Kommentar
13:29 Uhr, 31.07.2015

Weltwirtschaft am Abgrund...

Trübe Konjunkturaussichten, fallende Rohstoffpreise und markante antizyklische Kontra-Signale lassen ahnen, dass die kommenden Monate ungemütlich werden dürften. Werden uns die Notenbanken wieder einmal retten?

In jüngster Zeit häufen sich die Hiobsbotschaften aus den Prognoseabteilungen der Wirtschaftsforschungsinstitute. Kein Wunder, die Problemherde sind vielfältig und sie werden immer offensichtlicher:

Massive Exportrückgänge in China, Turbulenzen an den chinesischen Börsen, die sinkende Wirtschaftsleistung in den USA und die Probleme in Europa und Japan werden derzeit flankiert von fallenden Rohstoffpreisen auf breiter Front.

Das sieht nicht gut aus, wie etwa das niederländische Wirtschaftsministerium kürzlich festgestellt hat. Dort erwartet man mittlerweile einen massiven Rückgang des Welthandels.

Pikanterweise hat sich kürzlich auch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zu Wort gemeldet. Die „Zentralbank der Zentralbanken“, die im Jahr 2007 schon den ersten Teil der weltweiten Finanzkrise rechtzeitig angekündigt hatte, warnte jüngst erneut vor globalen Verwerfungen.

Die Kursverläufe einiger Börsenschwergewichte bestätigen die trüben Botschaften. Nehmen wir etwa Börsenliebling Apple (AAPL). Die vor wenigen Tagen vorgelegten Quartalszahlen waren ganz ohne Frage brillant.

Der Umsatz explodierte förmlich auf den neuen Rekordwert von rund 50 Milliarden US-Dollar. Auch beim Gewinn wurden neue Bestmarken erzielt. Die Messlatte liegt jetzt bei 10,7 Milliarden US-Dollar, ein Anstieg im Vorjahresvergleich um satte 38 Prozent. Bei einem Börsenwert von rund 700 Milliarden US-Dollar sind das atemberaubende Steigerungsraten. Eigentlich.

Denn den Anlegern war das Zahlenwerk offenkundig zu wenig. Im Nachgang kam die Aktie ordentlich ins Trudeln, wie der kurzfristige Verlauf in der folgenden Abbildung zeigt.

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Dass sich die Turbulenzen bei der Aktie lediglich mit den sparsamen Aussagen zur Apple Watch begründen lassen, wie mein Kollege Clemens Schmale vermutet, das wage ich zu bezweifeln.

Tatsache ist nämlich, dass die Aktie im langfristigen Kursverlauf schon seit längerer Zeit, jedenfalls schon lange vor Veröffentlichung der jüngsten Quartalszahlen, glasklare Warnhinweise auf eine nahende Trendwende liefert. In der folgenden Abbildung ist gut zu erkennen, dass MACD und RSI ganz ähnlich wie im Sommer 2012 in den vergangenen Monaten erneut negative Divergenzen ausgebildet haben. Achten Sie auf die roten Linien.

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Ist nun also ganz ähnlich wie damals erneut eine Halbierung des Apple-Kurses zu erwarten?

Dass die Anleger die Aktie trotz herausragender Quartalszahlen im Juli 2015 abgestraft haben, passt zunächst hervorragend ins Bild. Aus antizyklischer Sicht ist damit ein faustdickes Warnsignal entstanden:

Kontra-Anleger wissen, dass langjährige Hausse-Bewegungen meist genau dann enden, wenn positive oder gar herausragende Nachrichten, wie jetzt bei Apple, mit Kursverlusten quittiert werden. Umgekehrt ist es übrigens genauso: Baissephasen enden immer dann, wenn schlechte Nachrichten mit Kursgewinnen beantwortet werden. Das aber nur am Rande...

Nun ließe sich die Apple-Geschichte eventuell mit einem Schulterzucken abtun, wären da nicht noch ein paar andere Börsenschwergewichte, deren Aktienkurse noch viele größere Probleme signalisieren, als die Apple-Anteilscheine, die offenbar immer noch vom Nimbus des Unverwundbaren profitieren.

Beispielhaft seien hier die beiden Weltkonzerne Alcoa (AA) und Caterpillar (CAT) genannt. Offenbar laufen die Geschäfte mit Aluminium und Baumaschinen derzeit derart schlecht, dass die Aktienkurse der beiden Dow Jones-Titel massiv Federn lassen müssen. Die beiden folgenden Abbildungen zeigen jeweils den Fünf-Jahres-Verlauf auf Wochenbasis. Zunächst der Aluminium-Produzent Alcoa:

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Und hier Caterpillar:

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Wenn Weltmarktführer wie die beiden Dow-Jones-Titel derart massiv unter die Räder kommen, dann kann das für die weltweite Konjunkturentwicklung nichts Gutes bedeuten.

Zusammengenommen ergeben die dargestellten Fakten eine brisante Mixtur, die deutlich macht, dass die Weltwirtschaft derzeit ganz ähnlich wie im Sommer 2007 vor einer massiven Zäsur stehen könnte.

