Kommentar
08:59 Uhr, 21.04.2015

Wo steht der Ölpreis 2040?

Prognosen sind äußerst schwierig. Umso bemerkenswerter ist es, wenn vor über 30 Jahren der korrekte Ölpreis für Anfang 2015 vorhergesagt wurde.

Erwähnte Instrumente

  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Kursstand: 57,51 $/Barrel (Deutsche Bank Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Brent Crude Öl
    ISIN: XC0009677409Kopiert
    Kursstand: 63,12 $/Barrel (Deutsche Bank Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • WTI Öl - WKN: 792451 - ISIN: XC0007924514 - Kurs: 57,51 $/Barrel (Deutsche Bank Indikation)
  • Brent Crude Öl - WKN: 967740 - ISIN: XC0009677409 - Kurs: 63,12 $/Barrel (Deutsche Bank Indikation)

Die US Energieagentur veröffentlicht seit 1979 jährlich einen Bericht, der auch weit in die Zukunft blickt. Für gewöhnlich stellt sie eine Prognose für die kommenden 20 bis 25 Jahre auf. 1979 war das anders. Damals wagte die Energieagentur (EIA) einen Blick bis in das Jahr 2020, also 41 Jahre in die Zukunft. Für 2015 und die Folgejahre sagte die EIA einen Preis von 43 USD voraus. Dieser Preis wurde dieses Jahr erreicht. Inzwischen entfernt sich der Preis von dieser Marke wieder deutlich nach oben. Trotzdem ist die Vorhersage bemerkenswert.

In ihrem aktuellen Bericht veröffentlicht die EIA Szenarien bis 2040. Sie stellt dabei 3 Varianten vor. Das Referenzszenario ist jenes Szenario, welches auch in der Abbildung zu sehen ist. Hier wird von einem Anstieg des Preises auf 135 USD bis 2040 ausgegangen. In dem Hochpreisszenario steht 2040 ein Preis pro Barrel von 256 USD. Im Niedrigpreisszenario sind es 76 USD. Das ist eine enorme Preisrange, mit der man fast nicht falsch liegen kann.

Generell haben die Langfristprognosen die Tendenz, eine sehr stabile Zukunft vorherzusagen. Sie beruhen auf Wachstumsannahmen für die Wirtschaft, Inflationsvorhersagen und Neuentdeckung von Reserven. Sie ignorieren die Möglichkeit positiver oder negativer Schocks. Es vergeht gerade beim Ölpreis eigentlich kein Jahrzehnt, in dem es keinen Schock gibt, trotzdem werden die großen Umbrüche nicht berücksichtigt.

Obwohl Öl als einer der wichtigsten Rohstoffe überhaupt sehr gut erforscht ist, scheinen selbst Behörden mit hunderten Mitarbeitern den Markt nicht zu durchschauen. Das kann man ihnen nicht wirklich vorwerfen. Man kann allerdings eine wichtige Lehre daraus ziehen. Die wirklich großen, marktverändernden Entwicklungen sieht niemand vorher. Wenn es doch gelingt, dann meist nur zufällig. Das ist nicht auf den Ölmarkt beschränkt. Es gilt für jeden Markt.

Als der Computer entwickelt wurde, blamierten sich die weltgrößten Beratungsunternehmen, indem sie eine weltweite Marktgröße von wenigen hundert Stück vorhersagten. So ähnlich war das auch beim Mobiltelefon, beim Smartphone usw. Es gibt eine Tendenz dazu die Entwicklung der Vorjahre einfach in die Zukunft zu extrapolieren. Das bringt selten gute Prognoseergebnisse.

Die herkömmlichen Modelle basieren allesamt auf einem sehr statischen Ansatz. Es gibt einige Parameter wie Inflation und Wirtschaftswachstum, die die Nachfrage definieren. Für das Angebot gibt es ebenso einige bestimmende Parameter. Die Parameter sind dabei oft selbst sehr stabil. Für Inflation wird häufig einfach ein Durchschnittswert von 2% angenommen – egal für welchen Zeithorizont. Das muss man schon fast als realitätsfern bezeichnen.

