Kommentar
10:46 Uhr, 17.06.2022

Wer hat überreagiert, der Markt oder die Schweizerische Nationalbank?

Die Schweizerische Nationalbank hebt die Zinsen überraschend an und der Markt verliert 3%. Eine Überreaktion? Und von wem?

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  • EUR/CHF
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Im Normalfall bewegen geldpolitische Entscheide von Notenbanken kleinerer Länder die Weltbörsen nicht. Am Donnerstag war das einmal anders. Die Schweizer Nationalbank SNB hob die Zinsen um 0,5 Prozentpunkte an. Das ist ein großer Schritt, doch damit steht der Zins immer noch bei -0,25 %.

Begründet wurde der Schritt – wie sollte es anders sein – mit der Inflation. Diese erreichte in der Schweiz zuletzt 2,9 %. Kurz vor Beginn der Finanzkrise lag die Rate minimal höher. Längerfristig höher war sie zuletzt vor 30 Jahren. Im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern kann man sich also noch nicht über historisch hohe Inflation beklagen.

Damit das so bleibt, werden die Zinsen angehoben. Die SNB ist damit früher dran als die EZB, was aufgrund der chronischen Frankenüberbewertung einmalig ist. Der Franken wertete entsprechend um 2 % auf. Ein stärkerer Franken dämpft die Inflation, belastet andererseits aber auch die Wirtschaft.

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Wie weit der Franken aufwertet, bleibt abzuwarten. Die SNB bekräftigte zusammen mit dem Zinsschritt, notfalls am Devisenmarkt zu intervenieren. Damit wird gleichzeitig gestrafft und gelockert. Auch die EZB versucht sich an diesem Kunststück. Ob das Sinn macht, sei dahingestellt.

Dass Aktien prompt und heftig auf die Überraschung reagierten, war nicht zu erwarten. Die SNB zählt im Normalfall nicht zu den großen Notenbanken, die den Weltmarkt bewegen. Klein ist die SNB allerdings nicht. Die Bilanzsumme des Eurosystems (EZB-Bilanzsumme zusammen mit den Bilanzsummen der einzelnen nationalen Notenbanken) ist global die größte, gefolgt von der Fed und der Bank of Japan (BoJ), PBoC (People’s Bank of China) und Bank of England (BoE). Danach folgt bereits die SNB (Grafik 1).


Betrachtet man nicht das Eurosystem insgesamt, sondern die einzelnen Länder getrennt, übersteigt die SNB Bilanzsumme jene der EZB selbst und liegt in etwa auf dem Niveau der spanischen und britischen Notenbank. Die große Bilanzsumme kann den Markt bewegen. Allerdings wird an dieser Stelle ja gerade nicht gestrafft und die Bilanz verkleinert. Im Gegenteil sogar, um die Aufwertung des Franken zu bremsen, wird weiter interveniert und die Bilanzsumme wächst.

Unweigerlich stellen sich Marktteilnehmer die Frage, ob die SNB überreagiert hat. Die Inflation liegt immerhin bei nicht einmal 3 %. Da es zum Selloff kam, kennen wir auch die Antwort auf die Frage. Anleger sehen keine Überreaktion, sondern wurden vielmehr aufgeschreckt. Wenn selbst in dem Land, in dem Inflation im Vergleich noch kein großes Problem ist, die Zinsen angehoben werden, dann brennt das Dach. Die Lage ist ernst, allerdings halte ich diese Interpretation für eine Überreaktion von Anlegern.

Die Kurse werden natürlich auch von anderen Nachrichten bewegt. So drosselte Russland die Gaslieferungen aufgrund von „Reparaturarbeiten“. Damit eskaliert die Lage nicht nur an der Zinsfront, sondern auch auf dem Energiemarkt. So ist Inflation noch schwieriger in den Griff zu bekommen, wobei man schnell wieder bei der Zinsfrage angelangt. Die nächsten Tage und Wochen bleiben nervenaufreibend.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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