Türkei: Erdogan fordert „wirtschaftlichen Unabhängigkeitskrieg"
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Ankara / London (Godmode-Trader.de) - Die türkische Lira ist heute erneut abgestürzt, nachdem Präsident Recep Tayyip Erdogan signalisiert hatte, dass die politischen Entscheidungsträger keine Lust verspüren, auf die jüngsten Kursverluste der Währung mit Zinserhöhungen zu reagieren. Die drastischen Zinssenkungen in jüngster Zeit wurden verteidigt.
Erdogan wiederholte am Montagabend seine nach klassischen ökonomischen Maßstäben zumindest als „unorthodox“ zu bezeichnende geldpolitischen Ansichten und kündigte einen „wirtschaftlichen Unabhängigkeitskrieg" an. Etwaige Markthoffnungen, dass die politischen Entscheidungsträger den eingeschlagenen Kurs der geldpolitischen Lockerung doch noch ändern werden, dürften sich damit endgültig zerschlagen haben.
Der Einbruch der Lira hat sich nochmals beschleunigt. Sie fiel zum US-Dollar kurzzeitig auf fast 12,50. Damit hat die Lira in diesem Jahr bereits 40 Prozent ihres Werts verloren, davon fast 20 Prozent seit Beginn der vergangenen Woche. Nach Einschätzung des Analysehauses Capital Economics sind weitere Kursverluste der Lira wahrscheinlich, und „es könnte zu ernsthaften Spannungen im Bankensektor kommen“, bevor die türkischen Politiker mit einer aggressiven Straffung der Politik reagieren würden. So schlimm sei die Lage aber noch nicht.
Doch seit Erdogan die Türkei in die Autokratie führte, leidet die Wirtschaft unter massiven Problemen. Ausländische Investitionen sind auf einem Tiefstand angelangt. Seine These ‚hohe Leitzinsen haben Inflation zur Folge‘ belastet das Vertrauen der Investoren. Erdogan setzt die Zentralbank unter Druck, damit diese ungeachtet einer Inflation von fast 20 Prozent die Zinsen senkt. Allein in den letzten zwei Jahren wechselte er viermal die Leitung der Zentralbank aus, damit sie den Leitzins senkt. Damit will er die Exporte, Investitionen und den Arbeitsmarkt in Schwung bringen.
„Der traditionelle Weg aus einer Währungskrise besteht darin, eine aggressive geld- und fiskalpolitische Straffung durchzusetzen, um die Glaubwürdigkeit der Politik zu verbessern und das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen“, kommentierte Capital Economics. „Während der Krise in der Türkei im Jahr 2018 reagierten die Behörden schließlich, als sich schwere Spannungen im Finanzsystem abzuzeichnen begannen. Sie strafften zunächst die monetären Bedingungen über den Zinskorridor, bevor sie die Leitzinsen drastisch anhoben“. Aktuell aber gebe es wenig Anzeichen dafür, dass sich die Dinge ändern werden“. Es bestehe die Gefahr, dass die Lira weiter stark und ungeordnet falle, was zu Problemen im Bankensektor führen könnte. „Dies könnte zu einer Kreditklemme führen, die die Wirtschaftstätigkeit insgesamt stark beeinträchtigt“.
Der ehemalige stellvertretende Zentralbankchef Semih Tumen, der letzten Monat von Erdogan entlassen wurde, forderte die sofortige Rückkehr zu einer Politik, die den Wert der Lira schützt. „Dieses irrationale Experiment, das keine Aussicht auf Erfolg hat, muss sofort aufgegeben werden und wir müssen zu einer Qualitätspolitik zurückkehren, die den Wert der türkischen Lira und den Wohlstand des türkischen Volkes schützt", äußerte sich Tumen auf Twitter.
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