Der Ausgangspunkt für Prognosen ist für gewöhnlich die Entwicklung der letzten Monate. Man muss schon Glück haben, wenn mehrere Jahre in die Betrachtung miteinbezogen werden. Die EIA etwa hat ihren Ausblick für 2015 bis 2040 erst letzte Woche veröffentlicht, deutlich später als geplant. Der Grund: wegen des stark gefallenen Ölpreises sollten die Prognosen noch einmal überarbeitet werden. Die Spannbreite der Prognose wurde erhöht. Ebenso wird nun von mittelfristig niedrigeren Preisen ausgegangen als noch vor einem Jahr. Damit passte die EIA ihre Langfristprognose an eine kurzfristige Entwicklung an.

Man kann der EIA nicht vorwerfen, dass sie den Ölpreisrückgang berücksichtigt. Die Art und Weise, wie die Entwicklungen berücksichtigt wurden, ist jedoch zweifelhaft. Es sieht nach einer Überreaktion aus. Die Entwicklung der letzten 9 Monate wird auf die kommenden 25 Jahre extrapoliert. Auf einmal ist Öl systematisch billiger als noch vor einem Jahr. Ist das wirklich so? Man darf es bezweifeln. Wir haben es momentan mit einem normalen Investitionszyklus zu tun. Die Preise waren hoch, es wurde viel in Exploration investiert. Nun kommt das Öl auf den Markt, die Preise sinken, es wird weniger investiert. Mittelfristig sinkt damit das Angebot, was den Preisen wieder auf die Beine hilft.

Der aktuelle Zyklus ist nicht marktverändernd. Markverändernd wäre z.B. eine Halbierung des Preises für erneuerbare Energie. Dann fiele der Ölpreis wohl auf 25 USD. Ebenso könnte bei Batterien der Durchbruch gelingen. Würden sich Batterien für Elektroautos in wenigen Minuten laden lassen und dann für 700 km reichen, dann könnte der Verbrennungsmotor bald Geschichte sein. Das sind Ereignisse, die auf eine Langfristprognose Einfluss haben sollten, nicht ein zwei- oder vierjähriger Investitionszyklus, der ein alter Hut ist.

Nach all dieser Kritik muss man trotzdem noch einmal festhalten: die Analysten im Jahr 1979 hatten ein gutes Händchen.

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8 Kommentare

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  • sewiet13
    sewiet13

    @Schmale: Dieser Artikel ist übrigens lesenswerter als sonst. Weiter so und mehr davon ;-)

    15:48 Uhr, 21.04. 2015
  • sewiet13
    sewiet13

    Dieser Satz sagt alles: "Das ist eine enorme Preisrange, mit der man fast nicht falsch liegen kann."

    So funktioniert Wirtschaft heute. Was für Öl gilt kann man über die komplette Marktpalette überkleistern. Öl ist so wie Gold ein wichtiger Krisenindikator. In dem Moment, wo wir nicht wissen wie es tatsächlich um den Wert von beiden steht, wissen wir auch nicht, was unser Geld wert ist. Das ist bezeichnend!

    15:46 Uhr, 21.04. 2015
  • Freienstein
    Freienstein

    Man muss auch wissen wann man verkauft:
    http://freiensteiner.blogspot.de/2015/04/verkaufen-der-richtige-zeitpunkt-bei.html

    15:45 Uhr, 21.04. 2015
  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    ... die Prognosen haben überhaupt keine Aussagekraft. Das ist reine Kaffeesatzleserei ...

    Wenn man mal die logarithmische Darstellung im vorliegenden Chart aufgibt und linear darstellt, dann sieht man mal die wirklichen Abweichungen ...

    Totaler Humbuck, den Ölpreis für 25 Jahre vorhersagen zu wollen ...

    11:08 Uhr, 21.04. 2015
  • oneEXITnoRETURN
    oneEXITnoRETURN

    wahrscheinlich arbeitet die EIA mit der Exponentiellen Glättung, d.h., dass die aktuelleren Preise höher gewichtet werden, als in der Zeitreihe weiter zurückreichende - ob das nun richtig, oder falsch ist - k.A.

    10:48 Uhr, 21.04. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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