Kommentar
07:49 Uhr, 13.10.2016

DEUTSCHE BANK und die 46 Bio: Wie gefährlich sind die Derivate?

In den letzten Wochen macht vor allem eine Zahl die Runde: 46 Billionen Euro. Diese Zahl ist unvorstellbar und suggeriert, dass man die Deutsche Bank gar nicht retten könnte, selbst wenn man wollte.

Erwähnte Instrumente

  • Deutsche Bank AG
    ISIN: DE0005140008Kopiert
    Kursstand: 12,350 € (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
    VerkaufenKaufen
  • Deutsche Bank AG - WKN: 514000 - ISIN: DE0005140008 - Kurs: 12,350 € (XETRA)

Das Derivatebuch der Deutschen Bank ist gigantisch. 46 Billionen Euro entsprechen in etwa dem Fünfzehnfachen des Deutschen Bruttoinlandsproduktes. Geht hier etwas schief, dann kann die Bank gar nicht gerettet werden. So zumindest die Meinung der meisten Menschen, wenn sie diese Zahl hören.

Betrachtet man die Sache globaler, dann wird es keinesfalls besser. Grafik 1 zeigt wie sich der weltweite Derivatemarkt zwischen 2011 und heute entwickelt hat. Zu den wildesten Zeiten lag die Summe der Nominalwerte bei fast 800 Billionen Dollar. Inzwischen hat sich dieser Wert auf ca. 500 Billionen reduziert.

Die Nominalbeträge sagen relativ wenig darüber aus, wie viel Geld tatsächlich im Risiko steht. Die Nominalbeträge sind die zugrundeliegenden Beträge. Vorstellen kann man sich das anhand eines Beispiels. So möchte ein Investor zum Beispiel nur die Kupons einer Anleihe absichern. Die Anleihe hat einen Nominalbetrag von 1 Mrd. Euro. Die Kupons betragen jedoch lediglich 10 Mio., also 1 % des Nominalbetrages. Wirklich im Risiko stehen 10 Mio. und nicht der zugrundeliegende Nominalbetrag.

Die Nominalbeträge sind aus diesem Grund irreführend. Man muss wissen, welche Beträge wirklich im Risiko stehen. Weltweit sind das heute ca. 20 Billionen Dollar. Vor wenigen Jahren waren es noch 50 % mehr. Theoretisch, wenn also alles schiefgeht, können weltweit 20 Billionen oder 25 % der weltweiten Wirtschaftsleistung verlorengehen.

20 Billionen sind immer noch eine fast unvorstellbare Größe. Sie wird jedoch immer kleiner. Von heute auf morgen lassen sich die Derivatebücher nicht aufräumen und deutlich schrumpfen. Das braucht Zeit. Die Entwicklung schreitet jedoch voran. Grafik 2 zeigt die Entwicklung der ausstehenden CDS (Credit Default Swaps) und Rohstoffderivate. Es handelt sich dabei um die Nominalbeträge.

Der CDS und Rohstoffmarkt ist im Vergleich zum Währungs- und Zinsmarkt bescheiden. Grafik 3 zeigt die Entwicklung auf diesen Märkten. Insbesondere der Zinsmarkt ist gigantisch. Immerhin wird auch hier das Risiko seit drei Jahren massiv reduziert.

Nun ist klar, dass die 46 Billionen Euro der Deutschen Bank nicht das tatsächliche Risiko widerspiegeln. In der Bilanz der Deutschen Bank stehen nicht die 46 Billionen, sondern ca. 600 Mrd. Euro. 600 Mrd. sind immer noch sehr viel und im Vergleich zum Eigenkapital von gut 60 Mrd. kann das eigentlich auf Dauer nicht gut gehen. Eigentlich.

Die 600 Mrd. sind immer noch nicht das Risiko der Bank. Die Bank schließt nicht nur Geschäfte auf eigene Rechnung ab, sondern für andere Parteien. Will ein Investor den Kupon der oben genannten Anleihe durch ein Derivat sichern, dann kann das die Deutsche Bank strukturieren, muss aber das Risiko nicht selber halten. Gibt es eine andere Gegenpartei, die an der Struktur interessiert ist, kann die Deutsche Bank das Risiko weitergeben.

