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14:31 Uhr, 21.07.2022

Türkische Notenbank bleibt Präsident Erdogans Linie treu

Die Notenbank in Ankara reagiert auf den Preisdruck nicht wie die meisten anderen Zentralbanken mit Zinsanhebungen.

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Die Inflation in der Türkei hat den höchsten Stand seit 1998 erreicht, aber die türkische Zentralbank CBRT setzt den nach klassischer ökonomischer Lehre geradezu zwingenden geldpolitischen Straffungszyklus weiterhin aus und belässt ihren Leitzins, den einwöchigen Reposatz, unverändert bei 14,00 Prozent, wie die Zentralbank CBRT am Donnerstag nach ihrer Zinssitzung in Ankara mitteilte. Auf dem aktuellen Niveau liegt der Leitzins seit Ende vergangenen Jahres.

Die Inflation in der Türkei war zuletzt auf den extrem hohen Wert von rund 78 Prozent gestiegen. Bestärkt wird der Preisdruck auch von Seiten der schwachen Landeswährung, die Importe künstlich verteuert. Die außenwirtschaftliche Lage der Türkei ist dereil weiterhin bedenklich schwachbrüstig. Ein hohes Leistungsbilanzdefizit, hohe kurzfristige Auslandsschulden und gefährlich niedrige Devisenreserven - die Nettowährungsreserven belaufen sich derzeit auf nur 7,5 Mrd. Dollar - machen die Lira anfällig für einen starken und unkontrollierten Verfall. „Die Lira bleibt nach wie vor anfällig für drastische und ungeordnete Kurseinbrüche, doch selbst wenn diese eintreten sollten, scheint es wahrscheinlicher, dass die Währungshüter in Ankara zu harten Kapitalverkehrskontrollen greifen, als die Zinssätze zu erhöhen“, kommentierte das Analysehaus Capital Economics.

Die Entscheidung der CBRT, die Zinssätze zum siebten Mal in Folge unverändert zu belassen, nachdem diese zwischen September und Dezember letzten Jahres um 500 Basispunkte gesenkt worden waren, wurde von allen bis auf einen der 23 von Bloomberg befragten Analysten im Vorfeld des Entscheids prognostiziert. Lediglich ein Analyst hatte eine Senkung des einwöchigen Reposatzes um 100 Basispunkte erwartet.

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan ist ein Gegner hoher Zinsen, weil er darin die Ursache für Inflation und Wirtschaftsabschwung sieht. Dies steht der ökonomischen Lehre entgegen. „Die Zentralbank zeigt wenig Appetit, die Inflation zu bekämpfen, die im Juni den höchsten Stand seit 1998 erreicht hat und wahrscheinlich auch für den Rest des Jahres in der Nähe dieser sehr hohen Werte bleiben wird“, so Capital Economics. „Die Bemühungen, die Kaufkraft der Haushalte zu erhalten, unter anderem durch eine weitere kräftige Anhebung des Mindestlohns, werden die hohe Inflation nur verfestigen“, befürchten die Londoner Experten.

Vorerst halten die politischen Entscheidungsträger an dem „neuen Wirtschaftsmodell" mit niedrigen Zinsen und „Liraisierung" fest. Zwar wurden in den letzten Monaten einige Schritte zur Verschärfung der Kredit- und Währungsbedingungen unternommen, doch Zinserhöhungen zur Stützung der Lira und zur Bekämpfung der hohen Inflation stehen in Ankara nicht auf der Agenda. Nur ein Politikwechsel bei den für Mitte 2023 anstehenden Wahlen könnte hier eine Kursänderung mit sich bringen.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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