Kommentar
16:13 Uhr, 01.02.2018

Urteil: Negativzinsen für bestehende Sparkonten unzulässig!

Führt der Weg zur Enteignung der Bürger daher jetzt über stark steigende Inflationsraten? Nicht nur Goldanleger sollten jetzt auf zwei Dinge achten...

Im medialen Windschatten der GroKo-Verhandlungen und weitgehend unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit hat das Landgericht Tübingen vor wenigen Tagen ein Urteil gesprochen, das weitreichende Konsequenzen für Sparer und Anleger haben könnte:

Im Streit zwischen der Volksbank Reutlingen und Verbraucherschützern um die Rechtmäßigkeit von Negativzinsen hat das Gericht entschieden, dass nachträglich verkündete Negativzinsen für Sparguthaben nicht zulässig sind.

Der Fall:

Die Volksbank Reutlingen hatte in einem mittlerweile zurückgezogenen Preisaushang Negativzinsen auch für Kleinsparer angekündigt. Das Landgericht Tübingen hat dem jetzt widersprochen.

In dem Urteil heißt es, dass die Volksbank nicht nachträglich von bestehenden Kunden Negativzinsen verlangen darf.

„Durch Allgemeine Geschäftsbedingungen kann nicht nachträglich bei bereits abgeschlossenen Einlagegeschäften einseitig durch die Bank eine Entgeltpflicht für den Kunden eingeführt werden, die es weder im Darlehensrecht noch beim unregelmäßigen Verwahrungsvertrag gibt“, urteilte das Gericht.

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, die das Urteil erwirkt hat, sprach von einer wichtigen Klarstellung: „Die Bank kann nicht einseitig mittels des Kleingedruckten aus einer Geldanlage einen kostenpflichtigen Verwahrungsvertrag machen“, so Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale.

Ob Negativzinsen bei Neuverträgen rechtens sind, entschieden die Richter jedoch nicht. Diese Frage könnte schon bald ein Fall für den Bundesgerichtshof werden.

Vorerst ist davon auszugehen, dass die Banken bei solchen Neuverträgen in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechende Regelungen aufnehmen werden. Ein Dutzend Finanzinstitute in Deutschland verlangt bereits Verwahrentgelte zwischen 0,2 Prozent und 0,6 Prozent für Privatkunden, wenn das Guthaben die 100.000 Euro-Grenze übersteigt.

Was aber, wenn Eltern und Großeltern bestehende Sparverträge künftig einfach an Kinder oder Enkel weitervererben? Dann könnten die Banken auf den Strafzinsen für Einlagen bei der Europäischen Zentralbank weitgehend sitzen bleiben.

Wenn der Regierung und den Banken mit dem Urteil des Landgerichts Tübingen die Enteignung der Bürger via Negativzinsen so doch recht unverblümt erschwert wird, was könnte das für Folgen haben?

Zum einen könnte vielen Banken das Wasser schon bald noch mehr als bisher bis zur Halskrause stehen. Eine in dieser Woche vorgelegte Studie prognostiziert schon heute ein flächendeckendes Bankensterben in Deutschland. Das Urteil aus Tübingen könnte hier wie ein zusätzlicher Brandbeschleuniger wirken...

Darüber hinaus ist Zweierlei zu erwarten:

Die Bestrebungen, das Bargeld abzuschaffen, wird der aktuelle Richterspruch vermutlich beflügeln, denn ohne Bargeld besteht kaum noch die Möglichkeit, Negativzinsen zu entgehen.

Da jedoch immer mehr Menschen den tieferen Sinn der Bargeldabschaffung durchschauen, ist es fraglich, ob sich die Pläne in naher Zukunft umsetzen lassen. In Deutschland jedenfalls erfreut sich Bargeld ungebrochener Beliebtheit.