Berücksichtigt man diesen Prozess, dann bleiben von den 600 Mrd. noch 41 Mrd. übrig. Das ist das tatsächliche Risiko der Deutschen Bank. Von diesen 41 Mrd. sichert die Bank wiederum einen Teil ab, sodass sich das Risiko weiter minimiert. Obwohl nicht vollkommen klar ist wie hoch das endgültige Nettorisiko aussieht, dürfte es am Ende wohl im Bereich von 10-20 Mrd. liegen. Verliert die Deutsche Bank alles, dann hat sie ausreichend Kapital, um die Verluste aufzufangen.

Das klingt nun alles gar nicht mehr so dramatisch. Rosig ist die Sache trotzdem nicht. Verluste fallen an, wenn der Markt unter großem Stress steht. Kommt es zu einem Schock wie 2008, dann können gleich mehrere Dinge schiefgehen. Die Parteien, mit denen die DB ihr Risiko abgesichert hat, könnten beispielsweise selbst in die Insolvenz gehen. Auf dem Papier hat die DB sich zwar abgesichert und hat kaum ein Risiko, doch wenn die Gegenpartei nicht mehr zahlen kann, hilft das wenig.

2008 kam es mit AIG genau zu einem solchen Fall. Wenn also alle Stricke reißen, könnte die DB 41 Mrd. verlieren. Damit fällt sie unter die Mindestkapitalanforderungen. Wenn allerdings alle Stricke reißen, dann ist das noch das geringste Problem des globalen Finanzsystems.

Wie dem auch sei, vermutlich könnte die Deutsche Bank in einem solchen Szenario mit 20 Mrd. Euro gerettet werden. Hinzu kämen noch etwaige Gelder, die benötigt werden, um Verluste aus anderen Geschäftsbereichen abzudecken. Das ist viel Geld. Bedenkt man jedoch wie vernetzt und groß die Deutsche Bank ist, ist das schon fast ein Schnäppchen. Die Gefahr des Derivatebuchs wird durch den hohen Nominalbetrag deutlich überschätzt. Problematisch ist die Sache immer noch, aber bei weitem nicht so katastrophal wie viele vermuten.

Clemens Schmale

Sie interessieren sich für Makrothemen und Trading in exotischen Basiswerten? Dann folgen Sie mir unbedingt auf Guidants!

Lernen, traden, gewinnen

– bei Deutschlands größtem edukativen Börsenspiel Trading Masters kannst du dein Börsenwissen spielerisch ausbauen, von professionellen Tradern lernen und ganz nebenbei zahlreiche Preise gewinnen. Stelle deine Trading-Fähigkeiten unter Beweis und sichere dir die Chance auf über 400 exklusive Gewinne!

Jetzt kostenlos teilnehmen!

Passende Produkte

WKN Long/Short KO Hebel Laufzeit Bid Ask
Keine Ergebnisse gefunden
Zur Produktsuche

16 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • staid53
    staid53

    Ich trau den Amerikanern nicht und damit Herrn Draghi. Keiner traut sich dem ernsthaft auf die Füße zu treten.Er hält die Reformen der Südländer flach,was wiederum Europäische Banken kaum zu Gewinnen kommen lässt.Ganz im Interesse Amerikas, da soll sich die DB ja auf Grundlage des Vergleichs zurückziehen.Wie machen denn Ami Banken auf einmal große Gewinne,die Wirtschaft schleicht und der Privatkunde in der Mittelschicht schmilzt.Der ganze Schrott wurde abgekauft u. sie konnten schnell zurückzahlen,weil angeblich das Vertrauen wieder da war.Von wem?Möchte mal denen ihren Anteil am Investmanbanking kennen.

    Ein Bericht darüber wäre mal interessant.

