Kommentar
12:54 Uhr, 22.09.2017

Wie ich meinen Weg durch die Märkte fand

In diesem Artikel möchte ich erläutern, wie mein persönlicher Weg an den Finanzmärkten mir Klarheit verschaffte und dabei heute hilft, erfolgreicher und entspannter zu investieren.

Erwähnte Instrumente

  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (XETRA)
  • Apple Inc.
    ISIN: US0378331005Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (Nasdaq)
    VerkaufenKaufen

Im letzten Artikel habe ich darüber geschrieben, dass grundlegende Entscheidungen und die richtigen Fragen dabei helfen können ein besserer Anleger zu werden.

Heute möchte ich einige Worte darüber sagen, wie mein persönlicher Weg an den Finanzmärkten mir Klarheit verschaffte und dabei heute hilft, erfolgreicher und entspannter zu investieren.

Alles begann mit der Erfahrung, dass die Auswahl eines sicheren Börsengeschäfts, z.B. in Form einer „nächsten Apple-Aktie“, der sprichwörtlichen Suche der Nadel im Heuhaufen gleicht und mündete in der Erkenntnis, dass ich, statt die Nadel zu suchen, doch gleich den ganzen Heuhaufen kaufen könnte.

Dazu weiterlesen: Apple-Aktien und die Lotterie des Lebens.

Doch um diesen Weg bis zum Ende gehen zu können, musste ich den Wald vor lauter Bäumen erstmal erkennen.

Mein Scheitern alleine war noch nicht genug, denn ich glaubte ja, dass es andere Trader oder Analysten gab, die das Geschäft des Kaufen und Verkaufens perfekt beherrschten.

Anscheinend wussten oder konnten die etwas viel besser als ich. Und schon begann das Probieren und Tanzen um die heiße Herdplatte herum von neuem.

Tatsächlich erzielten in einer Untersuchung des Wirtschaftsmagazins Capital (01/2008) nur 44,11 Prozent aller Analysten aus rund 7.150 Aktienempfehlungen einen Treffer.

Zwar gab es auch gute Analysten, die in der Spitze eine Trefferquote von 74 Prozent erreichten, doch diese sind wie immer schwer im Vorfeld zu erkennen. Nur 10 von 34 Finanzinstituten erzielten in Summe ihrer Aktienempfehlungen eine Trefferquote von größer als 50 Prozent.

Eine Ironie der Geschichte ist, dass in dieser Studie die Analysten der Investmentbank Lehman Brothers die höchste Trefferquote im US-Vergleich erreichten. Wenige Monate später musste die Bank Insolvenz anmelden.

Gottfried Heller, Geschäftspartner von André Kostolany (†1999), sagte mal: „In der Hausse brauchen Anleger keine Analysten und in der Baisse sollte man sich von ihnen fernhalten.“ (1)

Ich mag an dieser Stelle nicht der Schwarzmaler sein, aber mir ist in 10 Jahren eben auch keine anderslautende Studie untergekommen, z.B. darüber, dass die Empfehlungen von Analysten zu besseren Anlageergebnissen führen würden.

Doch um diese Klarheit zu erlangen, musste ich erst hinter die Kulissen schauen.

Als junger Wertpapierhändler in Frankfurt am Main lernte ich, dass es viel wichtiger war, einen Kunden für einen nächsten Trade zu begeistern, als eine gute oder richtige Aktienempfehlung zu geben.

Oder wie Kostolany sagte: „Der Broker liebt den Spieler, aber seine Tochter möchte er ihm nicht zur Frau geben.“

Als Vermögensberater beobachtete ich, dass die Höhe der Gebühren, die ein Kunde zahlte, wichtiger war, als die Rendite, die er erzielte.

Der emeritierte Princeton-Professor Burton Malkiel erzählt dazu folgenden Witz:

“A couple, both age seventy-eight, went to a sex therapist’s office. The doctor asked, “What can I do for you?” The man said, “Will you watch us have sexual intercourse?” The doctor looked puzzled, but agreed. When the couple finished, the doctor said, “There’s nothing wrong with the way you have intercourse,” and charged them $50. The couple asked for another appointment and returned once a week for several weeks. They would have intercourse, pay the doctor, then leave.

Finally, the doctor asked, “Just exactly what are you trying to find out?”

The old man said, “We’re not trying to find out anything. She’s married and we can’t go to her house. I’m married and we can’t go to my house. The Holiday Inn charges $93 and the Hilton Inn charges $108.

