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14:22 Uhr, 17.04.2024

Industriemetalle: Sanktionen sorgen für Preisausschläge

Ab sofort werden kein neues, in Russland produziertes Aluminium, Kupfer und Nickel mehr an der London Metal Exchange (LME) und der Chicago Mercantile Exchange (CME) gehandelt.

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  • Aluminium
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    Kursstand: 2.560,69 $/t (ARIVA Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • Nickel
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    Kursstand: 17.982,72 $/t (ARIVA Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Die Regierungen der USA und Großbritanniens haben am 12. April eine gemeinsame Verschärfung ihrer Sanktionen gegen den russischen Metallsektor beschlossen. So werden ab sofort kein neues, in Russland produziertes Aluminium, Kupfer und Nickel mehr an der London Metal Exchange (LME) und der Chicago Mercantile Exchange (CME) gehandelt, wie die Leiterin des Rohstoffresearchs der Commerzbank, Thu Lan Nguyen, in der jüngsten Ausgabe von „Rohstoffe Aktuell“ schreibt.

Die Preise der betroffenen Metalle seien als Reaktion auf die Maßnahme in die Höhe geschossen, wobei die Reaktion durchaus unterschiedlich ausgefallen sei. Während der an der LME gehandelte Aluminium- und Nickelpreis um jeweils rund zehn Prozent in der Spitze zulegen konnten, seien es bei Kupfer nur knapp drei Prozent gewesen. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass Russland eine weit größere Rolle als Aluminium- und insbesondere Nickelproduzent einnehme, als es bei Kupfer der Fall sei, heißt es weiter.

„Um größere Auswirkungen auf den Handel zu vermeiden, dürfen die sich bereits in den LME-Lagerhäusern befindenden Metallbestände (unter Einschränkungen für britische Unternehmen) weiter gehandelt werden. Allerdings ist zu befürchten, dass viele Unternehmen aufgrund von Reputationsrisiken oder aber auch aus Angst weiterer Sanktionen davor zurückschrecken werden“, so Nguyen.

Dies sei bereits nach der Verschärfung der britischen Sanktionen Ende letzten Jahres zu beobachten gewesen. So hätten sich die Bestände an russischem Primäraluminium an der LME zu Ende Dezember um mehr als 50 Prozent gegenüber dem Vormonat erhöht, wonach sie einen Anteil an den Gesamtbeständen von rund 90 Prozent ausmachten. Dieser starke Sprung dürfte wohl kaum allein darauf zurückzuführen gewesen sein, dass es britischen Bürgern untersagt worden sei, das Metall zu handeln, sondern viele nicht-britische-Unternehmen dürften ebenfalls vom Handel mit russischem Aluminium abgesehen haben, heißt es weiter.

„Seit Beginn der Datenreihe im Januar 2023 hat sich der Anteil der russischen Primäraluminiumbestände an der LME zwar am stärksten ausgeweitet, aber auch bei Nickel ist der Anstieg von rund 16 Prozent auf mittlerweile 36 Prozent durchaus bemerkenswert. Bei Kupfer hat sich der Anteil der russischen Bestände derweil verringert, was in erster Linie auf eine proportional stärkere Erhöhung der nicht-russischen Bestände zurückzuführen ist. Insofern scheint die Angebotssituation bei Kupfer, wenn man den russischen Anteil rausrechnet, entspannter als es bei Aluminium und Nickel der Fall ist, was ebenfalls erklärt, weshalb die Reaktion des Kupferpreises moderater ausfällt“, so Nguyen.

Grundsätzlich dürften die Sanktionen aber das globale Angebot der betroffenen Metalle kaum beeinträchtigen und somit zumindest langfristig nicht zur einer Angebotsverknappung führen. So wie es beispielsweise an den Energiemärkten zu beobachten gewesen sei, dürfte Russland andere Abnehmer - und hier wohl allen voran China - finden. Seit Anfang 2022 liege der Anteil der monatlichen (raffinierten) Aluminiumimporte Chinas aus Russland Daten des Statistikamtes zufolge bereits bei durchschnittlich 75 Prozent, heißt es weiter.

„Zwischen Anfang 2019 und Ende 2021 lag dieser noch bei rund 27 Prozent. Der größte russische Aluminiumproduzent bestätigte bereits, dass er keine Einschränkungen in seiner Fähigkeit, Aluminium auszuliefern, durch die neuen Sanktionen sieht. Daher erscheint die schnelle Korrektur bei den Metallpreisen - Nickel handelt bereits wieder auf den Niveaus von Ende letzter Woche - durchaus gerechtfertigt“, so Nguyen.

Allerdings hänge der langfristige Angebotseffekt vor allem für westliche Abnehmer auch davon ab, inwieweit nicht-russische Alternativen zur Verfügung stünden. So liege es nahe, dass etwa China als weltweit wichtigster Produzent auch als Lieferant, insbesondere bei Aluminium, einspringe. Allerdings könnte dies die EU und die USA, die beide versuchten, ihre heimischen Industrien zu schützen, dazu veranlassen, Anti-Dumping-Zölle auf etwa Aluminium aus China zu erhöhen, um eine Importschwemme zu verhindern. Dies wiederum könnte zu einem Anstieg der physischen Prämien in diesen Regionen führen, heißt es weiter.

„Kurzfristig könnte es derweil Beeinträchtigungen beim Angebot geben, da einige Abnehmer Klauseln in ihren Handelsverträgen haben dürften, die die Akzeptanz durch die LME als Kondition vorsehen. Die Käufer von russischem Metall könnten daraufhin einen stärkeren Preisabschlag verlangen, um diese Einschränkung zu kompensieren. Damit würden die Sanktionen auch ihren gewünschten Effekt ausüben, und zwar die Einnahmen Russlands aus den Metallexporten verringern“, so Nguyen.

Ein weiteres kurzfristiges Aufwärtsrisiko bei den Metallpreisen stelle eine mögliche Verschärfung der EU-Sanktionen gegen russische Metalle dar. Bislang bestünden hier Importverbote für vereinzelte Produkte, der Großteil des Metallhandels sei jedoch unbeeinträchtigt. Dies dürfte daran liegen, dass die EU, im Gegensatz zu den USA und auch Großbritannien, noch eine größere Abhängigkeit von russischen Metalleinfuhren aufweise, heißt es weiter.

„So hat sich der Anteil russischen Nickels an den EU-Importen laut Eurostat-Daten zwischen Q4 2021 und Q4 2023 in etwa halbiert, ist mit fast 25 Prozent aber immer noch beträchtlich. Die verschärften Sanktionen seitens der USA und Großbritannien dürften aber den Druck auf die EU erhöhen, nachzuziehen. Bei weitreichenderen EU-Sanktionen wäre ebenso mit einem kurzfristigen Anstieg der LME-Preise, insbesondere aber wohl mit einem Anstieg der physischen Prämien in Europa zu rechnen“, so Nguyen.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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