    Ähnlich ist es bei VW - sie wurden zu stark in Amerika-haben saudumm agiert-ist so bei sich überschätzenden Vorständen-siehe auch Ackermann-sie denken sie sind Gott und nicht angreifbar-Vorstände von JP Morgen&CO auch nicht anders-aber Europa soll klein gemacht werden.Warum wird bei Chrysler -Fiat nicht ermittelt mit eingebauter Boschsoftware?

    Nur so kann man am besten von den nicht geringeren amerikanischen Problemen ablenken.

    Draghi muß weg ,er befeuert nur die Aktienmärkte!

    10:35 Uhr, 03.11.2016
  • TomCat
    TomCat

    Die Finanzkrise 2008 war auch nicht katastrophal, wir leben ja noch.

    13:19 Uhr, 13.10.2016
  • zorro71
    zorro71

    Ich muss mich wolle271 natlos anschließen. Hätte man ihnen noch ein paar Zeilen mehr gegeben, hätten sie den Schafen erzählt die dt. Bank ist mit Mrd im Plus.

    Kurz vor dem totalen Untergang, wird wieder den vielen Schafen (stupid money) eingeredet, was für eine super Gelegenheit der Kauf von dt. Bank Aktien gerade ist.

    Ein Kunde fragte mich ebenfalls vor 3 Tahen was ich von einem Call auf die dt. Bank halte. Der gleiche Kunde kam mal zu mir als die dt. Bank bei 39 Euro stand, da hatte auch gerade so ein "Profi" zum Kauf geraten. Meine Antwort war jedesmal: Finger weg, von dem Scheiß!

    10:24 Uhr, 13.10.2016
  • Husky
    Husky

    mich interessiert einmal die Quelle der Zahlen sowie deren Berechnugnsmethode. Auch sehr interessant istd as Gegenparteien-Risiko. Was nutzt es mir, wenn meine Wette schief geht ich sie aber gehedged habe und dann das Kompensationsgeschäft (hedge) nicht ausbezahlt wird, weil der Kontrahent pleite ist.

    09:25 Uhr, 13.10.2016
    1 Antwort anzeigen
  • wolle271
    wolle271

    Ergänzung:

    Wenn man noch ein bisschen Rechenexemple betreibt bekommt die DB vielleicht noch was raus ... Hammer ! ;-))

    09:24 Uhr, 13.10.2016
  • wolle271
    wolle271

    ... na dann ist doch alles gut + halb so schlimm !

    Man muss es eben nur blumig umschreiben u. verharmlosen. Diese Zockerbande DB wird dem "Markt" bzw. dem eigens geschaffenen Monstrum nicht entkommen !

    Alles eine Frage der Zeit ...

    09:22 Uhr, 13.10.2016
  • Marco Soda
    Marco Soda

    Gute gemacht, ich habe es mir einfacher gemacht. Es muß Margin für das Risiko hinterlegt werden. Wenn diese verbraucht ist, nachlegen oder schließen !

    Mir sind längst nicht alle Marginsätze bekannt, rechnet man pauschal mal mit 2% kommt immernoch " zu viel " raus, relativiert allerdings die 46 Billionen deutlich !!

    Wenn man jetzt noch die " Kundengeschäfte " abzieht, für diese steht auch die DB erstmal gerade( gegenüber dem Kontrahenten ) dann ist es nochmal deutlich weniger, da der Kunde auch der DB gegenüber Marginpflichtig ist, und diese sogar meistens ein Aufschlag vom Kunden nimmt.

    Fazit : Bestimmt nicht sonderlich schön, aber längst nicht ganz so dramatisch wie viele denken!!!

    08:10 Uhr, 13.10.2016
    1 Antwort anzeigen
  • meinSenf
    meinSenf

    Yep, endlich. Alle wiederholen immer nur die Riesen-Zahlen (allen voran zerohedge) und niemand beleuchtet das tatsächlich im Risiko stehen Geld. Und mit den Zahlen vom letzten Quartal wird auch deutlich werden, dass die DB wieder etwas abgebaut hat.

    08:08 Uhr, 13.10.2016
  • Barnabas
    Barnabas

    sauber. Endlich mal eine nüchterne Analyse des Themas. Danke.

    07:57 Uhr, 13.10.2016

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten