Geldpolitische Straffung: Verkauft die Fed jetzt massenhaft Anleihen?
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- US 10Y Bond YieldKursstand: 2,521 % (Bonds) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
- US 10Y Bond Yield - Kurs: 2,521 % (Bonds)
Als die US-Notenbank die Zinsen zum ersten Mal anhob, stieg die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen im Vorfeld von 2 % auf 2,3 %. Als die Anhebung dann erfolgte, sank die Rendite über mehrere Monate hinweg auf neue Allzeittiefs. Das war also nichts mit der Straffung der Geldpolitik.
Beim zweiten Zinsschritt kann man die Sache so eindeutig nicht beurteilen. Die Rendite stieg von 1,6 % auf 2,6 %, aber das war wohl mehr dem Sieg Trumps zu verdanken und nicht so sehr der Notenbank. Seitdem die dritte Zinserhöhung ausgemacht erscheint, hat sich nicht viel getan.
Die von der Fed festgelegten Zinsen wirken vor allem auf die kurzfristigen Zinsen. Die Renditen für mehrmonatige Anleihen und Anleihen bis zwei Jahre Laufzeit bewegen sich deutlich stärker. Die Langfristzinsen zeigen sich hingegen absolut unbeeindruckt. Das kann zum Problem werden, denn vor allem die Langfristzinsen sind für viele Finanzmarktakteure wichtig.
Die Zinsen für Immobilienkredite orientieren sich an langfristigen Anleiherenditen. Steigen diese nicht, dann steigen auch die Zinsen für Kredite nicht. So strafft man die Geldpolitik nicht. Auch für kurzfristige Kredite ist der Leitzins fast belanglos, denn kurzfristige Kredite, z.B. über die Kreditkarte, haben ohnehin einen zweistelligen Zinssatz. Ob dieser nun bei 14 % oder 15 % liegt, ist auch schon wurscht.
Will die Notenbank die Geldpolitik effektiver straffen, muss sie an die Langfristzinsen heran. Das große Dilemma vor der Finanzkrise war unter anderem, dass zwar die kurzfristigen Zinsen stiegen, nicht aber die langfristigen. Immobilienkredite blieben viel zu billig. Wohin das führte, wissen wir.
Nun hat die Notenbank zufällig mehrere Billionen an Anleihen und Hypothekenpapieren in der Bilanz. Wirft sie diese auf den Markt, kann das die langfristigen Zinsen bewegen. Nicht zuletzt deswegen dürften Notenbanker die Bilanzverkleinerung diskutieren. Ob das reicht, sei dahingestellt.
Derzeit verfolgt die Notenbank eine Politik, bei der sie fällig werdende Papiere reinvestiert. Sie erhält das Geld bei Rückzahlung der Papiere und kauft mit diesem neue. Grafik 1 zeigt, wie fleißig die Notenbank bei Hypothekenpapieren ist (MBS - Mortgage Backed Securities). Sie muss jeden Monat zwischen 20 und 40 Mrd. neu investieren.
Es fällt auf, dass das Volumen monatlich stark schwankt. Das liegt an einer Besonderheit der Hypothekenpapiere. Die zugrundeliegenden Kredite haben für gewöhnlich lange Laufzeiten von 10 bis 30 Jahre. Kreditnehmer können sich jedoch für eine Refinanzierung entscheiden, also den bestehenden Kredit in einen neuen umwandeln. Davon machten viele Amerikaner in den letzten Jahren Gebrauch, weil die Zinsen niedrig waren.
Grafik 2 zeigt die Refinanzierungsvolumina pro Quartal. Werden Hypotheken refinanziert, laufen die MBS schneller aus als angenommen. Die Notenbank muss entsprechend mehr reinvestieren. Da die Zinsen nun ein klein wenig gestiegen sind, geht das Refinanzierungsvolumen zurück. Im bisherigen Jahresverlauf 2017 ist das Volumen massiv eingebrochen. Allein deswegen wird die Fed weniger reinvestieren müssen. Die Nachfrage auf dem MBS Markt sinkt.
Das war schon 2014 einmal so. Die Zinsen hat das wenig beeindruckt. Grafik 3 zeigt die Kreditzinsen sowie die MBS Käufe der Fed. Während des Taper Tantrums (Panik vor steigenden Zinsen) stiegen die Finanzierungssätze kurzzeitig an, obwohl die Notenbank noch fleißig kaufte. Kurz darauf fielen die Zinsen wieder. Auch Anfang 2016, als es zu einem Refinanzierungsloch kam und die Fed die MBS Nachfrage sinken ließ, weil sie weniger reinvestieren musste, beeindruckte das die Zinsen überhaupt nicht.
Ob bei MBS oder Staatsanleihen: es zeigt sich kein Zusammenhang zwischen Zinsniveau, QE und Reinvestitionstätigkeit der Notenbank. Das wird auch von Grafik 4 noch einmal unterstrichen. Als die Notenbank Anleihen kaufte, stiegen die Zinsen. Das muss nun nicht automatisch bedeuten, dass die Zinsen fallen, wenn sie Anleihen verkauft, auch wenn das in den Nachkrisenjahren der Fall war.
Dennoch: selbst mit einer moderaten Bilanzverkleinerung ist nicht garantiert, dass die Zinsen wirklich steigen - und zwar so stark steigen, dass die Geldpolitik abkühlend wirkt. Das Experiment muss erst noch durchgeführt werden. Insgesamt sieht es jedoch nicht danach aus, als könne die Notenbank die Geldpolitik effektiv straffen. Ist die bisherige Historie ein Indiz für die Zukunft, bleibt die Notenbank bei der Anhebung langfristiger Zinsen in etwa so hilflos wie eine Schildkröte auf dem Rücken.
Clemens Schmale
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