bleibt das Geheimnis der verantwortlichen Politiker und Notenbanker. Vielleicht werden wir dies schneller erfahren als manchem das lieb sein mag, denn mit seinen neuen Milliardenzöllen riskiert der US-Präsident eine Eskalation des Handelsstreits und damit eine globale Rezession.

Konjuktur stützt die Märkte - noch

Noch werden die großen Märkte durch eine gute Binnenkonjunktur gestützt, ist doch das Vertrauen der Konsumenten relativ hoch aufgrund niedriger Arbeitslosenquoten. In einigen Sektoren in Europa hat allerdings bereits ein Umdenken begonnen, insbesondere in exportabhängigen Bereichen. Mit der Verschärfung des Handelsstreits könnte sich die Lage hier weiter verschlechtern und damit die Stimmung belasten. Gelingt es den Regierungen nicht durch entsprechende Maßnahmen (Investitionen, bedingungsloses Grundeinkommen etc.) diese Entwicklung zu entschärfen, ist eine Rezession nicht mehr auszuschließen. Diese Problematik erkennen auch die CEOs in den USA, auch ihr Vertrauen in die weitere Entwicklung hat deutlich gelitten.

Gastbeitrag von Dr. Christoph Bost, Experte auf Guidants (jetzt folgen!)

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13 Kommentare

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  • 1 Antwort anzeigen
  • EsJay
    EsJay

    Top Artikel!

    14:20 Uhr, 09.08.2019
  • G3ckOoo
    G3ckOoo

    In Dänemark gibt es nun Immoblienkredite für 0,0%.

    Geld verliert seinen Wert. Edelmetalle werden explodieren sollte das Helikopter-Geld kommen.

    13:27 Uhr, 09.08.2019
    1 Antwort anzeigen
  • Dragoslav
    Dragoslav

    Sehr schöner Artikel!

    Könnte jedoch bitte die Kaufkraftverlustrechnung über zehn Jahre korrigiert werden?

    2% jedes Jahr macht über 10 Jahre nach Adam Riese: 1,02 ^10 = 1,219 .

    Also fast 22% statt der Angegebenen 18%.

    11:54 Uhr, 09.08.2019
    1 Antwort anzeigen
  • Firmin
    Firmin

    Bin gespannt, ob die FED überhaupt die Zinsen senkt.

    10:59 Uhr, 09.08.2019
    1 Antwort anzeigen
  • daxe
    daxe

    danke herr Bost,kurz und knapp allet gesagt.

    schaun wir mal wie das grosse Experiment ausgeht

    10:40 Uhr, 09.08.2019