Kommentar
11:43 Uhr, 02.06.2014

Quantitative Easing der EZB nicht in Sicht

Angesichts sinkender Inflationsraten in der Eurozone steht die Europäische Zentralbank (EZB) unter Handlungsdruck. Eine quantitative Lockerung der EZB ist derzeit dennoch nicht in Sicht, findet Tanguy Le Saout, Leiter European Fixed Income bei Pioneer Investments.

In ihrem Bemühen um geldpolitische Stimuli zur Erholung der Wirtschaft hat die EZB als einzige der großen Notenbanken bisher auf Quantitative Easing verzichtet. Stattdessen setzten die Notenbanker auf längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (LTRO). Diese Offenmarktgeschäfte sind jedoch befristet und bisher durch keine weiteren Maßnahmen ersetzt worden. Sie laufen bis zur Mitte des nächsten Jahres aus.

Ein zusätzlicher Handlungsdruck resultiert aus der gegenwärtig sehr niedrigen Inflation in der Eurozone. Diese lässt die Option einer quantitativen Lockerung der Geldpolitik wieder ins Blickfeld rücken. Vorerst dürfte dieses Instrument allerdings im Werkzeugkasten der Notenbanker bleiben. Zu groß erscheinen die ökonomischen, rechtlichen und politischen Herausforderungen bei der Umsetzung, wie auch das EZB-Direktoriumsmitglied Yves Mersch feststellte. Insbesondere Deutschland, wo das Verfassungsgericht sich bereits skeptisch geäußert hat, dürfte für ein solches Vorgehen kaum zu gewinnen sein. Zudem sind auch zahlreiche Verantwortliche der EZB nicht vom ökonomischen Nutzen eines QE-Programms überzeugt. Vor diesem Hintergrund genießt das Instrument der quantitativen Lockerung derzeit keine Priorität in Frankfurt. Eine Änderung dieser Haltung käme bestenfalls dann in Betracht, wenn die ökonomischen Daten in der Eurozone oder die Inflationsraten sich deutlich im Abwärtstrend befänden.

Ein solches Szenario ist gegenwärtig allerdings nicht wirklich in Sicht. Die EZB dürfte stattdessen auf eine Entwicklung setzen, bei der sich das globale Wachstum stabilisiert, die US-Notenbank die Zinsen anhebt, der Euro gegenüber dem US-Dollar abwertet und die Inflation wieder leicht zulegt. In diesem Fall wären weitere und ungewöhnliche geldpolitische Maßnahmen nicht erforderlich. Sollte es anders kommen und das globale Wachstum enttäuschen, der Euro stärker und die Inflation noch schwächer werden, wäre die EZB jedoch zum Handeln gezwungen. Gegenwärtig erscheint es aber wahrscheinlicher, dass die europäischen Notenbanker in Frankfurt dann mit den bereits ins Spiel gebrachten Negativzinsen auf Bankeinlagen reagieren werden.

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