Kommentar
09:27 Uhr, 20.12.2022

Warum die Märkte heute fallen und was in Japan passiert ist

Japan ist anders, nicht nur in Bezug auf die Geldpolitik. Das galt bisher. Jetzt folgt die Notenbank in kleinen Schritten dem Trend zu steigenden Zinsen. Eine radikale Kehrtwende in der Geldpolitik gibt es dennoch nicht.

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  • Nikkei225 - WKN: 969244 - ISIN: XC0009692440 - Kurs: 26.363,26 Pkt (TTMzero Indikation)

Die Geldpolitik hat sich nicht grundsätzlich verändert. Die Bank of Japan hat allerdings das Zielband für die Rendite 10-jähriger Anleihen angepasst. Bisher durfte die Rendite zwischen -0,25 % und +0,25 % schwanken. Jetzt wurde das Band auf ±0,5 % ausgeweitet. Die Rendite 10-jähriger Anleihen schnellte sofort von 0,24 % auf 0,44 % nach oben. Der Yen legte gegenüber dem Euro fast 3 % zu.

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Der Nikkei verlor 2,5 %. Die kleine Änderung hat große Wirkung. Dennoch bleibt die Geldpolitik sehr locker. Der Leitzins wird nicht angepasst und obwohl die 10-Jahresrendite steigen darf, das Ziel liegt immer noch bei 0 %. Die Mischung aus einer gestoppten Yen-Abwertung und weiterhin sehr lockeren Geldpolitik macht japanische Aktien interessant.

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Die Geldpolitik unterscheidet sich in Japan aus gutem Grund vom Rest der Welt. Im Gegensatz zu den USA oder Europa ist die Inflation weiterhin moderat. Auch in Japan ist die Teuerung angestiegen, liegt mit weniger als 4 % allerdings deutlich unter den Werten in anderen Regionen. Die Geldpolitik kann daher lockerer bleiben als andernorts.

Dadurch unterscheidet sich auch der wirtschaftliche Ausblick. In den USA verschob sich die Prognose der Notenbanker in Bezug auf das Wirtschaftswachstum in jedem Quartal nach unten. Ursprünglich wurde für 2023 ein Wachstum von 2,5 % erwartet. Zuletzt waren es nur noch 0,5 % (Grafik 1). Für die US-Wirtschaft bedeutet dies Stagnation.


Gleichzeitig verschob sich die Inflationsprognose immer weiter nach oben (Grafik 2). Entsprechend wird weiter gestrafft und die Zinsen bleiben für längere Zeit auf hohem Niveau. Es ist denkbar, dass sich bei der nächsten Prognose im März der Trend fortsetzt und die Fed auch offiziell eine Rezession einplant.

In Japan ist es anders. Auch dort gilt, dass sich die Inflationsprognose über die vergangenen Quartale nach oben bewegt hat. Für 2023 wird eine Kernrate von 1,5 % erwartet. Diese soll auch 2024 erreicht werden (Grafik 3). Der Trend zu höheren Prognosen kann sich auch hier fortsetzen. Dies gefährdet allerdings nicht die lockere Geldpolitik. Anpassungen sind homöopathisch, sofern sie überhaupt erfolgen.

Noch hat die Bank of Japan (BoJ) ihr Inflationsziel von 2 % nicht nachhaltig erreicht. Damit das Land aus der Mentalität der Deflation ausbrechen kann, benötigt Japan eine höhere Inflationsrate über einen längeren Zeitraum. Unkontrollierte Inflation ist weit entfernt. Eine straffere Geldpolitik mit einem Leitzins von 3 % ist schlichtweg nicht notwendig.

Die große Überraschung zeigt sich bei den Wachstumsprognosen. Diese sinken nicht Quartal um Quartal, sondern steigen oder bleiben auf höherem Niveau. Für 2023 darf mit knapp 2 % Wirtschaftswachstum gerechnet werden. Für 2024 wurden die Prognosen in diesem Jahr von 1 % auf 1,5 % angehoben.

Während sich das Wachstum im Rest der Welt abschwächt, beschleunigt es sich in Japan. Das ist ein gravierender Unterschied zu den USA und Europa. Entsprechend sollte auch der Aktienmarkt besser performen.

Der Aktienmarkt ist auch deswegen interessant, weil der Yen stark abgewertet hat. Das Ende der Straffung ist zumindest in den USA absehbar. Aus fundamentaler Sicht ist der Yen inzwischen 30 % zu tief bewertet. Anleger können daher mittel- bis langfristig nicht nur von einem besseren Wachstumsausblick, sondern auch von einer Aufwertung der Währung profitieren.

So verlor der Nikkei zwar 2,5 % nach dem Notenbankentscheid. Da der Yen gegenüber dem Euro aber 3 % aufwertete, haben Anleger in Euro heute sogar gewonnen. Japanische Aktien sind eine Überlegung wert.

Clemens Schmale

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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