Kommentar
18:57 Uhr, 20.03.2020

Weltwirtschaftskrise…

Mit einem Bärenmarkt der Extraklasse beginnt eine Weltwirtschaftskrise, die uns noch viele Jahre beschäftigen wird. Auslöser, nicht Ursache der Entwicklungen ist ein kleines Virus…

Erwähnte Instrumente

  • Dow Jones
    ISIN: US2605661048Kopiert
    Kursstand: 19.892,82 $ (NYSE) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Gold
    ISIN: XC0009655157Kopiert
    Kursstand: 1.484,68005 $/oz. (FXCM) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

In diesen turbulenten Zeiten, die zweifellos in die Geschichtsbücher eingehen werden, kann man auch aus psychologischer Sicht hochinteressante Beobachtungen machen. So scheinen viele Menschen heraufziehende Gefahren nicht einmal dann zu bemerken, wenn sie unmittelbar vor der eigenen Nase auftauchen.

Während sich derzeit also ein Teil des „Jungvolks“ quietschfidel auf diversen „Corona-Partys“ herumtreibt, um sich das weltumspannende Virus möglichst schnell selbst einzufangen, scheint die größte Sorger vieler Experten und Finanzmarktanalysten die Frage zu sein, wann man wieder in die total zertrümmerten Aktienmärkte einsteigen kann. Eilig wird schon wieder verkündet, dass das Schlimmste überstanden sei. Wie üblich werden bei so viel Eifer wichtige Informationen glatt ignoriert.

Beispielhaft zeigt das der folgende Kursverlauf des Dow Jones auf Quartalsbasis. Zur Vollendung der ersten Dreimonatsperiode fehlen aktuell noch genau sieben Handelstage. Und wenn kein Wunder geschieht, dann wird der Weltleitindex im Sog des Corona-Strudels am 31. März 2020 das schlechteste Quartal seit mindestens 50 Jahren vollenden.

Bemerkenswert ist an dieser Stelle, dass der trendfolgende MACD bei der Gelegenheit erst das dritte Verkaufssignal in dieser langen Zeit liefern wird. Die folgende Grafik zeigt das. Achten Sie auf die rote Markierung.

Hinzu kommt: Anders als in den Jahren 2000 und 2008 ist das Verkaufssignal diesmal von besonderer Dynamik. Das lässt darauf schließen, dass der kommende Bärenmarkt von einem ganz anderen Kaliber sein wird als seine beiden Vorgänger. Vollendet wird der Reigen durch den Relative Stärke Index ganz unten. Erstmals seit zehn Jahren ist das Barometer zuletzt wieder unter die Marke von 50 Punkten gefallen - und bewegt sich damit im Bärenterritorium (blaue Markierung)...

Weltwirtschaftskrise-Kommentar-Andreas-Hoose-GodmodeTrader.de-1

Sehr erhellend ist in diesem Zusammenhang eine ganz ähnliche Betrachtung. Nachfolgend repräsentiert eine Kerze im Kursverlauf des Dow Jones ein komplettes Börsenjahr. Was für eine Jahreskerze. Unschwer ist hier eine Dramatik zu erkennen, die alles in den Schatten stellt, worauf lebende Anlegergenerationen zurückblicken können.

Weltwirtschaftskrise-Kommentar-Andreas-Hoose-GodmodeTrader.de-2

Wobei man natürlich anmerken muss, dass die stärksten Aufwärtsbewegungen nicht in Bullenmärkten stattfinden, sondern regelmäßig inmitten der größten Verzweiflung starten. Die kommenden Baissemonate dürften daher „aufgelockert“ werden durch eingestreute Gegenbewegungen, die ebenfalls einige Nerven kosten dürften…

Wie sich das übergeordnete Bild präsentiert, das lässt sich dem folgenden Beitrag entnehmen. Im Interview mit der „Freien Welt“ erläutert Degussa-Chefvolkswirt Professor Dr. Thorsten Polleit darin die Gesamtlage im März 2020.

