Kommentar
10:41 Uhr, 07.02.2015

Schweizer Notenbank komplett ohne Plan?

Die Aufhebung des Mindestkurses zum Euro sollte ein wichtiges Kapitel aus Interventionen und immer größer werdenden Zentralbankbilanz beenden. Wie es aussieht ist das Kapitel noch lange nicht geschlossen.

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Von wegen freier Wechselkurs. Die neuesten Daten der SNB zeigen ein Bild, welches nicht gerade an einen freien Wechselkurs erinnert. Die Interventionen scheinen munter weiterzugehen. Die Bilanz der SNB wächst damit weiter an, obwohl unter anderem die enorme Bilanzausweitung mit ein Grund war die bisherige Politik nicht weiter fortzuführen. Im Dezember, als der Mindestkurs von 1,20 unter Beschuss geriet, musste die SNB viel Geld in die Hand nehmen, um den Kurs zu halten. Ende November standen die Devisenreserven der SNB bei knapp 508 Mrd. CHF. Ende Dezember lagen sie dann bereits bei 541,7 Mrd.

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Bevor die SNB im Dezember wieder stark intervenieren musste war es lange Zeit ruhig. Fast zwei Jahre lang blieben die Reserven stabil. Als die Erwartungen an ein europäisches QE dann aber immer höher wurden und schon Details in den Medien diskutiert wurden, floh wieder vermehrt Geld in den Franken. Hätte die SNB den Mindestkurs weiter beibehalten, dann wäre die Bilanz sehr schnell weiter angestiegen. Es wäre wahrscheinlich wie Mitte 2012 zu einer Reihe von großen Interventionen gekommen. Das wollte die SNB vermeiden, denn andernfalls wäre die Bilanz schnell auf 700 Mrd. angestiegen.

Die wöchentlichen Statistiken der SNB deuten nun darauf hin, dass es mit den Interventionen munter weitergeht. Die Daten zeigen weder Interventionssummen noch genaue Bilanzdaten. Sie zeigen allerdings wie sich einzelne Kennzahlen verändert haben. Dazu gehören auch die Sichteinlagen der Notenbank selbst. Über eine Erhöhung oder Reduktion der SNB Sichteinlagen lässt sich ablesen wie viel Geld die Notenbank ungefähr „gedruckt“ haben muss. Das war in den vergangenen Wochen eine ganze Menge. Bis zur Mindestkursaufhebung Mitte Januar waren es 12 Mrd. Franken. Seit der Mindestkursaufhebung sind noch einmal 41 Mrd. hinzugekommen. Damit dürfte die SNB im Januar bis zu 60 Mrd. in neue Interventionen gesteckt haben.

Die Reserven steigen mit diesen Interventionen kräftig an. Sie könnten per Ende Januar einen Wert von 580 bis 600 Mrd. erreichen. Damit ist ein Ziel der Notenbankaktion im Januar nicht erreicht worden: das Ende der Bilanzausweitung. Ob das so beabsichtigt war kann man kaum sagen. Es sieht jedenfalls etwas planlos aus. Macht die SNB so weiter wie im Januar und scheut die weiteren Eingriffe nicht, dann wächst die Bilanz weiter wie gehabt. Der Unterschied zu der Zeit mit Mindestkurs ist lediglich, dass die SNB jetzt von einem niedrigeren Niveau aus interveniert. Das macht wenig Sinn. Die Notenbank tut genau das gleiche wie noch vor wenigen Woche, nur halt von einem anderen Kursniveau aus. Da hätte man den Mindestkurs auch eigentlich gleich beibehalten können...

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3 Kommentare

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  • Chronos
    Chronos

    ​ob der Zeitpunkt (Timing) wirklich so falsch war? Eigentlich akademisch, es lässt sich nicht mehr ändern. Die Eingriffe dienen nur um Peaks zu glätten. Abwanderungen werden noch länger dauern, wobei die Überlegen gilt, aus dem Rappen raus, aber nicht in den Euro.

    http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/02/09/schweiz-diskussion-um-kapitalverkehrs-kontrollen/

    13:03 Uhr, 09.02.2015
  • Swiss Investor
    Swiss Investor

    ​Der Zeitpunkt für die Freigabe des Wechselkurses war falsch, die Kommunikation ebenso. Der Eurokurs befand sich längere Zeit über 1.22, damals hätte die SNB einen neuen Interventionspunkt festlegen können. Ebenso hätte zuerst die Einführung eines Negativzinses mit dessen Auswirkungen abgewartet werden müssen. Diese hätte Fluchtgelder abgewehrt und hätte die Industrie nicht so viel gekostet, wie diese Aufwertung.