We do it here for $50, and I get $43 back from Medicare.” (2)

Auch an den Finanzmärkten sind die Dinge oftmals ganz anders, als sie scheinen.

Oder wie Freundeskreis rappen: "Wenn der Vorhang fällt sieh hinter die Kulissen - die Bösen sind oft gut und die Guten sind gerissen - geblendet vom Szenario erkennt man nicht - die wahren Dramen spielen nicht im Rampenlicht"

Als Trader fand ich immer eine Gruppe anderer Händler, die genau das Gegenteil von dem gemacht hatten, was ich gehandelt und womit ich einen Verlust kassiert hatte.

Dies ließ mich zu der Schlussfolgerung kommen, dass diese Trader besser waren als ich und dabei kannte ich nie die Summe aller ihrer Trades.

Ja, es gibt eine Handvoll Trader, die jede Menge Geld an den Märkten verdienen, z.B. der japanische Super-Trader „CIS“, der bisher schätzungsweise über 150 Millionen Dollar aus seinem Ein-Zimmer-Apartment heraus ertradet hat.

Ja, es gibt Hedgefonds-Manager, die Strategien entwickelt haben, die jedes Jahr positive Renditen erwirtschaften (z.B. Ray Dalio oder James Simons) und ja, es gibt Analysten, die ein Händchen dafür haben, die richtigen Aktien auszuwählen.

Nur zwei Fragen, auf die ich trotz langer Suche keine Antworten fand, waren:

1.) Kann ich das auch?

Und viel wichtiger:

2.) Ist das wirklich erlernbar?

Oder war ich, wie Finanzmathematiker Nassim Taleb es sagen würde, nur ein nächster unter den vielen „Narren des Zufalls“?

Es gibt die beliebte Geschichte, was wohl passiert, wenn man einen wöchentlichen Empfehlungs-Newsletter an 80.000 E-Mailadressen schicken würde, bei der man 40.000 Lesern eine positive Einschätzung des Marktes und 40.000 Lesern eine negative Aussicht über den weiteren Marktverlauf zukommen ließe.

Sollte der Markt in der kommen Woche fallen, dann fielen die 40.000 „Steiger“ heraus und an die andere Hälfte sendet man wieder 20.000 negative und 20.000 positive Aussichten.

In der nächsten Woche setzt man das wieder mit 10.000 „Bullen“ und 10.000 „Bären“ fort, bis in der sechsten Woche 2.500 Leser übrigbleiben, die fünf Wochen in Folge richtige Hervorsagen erhalten haben.

Wie hoch wäre wohl das Ansehen des Newsletter-Schreibers bei dieser Gruppe von Anlegern?

In der Fachwelt spricht man in diesem Zusammenhang auch von der „Guru-Verehrung“.

Erasmus von Rotterdam, ein Gelehrter der Renaissance (einer Zeit, in der man wie selten zuvor in der Geschichte Dogmen und Traditionen in Frage stellte) schrieb:

„Je weniger wir Trugbilder bewundern, desto mehr vermögen wir die Wahrheit aufzunehmen.“

Wie oft hatte ich sogar meine eigenen Prognosen und Strategien für unfehlbar gehalten, ohne den vollständigen Pfad der vielen Zufälle, die sie bis dahin genommen hatten, zu erkennen.

Klarheit ist es letztlich, die mir heute einen Weg durch dieses lärmende „Monte-Carlo ohne Musik“ weist, wie Georg von Siemens, Mitgründer der Deutschen Bank, bereits im 19. Jahrhundert die Börse nannte.

Es fällt mir heute leichter meine geraden Bahnen durch das Chaos der Finanzmärkte zu ziehen, weil ich die Alternativen als für mich ungeeignet abgehakt habe.

Erst dadurch ist es mir möglich, meinem Anlagestil treu zu bleiben, auch wenn andere Trader vielleicht in jenem Moment bessere oder gar beneidenswertere Ergebnisse erzielen.

Viele Grüße
Jakob Penndorf

--

(1) Trefferquote der Analysten erschreckend niedrig. Holger Zschäpitz. Die Welt. 17.02.2001.
(2) Kurzübersetzung: Statt eine Therapie zu machen, besucht ein älteres Paar (das sich als „Fremdgeher“ herausstellt) einen „Sex-Doktor“ für 50 Dollar die Stunde, nicht um eine Beratung zu bekommen, sondern weil 50 Dollar günstiger als ein Hotelzimmer sind und ein Großteil von der Krankenkasse erstattet wird.

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