Unter dem Titel »Das Schuldgeldsystem droht unter dem Coronavirus-Shutdown zu kollabieren« heißt es dort (Auszüge):

Freie Welt: Schulen und öffentliche Einrichtungen werden geschlossen, Unternehmen stellen die Produktion ein, Bürger arbeiten zu Hause oder gar nicht mehr. Wie lange kann die Wirtschaft das aushalten, ohne zu kollabieren?

Thorsten Polleit: Die Wirtschaft kollabiert doch schon. Das ganze Ausmaß wird allerdings verdeckt, weil viele Menschen hoffnungsvoll sind, die Staaten werden die Wirtschaft schon auffangen. Jeder Tag, an dem nicht produziert wird, kostet Deutschland schätzungsweise etwa 9,4 Mrd. Euro. Ein Produktionstopp für 30 Tage würde etwa 282 Mrd. Euro kosten, das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) um gut 8 Prozent fallen. Je länger der Stillstand dauert, desto stärker eskaliert allerdings auch der Schaden, weil immer mehr Produktions- und Lieferketten zusammenbrechen. Bei einem „Shutdown“ von mehreren Monaten dürfte es apokalyptisch werden. Unzählige kleine und mittlere Unternehmen drohen zerstört zu werden, ihr Eigenkapital zu verlieren und niemals wieder operativ werden zu können. Ob man die gewählte Strategie für angemessen hält oder nicht: Die getroffenen Maßnahmen verursachen eine kolossale Rezession, eine Weltwirtschaftskrise.

(…)

Freie Welt: Viele Marktbeobachter sagen, jetzt kommt ein Crash, wie er 1929 die Weltwirtschaft heimgesucht hat. Berechtigte Sorge oder Panikmache?

Thorsten Polleit: Damals brach in den USA von 1929 bis 1933 die Produktion um 30 Prozent ein, viele Banken gingen Pleite, die Arbeitslosigkeit stieg auf mehr als 20 Prozent. Wenn der „Shutdown“ Monate andauern sollte, könnte der Produktionsrückgang durchaus solche Ausmaße annehmen. Anders als damals werden die Zentralbanken allerdings heute die elektronische Notenpresse anwerfen, um strauchelnde Staaten und Banken mit neu geschaffenem Geld zu finanzieren, und staatliche Nachfragemaßnahmen auflegen, um die gesamte Wirtschaft vor Pleitewellen zu schützen. Das düstere Szenario ist heute ein anderes: Die Staaten schaffen das, was von der freien Marktwirtschaft noch übrig ist, jetzt auch noch ab, sie ermächtigen sich immer weiter, etablieren eine Lenkungs- und Befehlsstaatwirtschaft, in der bürgerliche und unternehmerische Freiheiten zerstört werden.

Freie Welt: Hat aber der Corona-Virus nicht so dramatische Wirkungen, dass man gar nicht umhinkommt, dass der Staat eingreift und die Wirtschaft herunterfährt?

Thorsten Polleit: Ich habe den Eindruck, das zentrale ökonomische Problem, das jetzt losgetreten wurde, wird übersehen: Unter dem Shutdown kollabiert das Schuldgeldsystem. Dazu muss man wissen, dass wir es weltweit mit einem ungedeckten Papiergeldsystem zu tun haben. Die Zentralbanken haben das Geldproduktionsmonopol inne. In enger Kooperation mit den Geschäftsbanken, weiten sie die Geldmenge per Kreditvergabe immer weiter aus. Das ist Geldmengenvermehren aus dem Nichts. Es ist inflationär, sorgt für unsoziale Verteilungen von Einkommen und Vermögen, verursacht Wirtschaftsstörungen („Boom-und-Bust“) und treibt die Verschuldung von Firmen, Konsumenten und vor allem auch der Staaten und Banken in die Höhe. Das ungedeckte Geldsystem hat längst zu einer weltweiten Überschuldung geführt. Der politisch verordnete Shutdown lässt jetzt die Schuldenblase platzen. Investoren ahnen, dass viele Schuldner nackt im Wind stehen, nicht mehr zahlungsfähig sind.

Freie Welt: Dann verorten Sie also die aktuelle Wirtschaftskrise beim – wie Sie sagen – staatlichen ungedeckten Papiergeldsystem?

