Kommentar
09:00 Uhr, 21.04.2021

Zinsanstieg: Hält die EZB nicht, was sie verspricht?

Am 11. März kündigte die EZB an, die Anleihekäufe signifikant zu erhöhen, um dem Zinsanstieg entgegenzuwirken. Der Faktencheck ist wenig ermunternd.

Erwähnte Instrumente

  • US 10Y Bond Yield
    Kursstand: 1,577 % (Bonds) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • DE 10Y Bond Yield
    Kursstand: -0,260 % (Bonds) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • US 10Y Bond Yield - Kurs: 1,577 % (Bonds)
  • DE 10Y Bond Yield - Kurs: -0,260 % (Bonds)

Ende Februar kam es global zu einer Zinspanik. In den USA steuerte die Rendite 10-jähriger Anleihen auf 1,8 % zu. In Deutschland erreichten Bundesanleihen ein Zinshoch bei -0,2 %. Ein Zinshoch bei Negativzinsen ist schon etwas absurd, man muss aber in Relation sehen. Die Zinsen stiegen von -0,65 % auf -0,2 % an und das in weniger als drei Monaten.

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Das ist ein ordentlicher Zinsanstieg und rief die EZB auf den Plan. Europa steckte damals noch mitten in der Pandemie und tut es auch heute noch. In den USA besserte sich die Lage bereits. Aus wirtschaftlicher Sicht war ein Zinsanstieg in den USA gerechtfertigt, in Europa nicht.

Der Dollarraum bestimmt den globalen Markt. Steigen die Zinsen in den USA an, zieht das andere Regionen mit. Die EZB konnte dagegen wenig ausrichten, versuchte es aber dennoch. Zuerst bemühte sie Verbalinterventionen. Dann folgte am 11. März die schriftliche Bestätigung beim Zinsentscheid. Im Statement hieß es, dass im folgenden Quartal wesentlich höhere Anleihekäufe stattfinden würden.

Wie genau „folgendes Quartal“ zu definieren ist, darüber dürfen wir rätseln. Die EZB hat jedenfalls nicht sofort mit höheren Anleihekäufen reagiert (Grafik 1). Die Käufe unter dem PSPP (Public Sector Purchase Program) sollen seit längerem bei 20 Mrd. pro Monat liegen. Unter dem PEPP (Pandemic Emergency Purchase Program) hat die EZB hohe Flexibilität.


Diese wollte sie eigentlich nutzen, um dem Zinsanstieg entgegenzuwirken. Nichts dergleichen ist bisher geschehen. Die Käufe waren in der vergangenen Woche etwas höher als sonst. Damit wurden lediglich geringere Käufe rund um Ostern ausgeglichen. Derweil steigen die Zinsen in der Eurozone wieder.

Nachdem Bundesanleihen von -0,2 % wieder auf -0,39 % sanken, stehen sie inzwischen bei -0,26 %. Das ist insofern bemerkenswert, weil die Zinsen in den USA seit einigen Wochen wieder leicht sinken. In Europa steigen sie.

Man wird den Verdacht nicht los, dass die EZB seit ihrer Ankündigung, das PEPP nicht unbedingt ausschöpfen zu wollen, auf die Bremse tritt. Ohnehin ist die Entschlossenheit der EZB im Vergleich zur Fed überschaubar. Der Vergleich der wöchentlichen Käufe zu Pandemiebeginn zeigt das (Grafik 2). Als die EZB noch über ein Programm nachdachte, hatte die Fed bereits Anleihen im Volumen von 400 Mrd. zusätzlich gekauft.


Theoretisch hätten beide Notenbanken die gleichen Mengen kaufen können. Geschehen ist das nicht. Die EZB ist weniger agil. Sie gleicht mehr einem Tanker, der den Kurs nicht schnell ändern kann. Flexibilität bei den Käufen schöpft sie jedenfalls kaum aus, auch nach der eigenen Ankündigung nicht.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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