Kommentar
08:12 Uhr, 01.04.2015

Japan: Erster Erfolg der Regierungspolitik

Bisher wurden fast alle Ziele der Abenomics verfehlt. Jetzt gibt es einen ersten Erfolg.

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Das Hauptziel der Abenomics ist es, Japan wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Das ist alles andere als leicht. Die japanische Wirtschaft ist stark vom Konsum getrieben. Man kennt Japan zwar vor allem als Exportnation. Das täuscht allerdings darüber hinweg, dass der Konsum in Japan fast genauso wichtig ist wie in den USA.

Für eine Wirtschaft, die vom Konsum abhängig ist, gilt: will man das Wachstum anschieben, dann müssen Konsumenten mehr Geld ausgeben. Das geht nur, wenn Menschen auch das Geld haben, mehr in den Konsum zu stecken. Mehr Geld bekommen Angestellte für gewöhnlich nur, wenn die Wirtschaft wächst. Das ist ein Zirkelschluss. Das zu durchbrechen ist relativ schwierig.

Japan hat zwei Ansätze, um das Lohnwachstum anzuschieben. Der erste Ansatz ist bisher grandios gescheitert. Die Inflation sollte auf 2% steigen. Vor zwei Jahren hat die Notenbank dieses Ziel ausgegeben. Es hätte jetzt erreicht werden sollen. Stattdessen ist die Inflation wieder zurück auf Null.

Moderate Inflation kann den Konsum anschieben. Das geht einerseits durch die Schuldenreduktion. In einem deflationären Umfeld bleiben die Schulden, die Löhne sinken aber. Relativ gesehen steigen die Schulden. In einem inflationären Umfeld ist es genau umgekehrt. Konsumenten haben so theoretisch etwas mehr Geld zur Verfügung, welches sie ausgeben können. Andererseits wird gehofft, dass Konsumenten ihre Ausgaben vorziehen. In einem deflationären Umfeld könnten Verbraucher mit dem Kauf von Gütern warten, bis sie billiger geworden sind. Im inflationären Umfeld verhält es sich genau umgekehrt.

Die Hoffnung, dass Konsumenten ihre Ausgaben vorziehen, weil Güter teurer werden, gilt nur bedingt. Den meisten ist es ziemlich gleich, ob der Fernseher heute 500 Euro kostet oder im kommenden Jahr 509,99. So oder so, das Inflationsziel von 2% ist nicht einmal ansatzweise erreicht. Was also bleibt, um den Konsum anzukurbeln, ist Lohnzuwachs.

An dieser Front tut sich etwas. Die Verhandlungen der aktuellen Lohnrunde sind größtenteils abgeschlossen. Das Ergebnis ist ermunternd. Je nach Branche und Unternehmen liegen die Lohnsteigerungen bei 2,5 bis 3,2%. Durchschnittlich kann mit einem Zuwachs von 2,75% gerechnet werden. Das ist der höchste Wert seit Jahren.

Die Grafik zeigt die Entwicklung der Löhne über die letzten 35 Jahre. So hoch wie der Zuwachs 2015 sein wird, war er schon lange nicht mehr. Der Reallohnzuwachs war zuletzt im Jahr 1995 höher. Es ist also durchaus ein starkes Signal. Die Regierung in Japan hatte sich noch einen etwas höheren Wert erhofft und auf Zuwächse von 3% und mehr abgezielt. Dazu wird es wahrscheinlich nicht mehr kommen. Trotzdem ist diese Lohnrunde ein Erfolg für die Regierung. Je stärker die Löhne steigen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Konsum steigt.
Einen Wermutstropfen gibt es natürlich dennoch. Die Lohnsteigerungen mögen 2015 sehr erfreulich sein, dafür aber waren sie 2013 und 2014 sehr enttäuschend. Über die letzten drei Jahre hinweg betrug der reale Lohnzuwachs gerade einmal 0,5%. Das ist deutlich unter dem Durschnitt der Jahre davor als der Zuwachs bei durchschnittlich 1,5% lag.

Japan selbst und auch einige ausländische Analysten sehen in der aktuellen Lohnrunde den Beginn der Reinflationierung. Das löst eine gewisse Begeisterung aus. Von einem Erfolg der Abenomics zu sprechen ist trotzdem verfrüht. Eine Schwalbe macht eben noch keinen Sommer. Damit Japaner deutlich mehr Geld ausgeben müssen die Lohnsteigerungen über einen längeren Zeitraum gelten. Eine einmalige, überdurchschnittliche Erhöhung versetzt niemanden in den Konsumrausch.

Inflation ist mit der Lohnrunde auch noch nicht in Sicht. Grundsätzlich laufen Lohnerhöhungen der Inflation voraus. Die Grafik zeigt auch die nominalen Lohnerhöhungen und die Inflation. Die Korrelation ist sehr hoch. Was man neben der Korrelation noch sehen kann ist das Verhalten der Inflation in den letzten Jahren. Nominelle Lohnerhöhungen von 1,5 bis 2% (real wegen der Deflation meist etwas darüber) haben die Inflation nicht anschieben können. Nominal müssen die Lohnerhöhungen über einen längeren Zeitraum bei 2,5% und mehr liegen. Sonst gibt es keine Inflation.

Der Grund für die hartnäckige Deflation trotz Lohnsteigerungen liegt in der Bevölkerungsstruktur Japans. Keine Gesellschaft überaltert so schnell wie die japanische. Man kann es vereinfacht so ausdrücken: um die Überalterung auszugleichen, müssen die Löhne nominell um mindestens 2,5% pro Jahr steigen. Ob das gelingen wird ist noch vollkommen offen. Hoffnungen gibt es. Die Arbeitslosigkeit ist rückläufig und liegt mit gut 3% fast wieder auf dem Niveau der frühen 90er Jahre – der Zeit, als es das letzte Mal Inflation gab.

Durch die aktuelle Lohnrunde und den zaghaft positiven Signalen dürfte sich die Notenbank erst einmal mit weiterer Lockerung zurückhalten. Viele Beobachter waren davon ausgegangen, dass es bereits im April zu neuen Maßnahmen kommen könnte. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist jetzt erst einmal gesunken.

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  • sewiet13
    sewiet13

    Wake up! Das ist kein Erfolg sondern ein Warnsignal!!!

    14:34 Uhr, 01.04.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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