    Die Glaubwürdigkeit der SNB hat gelitten, jetzt wird bereits wieder eingegriffen um den Frankenkurs zu senken.

    Die Kosten für die Schweiz sind zu hoch, die Pensionskassen haben über 30 Milliarden Verluste, die Industrie wird Arbeitsplätze ins Ausland verlagern müssen, der Tourismus in den Bergregionen wird leiden und dazu kommt noch die Zweitwohnungsinitiative: es dürfen in den Touristenorten keine Ferienwohnungen mehr gebaut werden. Die Bauindustrie und Hotellerie werden Leute entlassen müssen. Die Schweiz wird in eine Rezession abgleiten. Die Banken verlieren Einnahmen, da diese an die verwalteten vermögen gebunden sind. Die Kosten (Löhne) sind in Franken und der Wert der verwalteten Vermögen ist durch die Aufwertung des Frankens geschrumpft.

    Die Steuereinnahmen werden zurück gehen, die Staatsausgaben werden steigen. Sämtliche Budgets sind Makulatur. Es kann nicht sein, dass ein Mann allein (Herr Jordan, der nie in der Privatwirtschaft gearbeitet hatte und ein Theoretiker ist) über das Schicksal der Schweiz entscheidet. Ich hätte mir gewünscht, dass mindestens der Bundesrat in einen solchen schwerwiegenden Entscheid eingebunden worden wäre.

    Die SNB hat eine Lizenz um aus Papier Geld zu machen, warum kauft sie mit diesem Papier nicht einfach den MSCI und investiert in Aktien (Sachwerte) anstatt Staatsanleihen. Damit wäre der Franken auch abgewertet worden. Bis jetzt haben die SNB Eurostaatsanleihenkäufe hauptsächlich den Bund auf Rekordhoch getrieben und die 10jährigen Zinsen Deutschlands auf 0.35% gedrückt. (Die Schweiz hat Herrn Schäuble damit zu einer schwarzen Null mit verholfen.)

    14:12 Uhr, 08.02.2015
  • Chronos
    Chronos

    ​Ist es nicht ein wenig zu früh, für eine derartige Statisitk?

    Folgende Annahmen

    a) Einmal rechnen die staatlichen Statistiker wenn überhaupt in Quartalen, zweitens wird

    da "gerne"/zwangsläufig in der Scheibe davor und danach "rumgebucht" bzw. geschrieben.

    b) Ist nicht alles, direkt cash-to-cash, nicht nur verbriefte Optionen haben Laufzeiten, selbst wenn es eingestellt wird, dauert es schon gut ein halbes Jahr um wirklich etwas zu sehen.

    Eigentlich braucht es sachlich ein Jahr und das ist noch kein Konjunkturzyklus.

    Das mit High-Speed-Trading stimmt halt nur zT, und auch nur für Trader mit kleinen Beträgen.

    Bei Staaten stehen Verträge dahinter.

    c) Wenn ein administriertes System schon Fehler enthält, da es prinzipbedingt nach dem Event eingreift, ist es halt eines langsames nachwirkendes System bzw. nicht voraus schauend.

    d) Soweit mir bekannt ist, rechnet CH ein wenig anders. Einmal nicht zwingend an G20 Richtlinien sondern nur angelehnt und mit vorgeschriebener "Schuldenbremse" die zu dem noch mit 2 unterschiedlichen Glättungen berechnet wurde.

    e) Waren die Auswirkungen am Devisenmarkt radikaler als vermutet, das mag naiv klingen, aber nach den Turbulenzen wurde sicher ungewollt administrativ eingegriffen um den ersten Sturm (Entrüstung im Wasserglas) zu entgegnen. Das nimmt ab und gibt sich irgendwann.

    Im Fazit sind die letzten 10 Jahre stabilisierend (rücklaufende Neuverschuldung) und ausgewogen gewesen und das am BIP gemessen um die 45% im EU Raum (oder pro Kopf 26TSD CHF) -

    Das war in Gefahr.

    http://de.statista.com/statistik/daten/studie/2167...

    16:37 Uhr, 07.02.2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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