Das ganze Gerede von einer bevorstehenden Zinserhöhung in den USA ist daher eine reine Nebelkerze, die von den eigentlichen Problem ablenken soll. Tatsächlich kann sich derzeit keine (!) Volkswirtschaft der Welt steigende Zinsen leisten. Dagegen sprechen schon die allüberall explodierenden Staatsschulden.

Mehr noch: Wegen des Nullzinsniveaus sind den Geldzauberern längst die Hände gebunden. Anders als in früheren Abschwungphasen kann die Konjunktur nicht mehr durch eine Senkung des Zinsniveaus angekurbelt werden. Weder in den USA, noch in Europa oder in Japan. Notenbanken und Politik sitzen in der Falle.

Wir sagen es daher noch einmal in aller Deutlichkeit: Es wird in absehbarer Zukunft auch in den USA keine Zinserhöhung geben – es sei denn die US-Notenbank möchte mit einem solchen Manöver die Märkte über die Klippen stürzen.

Nein, unmöglich ist in diesen Zeiten gar nichts.

Der Gedanke führt uns zu einem wichtigen Punkt: Man muss kein Experte sein, um zu erkennen, dass die Kapitalmärkte inzwischen nach allen Regeln der „Kunst“ manipuliert werden. Längst haben die Zentralplaner in Politik und Notenbanken das Heft des Handelns übernommen.

Das betrifft Anleihen und Zinsen ganz genauso wie die Aktienmärkte oder die Edelmetalle. Es wäre daher zu erwarten, dass Regeln und Beobachtungen, die in „normalen Zeiten“ Gültigkeit besitzen, in der bisherigen Form heute nicht mehr anwendbar sind.

Stehen wir demnach vor einem Paradigmenwechsel, der kausale Zusammenhänge zurückliegender Jahrzehnte auf den Kopf stellt? Brauchen wir ein völlig neues Denken, um in einem Umfeld allgegenwärtiger Manipulationen zu bestehen?

Sollte dies zutreffen, müsste man den aktuellen Herausforderungen mit ganz neuen Methoden und Herangehensweisen begegnen.

In der August-Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs werden wir uns mit dem Thema ausführlich beschäftigen.

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Zum Autor:

Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG. Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de

15 Kommentare

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  • Marco Soda
    Marco Soda

    meine Befürchtungen gegen dahin, das die BoC , ihre Währungsreversen umschichtet, dann wirds böse im Euroraum

    12:04 Uhr, 02.08.2015
  • 1 Antwort anzeigen
  • Investor
    Investor

    BIZ vertritt schon seit mehreren Jahren die Konzepte der Austrians. Deshalb überrascht der Bericht nicht wirklich.

    Das der Export Chinas einbricht, wenn im größten Absatzland USA der Konsum kriselt überrascht auch nicht wirklich.

    Die sinkenden Rohstoffe verschieben Investionen der Minen und damit wird Caterpillar stark betroffen. Dazu kommen die zurückgehenden Bautätigkeiten weil die Staaten versuchen ihre Defizite zu reduzieren. Die fehlende Rohstoffnachfrage sorgt für sinkende Preise und diese bewirken sinkende Nachfrage/Wachstum die den EMs, den globalen Wachstumstreiber.

    Eigentlich verschiedene Aspekte des gleichen Problems als unterschiedliche Probleme darzustellen, empfinde ich als manipulativ.

    Die Beispiele haben alle die gleiche Ursache: QE. Durch QE findet ein Abwertungs- und damit Margen Wettlauf zwischen den größten Exportnationen China, Japan & Deutschland statt. China ist inzwischen in den Geldschöpfungsprozess eingestiegen.

    Die niedrigen Zinsen verhindern, daß die schlechten Kredite bereinigt werden. Dadurch wird das Wachstum global abgewürgt und pflanzen sich über die globale Vernetzung der Märkte über die einzelnen Volkswirtschaften fort.

    Die Lösung wäre wahrscheinlich hart aber steigende Zinsen würde über Pleiten die Geldmenge wieder an das Wachstum anpassen. Gleichzeitig würde es dafür sorgen, daß die Zombieminen pleite gingen und würden über die steigenden Rohstoffe für mehr Wachstum in den EMs sorgen. Mehr Nachfrage kurbelt die Angebotsseite wieder an. Eigentlich die typische Austrian Lösung.

    17:45 Uhr, 31.07.2015
  • Der Alex
    Der Alex

    "Pikanterweise hat sich kürzlich auch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zu Wort gemeldet."

    Der verlinkte Artikel der BIZ stammt aus dem Jahre 2011 und ist somit 4 Jahre alt. Eine falsche Verlinkung oder Mittel zum Zweck ?

    15:28 Uhr, 31.07.2015
    1 Antwort anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • Cristian Struy
    Cristian Struy

    Hallo Hr Hoose, hatte gerade bei Harry auf balkans Kommentar geantwortet, warum ich Sie letztens häufiger kritisiert hab. Wegen fehlender Fakten. Freue mich sehr, dass endlich wieder ein Boersenbezogener Artikel von Ihnen erschienen ist. Daumen hoch.

    14:04 Uhr, 31.07.2015