Doch es gibt ja noch eine weitere, sehr viel elegantere Möglichkeit, den Bürgern in die Tasche zu greifen. Wenn das Geld sukzessive an Wert verliert, dann regt sich darüber kaum jemand auf. Die Menschen nehmen den schleichenden Kaufkraftverlust ihres Geldes als gottgegeben hin.

Dabei ist die viel zitierte Inflation keineswegs dem berüchtigten Zufall geschuldet, sondern pure Absicht: Historisch betrachtet sind Regierungen seit Jahrtausenden (!) darauf bedacht, die durch selbst verschuldeten Schlendrian ausufernde Staatsverschuldung über die Geldentwertung zu kaschieren. Das ist heute nicht anders als im alten Rom.

Da fügt es sich doch ganz hervorragend, dass allenthalben immer mehr Hinweise auftauchen, die darauf hindeuten, dass die längst totgeglaubt Inflation schon bald wieder auferstehen wird.

Im folgenden Beitrag etwa heißt es dazu:

„Manchmal tauchen Dinge wieder auf, die nie weg waren. Die Inflation ist so eine Sache. Während die Angestellten der Zentralbanken sie immer wieder suchten und nicht finden konnten, war sie direkt vor ihrer Nase. Langsam winkt sie sogar mit dem Zaunpfahl…“

Fazit:

Wenn Sparer und Anleger nach dem Urteil des Landgerichts Tübingen Negativzinsen weit weniger zu befürchten haben als ursprünglich erwartet, dann könnten Regierung und Zentralbank in Versuchung geraten, den Menschen das Geld verstärkt über die Inflation aus der Tasche ziehen.

Alte Hasen wissen, was das bedeutet: Es gibt kaum einen zweiten Sektor, der von steigenden Inflationsraten so sehr profitiert, wie die Edelmetalle. Ganz besonders gilt dies in einem Umfeld negativer Realzinsen, wenn also die Inflationsraten höher sind als der Zinssatz.

Es empfiehlt sich daher, beide Parameter in den kommenden Monaten sehr genau zu verfolgen. Sollten die Inflationsraten „überraschend“ anspringen, wie das zuletzt zu beobachten war, während die Zinsen nur leicht steigen oder stagnieren, dann ist es ratsam, Spareinlagen verstärkt in Edelmetalle umzuschichten…

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Zum Autor:

Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG. Weitere Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de

8 Kommentare

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  • Daniel Kühn
    Daniel Kühn Chefredakteur

    Negativzinsen haben für den Endkunden ohnehin kaum eine Rolle gespielt und in rund einem Jahr dürften diese auch auf Zentralbankebene der Vergangenheit angehören. Die Zinswende ist ja da. Insofern spielt dieses Urteil in der Praxis kaum eine Rolle, zumal es für Neuverträge ja nicht gilt.

    Man kann daraus m.E. überhaupt keine Schlüsse ziehen, insbesondere aber nicht den, dass WEGEN diesem Urteil die Zentralbanken "in Versuchung geraten, den Menschen das Geld verstärkt über die Inflation aus der Tasche ziehen."

    Die Negativzinsen waren ja ohnehin von vornherein nur dazu da, mehr Inflation zu erzeugen.

    19:25 Uhr, 01.02.2018
    1 Antwort anzeigen
  • Löwe30
    Löwe30

    Ergänzend dazu: "Der Höhenflug des Ikarus"

    http://www.rottmeyer.de/der-hoehenflug-des-ikarus/

    18:15 Uhr, 01.02.2018
    1 Antwort anzeigen
  • Market Impact
    Market Impact

    Ist doch logisch das man einen Vertrag nicht nachträglich einseitig verändern darf. Also wiedermal nur bla bla bla. Was Banken in Zukunft in Verträge schreiben steht auf einem neuen Blatt.

    16:29 Uhr, 01.02.2018
    1 Antwort anzeigen
  • Zukunft21
    Zukunft21

    es liegt was in der Luft ist zumindest schon leicht zu wittern.

    16:19 Uhr, 01.02.2018