Thorsten Polleit: Ja. Der Corona-Virus und die politischen Reaktionen darauf sind nur der Auslöser. Es hätte auch ein anderer Auslöser sein können. Das staatliche ungedeckte Papiergeldsystem ist nun einmal so etwas wie ein „Ponzi-Game“, und irgendwann musste der Schwindel auffliegen, wie es schon einmal in 2008/2009 geschehen ist…

Das vollständige Interview finden Sie hier…

Abschließend noch ein Blick auf die Edelmetalle:

In den vergangenen Tagen haben einige Aktien von großen Gold- und Silberproduzenten einen Teil der schauerlichen Verluste der vergangenen drei Wochen schon wieder aufgeholt. Auch das ist ein Statement, das man nicht ignorieren sollte…

Die jüngste Talfahrt in dem Sektor hat im Übrigen durchaus erfreuliche Aspekte. Der Sektor ist jetzt sozusagen „sauber“, denn im Zuge der Corona-Panik wurden all die „Experten“ und sonstigen Hasenfüße rausgekegelt, die zuletzt mit ernster Miene verkündet hatten, dass das Gold seinen Status als sicherer Hafen ganz offensichtlich verloren habe.

Die Wahrheit ist:

Eine der größten Spekulationsblasen der Menschheitsgeschichte wurde vor wenigen Wochen durch ein kleines Virus angestochen. Diese Blase platzt jetzt. Die derzeit anlaufenden "Rettungsmaßnahmen" der Notenbanken zur Belebung der kollabierenden Konjunktur werden perspektivisch den Wert aller Papierwährungen zerstören. Den Wert der Edelmetalle werden sie dagegen beflügeln...

Weil sich diese Zusammenhänge inzwischen nur noch mit größter Mühe verbergen lassen, haben sich die Analysten von Goldman Sachs kürzlich mit einer Beruhigungspille zu Wort gemeldet. Es gebe kein systemisches Risiko, so die Experten.

Man stelle sich vor, die Goldmänner hätten stattdessen wahrheitsgemäß verkündet: Natürlich gibt es ein systemisches Risiko - aber wir wollen daran nichts ändern. Denn wir profitieren mehr als sonst irgendjemand von den „Rettungsmaßnahmen“ der internationalen Notenbanken für ein untergehendes System.

Lesenswert sind zu diesem Thema die Ausführungen von Wirtschaftswoche-Kommentator Daniel Stelter. Zitat:

„Wie in der Finanzkrise haben wir es mit einem deflationären Schock zu tun. Verfallende Vermögenspreise führen bedingt durch die hohe Verschuldung bei immer mehr Wirtschaftsteilnehmern zum Zustand der Überschuldung. Eine Welle von Konkursen mit verheerenden Auswirkungen müsste zwangsläufig die Folge sein, was wie wir an der Großen Depression der 1930er-Jahre studieren können. Irving Fisher, Professor in Yale, beschrieb den Ablauf in seiner "Debt-Deflation-Theory of Great Depressions" anschaulich. Eine Beschreibung, die auf jeden Prozess des De-Leveraging zutrifft, auch auf den vor uns liegenden, wenn die Politik nicht beherzt eingreift.

Dabei trifft der Prozess keineswegs nur die bösen Spekulanten. Es trifft jeden, der mit Kredit arbeiten muss und damit die gesamte Wirtschaft: Restaurants, Hotel, Handwerker, Industriebetriebe. Alle haben finanzielle Verpflichtungen, denen sie sehr schnell nicht nachkommen können, wenn sie keine Einnahmen mehr haben: Miete, Zins, Tilgung, Löhne, Steuern und Sozialabgaben. Alles will bezahlt werden, auch wenn keine Kunden kommen.

Damit wird der Einbruch an den Finanzmärkten zu einem realen Problem und es verstärkt sich, wenn die Marktteilnehmer Zweifel daran bekommen, dass es der Politik noch gelingt, diese Depression zu verhindern“.

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Zum Autor:

Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG. Weitere Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de

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