Kommentar
11:33 Uhr, 18.03.2023

US-Notenbank Fed pumpt 300 Mrd. Dollar in Bankensektor

Alles nicht so schlimm, kein Vergleich zur Finanzkrise von 2008: Die Verantwortungsträger überbieten sich mit Beschwörungsformeln. Doch tatsächlich hat die US-Notenbank Fed in der vergangenen Woche bereits halb so viel Geld in den Bankensektor gepumpt wie auf dem Höhepunkt der Finanzkrise.

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Angesichts der Bankenkrise stellte die US-Notenbank Fed den Geldhäusern in der vergangenen Woche rund 300 Milliarden Dollar an Notfallgeldern zur Verfügung, wie Daten der US-Notenbank zeigen. Konkret pumpte die Notenbank über drei verschiedene Wege Geld in den Bankensektor:

  • 143 Milliarden Dollar wurden dafür aufgewendet, um alle Guthaben bei den zahlungsunfähigen Geldhäusern Silicon Valley Bank und Signature Bank zu garantieren. Zusammen mit dem US-Finanzministerium und der Einlagensicherung FDIC hatte die Fed angekündigt, nicht nur die unter die Einlagensicherung fallenden Guthaben von bis zu 250.000 Dollar, sondern sämtliche Guthaben zu garantieren. Die Einlagensicherung FDIC hat gegenüber der Fed die Rückzahlung der Gelder zugesichert, sodass letztlich der Bankensektor selbst über höhere Einzahlungen in die Einlagensicherung die Auszahlung aller Guthaben der insolventen Banken refinanzieren dürfte. Anders als während der Finanzkrise 2008 wurden dieses Mal nicht die Banken selbst gerettet, sondern nur die Guthaben der Kunden bei den Banken garantiert.
  • Über das sogenannte Discount Window, ein seit langer Zeit bestehendes Programm, mit dem sich Banken in Zeiten besonders hohen Finanzbedarfs bei der US-Notenbank Fed refinanzieren können, liehen sich die solventen US-Banken weitere Mittel. Mit 153 Milliarden Dollar lag das Ausleihvolumen über das Discount Window der Fed in der vergangenen Woche so hoch wie noch nie. Allein 148 Milliarden Dollar davon wurden in der vergangenen Woche ausgeliehen. Über das Discount Window erhalten Banken Kredite bis zu 90 Tage und zahlen dafür Zinsen zwischen aktuell 4,75 % und 5,25 % p.a. Das Discount Window der Fed entspricht ungefähr der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank (EZB). Selbst in der Finanzkrise wurde dieses Volumen nicht erreicht. Auch wenn die Fed immer wieder versucht hat, diesen Eindruck zu zerstreuen, gilt es für Banken mitunter als Stigma, sich Geld über das Discount Window zu leihen, weil dies darauf hindeuten kann, dass die Banken auf anderem Wege keine Mittel mehr erhalten. Auch deshalb ist es erstaunlich, dass die Ausleihungen über das Discount Window so stark in die Höhe geschnellt sind.
  • 11,9 Milliarden Dollar liehen sich die US-Banken über das neue Bank Term Funding Program (BTFP). Das Programm wurde angesichts der aktuellen Krise erst am vergangenen Sonntag von der Fed angekündigt und ist für die Banken besonders vorteilhaft. So können die Geldhäuser hier festverzinsliche Wertpapiere wie US-Staatsanleihen und Hypothekenpapiere zum Nominalwert hinterlegen, selbst wenn der aktuelle Marktwert deutlich niedriger liegt und erhalten im Gegenzug Kredite mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr und einem Zins von aktuell 4,69 %. Wegen der stark gestiegenen Zinsen sitzen die US-Banken auf zahlreichen festverzinslichen Wertpapieren, deren aktueller Marktwert deutlich unter dem Nominalwert liegt.

Insgesamt lieh sich der US-Bankensektor damit in der vergangenen Woche mehr als 300 Milliarden Dollar über Notfallprogramme bei der US-Notenbank Fed, verglichen mit ungefähr 600 Milliarden Dollar auf dem Höhepunkt der Finanzkrise.

Weitere Gelder stellte der Bankensektor selbst bereit. So verkündeten elf große US-Banken am Donnerstagabend, die angeschlagene First Republic Bank mit 30 Milliarden Dollar zu unterstützen. Nachdem die First Republic Bank allerdings ihre Dividende strich und der bekannte Investor Bill Ackman kein gutes Haar an diesem Rettungsprogramm ließ, brachen die Aktien der First Republic Bank am Freitag erneut um rund 30 % ein.

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Auch in Europa schwelt die Bankenkrise weiter. Angekündigte 50 Milliarden Franken der Schweizerischen Nationalbank (SNB) an Notkrediten für die Credit Suisse verpufften in der vergangenen Woche recht wirkungslos, zumindest wenn man auf die Kursentwicklung der Credit-Suisse-Aktie blickt. Unterdessen befindet sich die Schweizer Großbank UBS in Gesprächen, um die Credit Suisse ganz oder teilweise zu übernehmen, wie die "Financial Times" am Freitagabend berichtete.

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Auch andere europäische Banken sowie Sparkassen und Volksbanken sitzen in der Regel auf festverzinslichen Wertpapieren, die durch die Zinswende deutlich an Wert verloren haben. Oft haben sich die Geldhäuser gegen diese Wertverluste der Papiere in ihren Bilanzen nicht vollständig abgesichert. Gleichwohl verfügen die Banken in der Regel über deutlich robustere Bilanzen als während der Finanzkrise von 2008.

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Über den Experten

Oliver Baron
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Experte für Anlagestrategien

Oliver Baron ist Finanzjournalist und seit 2007 als Experte für stock3 tätig. Er beschäftigt sich intensiv mit Anlagestrategien, der Fundamentalanalyse von Unternehmen und Märkten sowie der langfristigen Geldanlage mit Aktien und ETFs. An der Börse fasziniert Oliver Baron besonders das freie Spiel der Marktkräfte, das dazu führt, dass der Markt niemals vollständig vorhersagbar ist. Der Aktienmarkt ermöglicht es jedem, sich am wirtschaftlichen Erfolg der besten Unternehmen der Welt zu beteiligen und so langfristig Vermögen aufzubauen. In seinen Artikeln geht Oliver Baron u. a. der Frage nach, mit welchen Strategien und Produkten Privatanleger ihren Börsenerfolg langfristig maximieren können.

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