Kommentar
09:56 Uhr, 19.01.2015

US-Märkte: Chancen und Risiken

Angesichts einer robusten Wirtschaftsentwicklung in den USA schauen Investoren derzeit verstärkt auf die Renten- und Aktienmärkte jenseits des Atlantiks. Investments am US-Markt sind jedoch kein Selbstläufer, warnt Kenneth Taubes, Leiter des US-Investment Managements bei Pioneer Investments. Er rät zu einem differenzierten Blick.

Mit einem zu erwartenden Wachstum von 3,4 Prozent in 2015 ist der Ausblick für die US-Wirtschaft ermutigend. Neben den wieder ansteigenden staatlichen Ausgaben sollte auch der private Konsum, gestützt durch eine Erholung am Arbeitsmarkt und einen moderaten Anstieg der Löhne, zur Belebung beitragen. Die Arbeitslosenquote nähert sich der 5,5-Prozent-Marke. Deflation ist kein Thema. Vielmehr befinden sich die USA auf einem wachstumsfreundlichen Weg der gesunden Disinflation. Gleichzeitig sinkt die Zurückhaltung zur Schuldenaufnahme. Das Volumen der Bankkredite wächst mit einer annualisierten Rate von gegenwärtig sieben Prozent. All diese Faktoren dürften der US-Wirtschaft in diesem Jahr Rückenwind geben.

Intakte Kreditmärkte mit hohen Bewertungen

Auf den US-Kreditmärkten erscheinen die Bewertungen über alle Segmente hinweg derzeit zwar bereits eher teuer. Sowohl die gute Verfassung vieler Unternehmen als auch die sich verbessernden US-Fundamentaldaten rechtfertigen jedoch einen grundsätzlich weiterhin positiven Ausblick. Folgende Entwicklungen mit Risikopotential sollten Investoren allerdings im Auge behalten:

Zum einen sinkt seit Jahren die Kreditqualität der emittierenden Unternehmen. Anleihen mit einem BBB-Rating machten zuletzt über 30 Prozent der Neuemissionen aus. Im Jahr 2008 betrug ihr Anteil noch 25 Prozent. Zum andern hat sich auch in den USA die Liquidität am Anleihenmarkt aufgrund aufsichtsrechtlicher Bestimmungen verengt. Im Falle steigender Zinsen könnte sich der Ausstieg der Investoren aus niedriger verzinsten Papieren daher unter Umständen problematisch gestalten. Last but not least stellt die Stärke des US-Dollars möglicherweise ebenfalls ein Risiko dar. Nach einer Phase der Schwäche scheint die amerikanische Währung nun zu alter Stärke zurückzufinden. Steigende Zinsen in den USA könnten diese Entwicklung weiter verstärken. Investoren sollten mögliche „Währungskriege“ im Auge behalten.

Selektive Aktienauswahl bietet Chancen

Gemessen am Bewertungsniveau sind US-Aktien gegenüber amerikanischen Anleihen deutlich attraktiver. Für die Investmententscheidung ist gleichwohl auch hier ein genauer Blick auf die den Aktienmarkt treibenden Entwicklungen wichtig. So zum Beispiel auf die Erkenntnis, dass im Vergleich zu anderen globalen Wirtschaftsregionen das Wachstum der US Wirtschaft vor allem vom Heimatmarkt ausgeht. Dies dürfte vor allem solche US-Unternehmen begünstigen, deren Gewinnentwicklung einerseits stark vom heimischen Wachstum profitieren, die aber andererseits auch über eine globale Perspektive verfügen.

Bei der Auswahl vielversprechender Sektoren spielt zudem die wiedererlangte Stärke der US-Währung eine Rolle. Historisch betrachtet profitierten bisher vor allem Unternehmen aus den Branchen Gesundheit, Finanzen, Konsumgüter oder Informationstechnologie von einem starken Dollar. Weniger günstig wirkte dieser sich hingegen für Rohstoff-Unternehmen oder solche Werte aus, die in hohem Maße von Rohstoffen abhängig sind. Turbulenzen könnten auf kurze Sicht vor allem auf Unternehmen aus dem Bereich der Schiefergas-Exploration zukommen. Der Preisverfall am Ölmarkt dürfte für einige Firmen die Grenzen ihrer Geschäftsmodelle ausloten. Positiv überraschen könnte hingegen der amerikanische Häusermarkt. Gestützt durch den Aufschwung sollte die Normalisierung 2015 weiter voranschreiten und dort tätigen Unternehmen zu Gute kommen.

Ein weiterer Treiber des Aktienmarktes liegt in der Suche der Investoren nach laufenden Erträgen. Angesichts teurer Rentenmärkte ist zu vermuten, dass Anleger zunehmend auf Aktien ausweichen. Profitieren dürften davon vor allem Large Caps. Drei Gründe sprechen hierfür. Zum einen weisen sie gegenüber geringer kapitalisierten Unternehmen ein besseres Kurs-Gewinn-Verhältnis auf. Zum anderen verfügen vor allem amerikanische multinationale Unternehmen über erhebliche Firmengelder im Ausland, die im Fall von angedachten Steuerreformen der US-Regierung in die USA zurückgeführt und dort für Aktienrückkaufprogramme oder Ausschüttungen genutzt werden könnten. Large Cap- Unternehmen gelten zudem als eher defensiv ausgerichtet und eignen sich somit am ehesten für eine konservative Long-Equity-Strategie.

Bäume wachsen nicht in den Himmel

Für Investoren dürfte der US Aktienmarkt in den kommenden Monaten also einige interessante Chancen bereithalten. Im Verhältnis zu den mit der Unsicherheit über die tatsächliche US-Geldmarktpolitik belasteten Kreditmärkten bieten Aktien derzeit ein attraktiveres Risiko-Rendite-Profil. Gleichwohl gilt es, die Renditeerwartungen nicht aus dem Ruder laufen zu lassen. Die Erträge der vergangenen Jahre werden am US-Aktienmarkt wohl nicht mehr erzielt werden können. Für auskömmliche Mehrrenditen in ausgewählten Branchen sollte allerdings weiterhin Raum sein.

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