Analyse
11:46 Uhr, 27.01.2019

Die Börse lebt vom Konjunktiv und das zwingt die Finalseite zum Handeln

Für die klassischen Charttechniker offenbarten sich bereits letzte Woche Freitag (18. Januar) auffällige Indizien dafür, dass sich zumindest kurzfristig die nervöse Eindeckungstendenz an den Aktienmärkten im Allgemeinen und im DAX / FDAX im Besonderen weiter fortsetzen könnte.

Erwähnte Instrumente

  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Kursstand: 11.281,79 Pkt (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Auf Tagesbasis übersprang der Kursverlauf des Futures auf den DAX sowohl die im Bereich der 10.975,50 / 10.990,50 herleitbare obere Bereichsbegrenzung einer seit der zweiten Januarwoche gültigen Zwischenkonsolidierung, als auch die obere Begrenzung des übergeordnet definierbaren Abwärtstrends (zu diesem Zeitpunkt knapp oberhalb der 11.000 Punkteebene mit fallender Tendenz). Die Markttechnik (Indikatorlehre), als auch das tägliche Kerzenverhalten hatte eine solche Entwicklung durchaus für sehr wahrscheinlich gelten lassen, zumal kein auffälliger Abgabedruck in den Vortagen feststellbar war – lediglich immer wieder vereinzelt das Hedgen frisch eingegangener Aktienpositionierungen gegen das Fixen von Futures.

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Diese Grafik zeigt den FDAX auf Tagesbasis, mit seinem bereits in der Vorwoche vollzogenen Ausbruch aus einer charttechnisch definierten Abwärtstendenz.

„Jetzt könnten Anschlusskäufe kommen“, schrieb mir ein technisch orientierter Akteur auf Skype, „weil wichtige Widerstandsmarken gefallen sind.“ Ich antwortete: „Weil wir Anschlusskäufe haben, überwand der Kurs diese Chartmarken.“ Dieser Anstieg des Kurses, ebenso die Wiederaufnahme der dominanten Käufe (nach der typischen Zwischenkonsolidierung Montag / Dienstag) ab Donnerstag, in deren Konsequenz der FDAX zum Wochenende hin ein neues Impulshoch markierte, ist dem kollektiven Anpassungsdruck der institutionellen Investoren geschuldet, ihre jeweilige Portfoliostruktur den sich verändernden Rahmenbedingungen anpassen zu müssen, als auch auf Handlungsaktivitäten anderer zu reagieren. Mit jedem Punkt, den der Markt steigt, wird die eingegangene Besicherung zum Hemmnis und zwingt zur Aktion. Die Aussicht darauf, dass andere Akteure durch ihre jeweilige (gleichgeschaltete) Aktion schließlich Angebotsknappheit auf den jeweiligen Kursniveaus bewirken (könnten), beschleunigt dann die eigenen Aktivitäten.

Halten wir fest: an der Börse ist es der Konjunktiv, der zum Handeln treibt, nicht der Fakt. Es ist der Konjunktiv, weil wir es mit reflexiven, denkenden, nach ihrem eigenen jeweiligen Vorteil strebenden Akteuren zu tun haben, die nicht immer logische und schon gar nicht unemotionale Entscheidungen treffen. Wäre dies nicht so und könnten wir tatsächlich ein Verhalten der Akteure im Sinne der wirtschaftswissenschaftlichen Annahme eines Homo Ökonomicus unterstellen, wäre Börse einfacher, regelbasierter – dann hätten klassische Analysemethoden tatsächlich durchgehend Sinn. Aber diese standardisierte Sichtweise existiert leider nicht.

Ein Fonds-Manager muss die Entscheidung, wie er die Struktur seines zu verwaltenden Portfolios führt, allein treffen. Tägliche Meetings mit Analysten und Marktstrategen oder Besuche der Unternehmen (deren Aktien er im Portfolio hält), liefern ihm das notwendige Input, auf welches er im Entscheidungsprozess zurückgreift – aber am Ende steht er allein vor der Entscheidung, was er tun soll. Und diese Entscheidung wird (ob er will oder nicht und je nach Umfang seiner Aktivität) eine Bewegung im Markt auslösen. Es gibt eine Vielzahl von Routinen, Orders abzuarbeiten, um den Bewegungseinfluss (und damit die Ausführungskurse) möglichst klein zu halten – aber schon ein schlichter Blick ins Orderbuch zeigt, dass Angebot und Nachfrage nicht in rauen Mengen vorhanden ist.

Jede geopolitische oder geowirtschaftliche Ausgangslage, jede betriebsrelevante Zahl, jede Nachricht oder Aussage eines Entscheidungsträgers, kann mindestens zwei entgegengesetzte Aktivitätsmuster im Markt auslösen – folglich gilt an der Börse niemals: „das wird jetzt passieren“ oder „das wird dazu führen das“, sondern es muss immer heißen „es könnte dieses oder jenes geschehen“. Und dann folgt der Blick aufs eigene Portfolio: Wo sind die eigenen Positionsrisiken höher – auf der Ober- oder Unterseite? Wo habe ich es einfacher, zu reagieren, wenn ich reagieren muss – in der Kasse oder im Derivat? Habe ich Produkte im Portfolio, welche meine Risiken oder Chancen hebeln und wie gehe ich jetzt damit um, wenn der Markt so oder so reagieren könnte? Und dann kommt der Blick nach links und rechts – was machen andere Akteure im Markt, deren Aktivitäten mir im gegebenen Falle die Liquidität aus dem Markt saugen könnten, welche ich dann zum gegebenen Zeitpunkt selbst benötige?

Sehen wir zunächst eine ganze Woche zurück: die Zusammenfassung der zu diesem Zeitpunkt gültigen Ausgangslage lautete:

  • es bestehen unverändert große Hedges Positionen
  • Liquidität hat sich deutlich reduziert
  • Deltas der Portfolios sind noch immer niedrig

Das daraus gezogene Fazit beschrieb sich wie folgt:

  • negative Erwartungen sind zu einem großen Teil eingepreist
  • „Risiko“ wird aktuell weiterhin auf der Oberseite gesehen
  • somit könnte dort die Überraschung lauern

Versetzen wir uns in die Lage eines Fonds-Managers, der entscheiden muss, was er tut. Seine Portfoliostruktur ist nicht so, dass er sich zufrieden zurücklehnen kann, sie ist noch geprägt von den Aktivitäten der Schlussentwicklungen des letzten Jahres, aber bereits unter dem Eindruck, möglicherweise vorerst das Tief im Markt gesehen zu haben, bearbeitet[1]. Streng genommen könnte man sagen: die Portfolios wurden vorbereitet, auf Veränderungen der äußeren Sachzwänge reagieren zu können, ohne bereits prägende Veränderungen in der Richtungswichtung durchgeführt zu haben. Dieser Schritt ist sachlich interessant, verschiebt letzten Endes aber den Zeitpunkt einer konkreten Wichtungsentscheidung nach hinten und löst folglich nicht das Problem – es schafft nur eine handelbarere Ausgangslage für den Fonds-Manager. Da die Märkte nicht unendlich Liquidität bieten, sondern immer nur so viel, wie von der Gegenseite (auch unter Einbeziehung der Arbitrage – als größter Liquiditätsgeber) gestellt wird, sind die Handelsentscheidungen immer gebunden an die Art des Vorgehens und den Zeitpunkt. Sie sind aber auch (und das nicht im unerheblichen Maße) davon abhängig, wie die große Ausgangslage OBJEKTIV im Markt selbst ist – dominiert ein Gamma Long oder ein Gamma Short Umfeld? Gamma Long entkrampft den Entscheidungsdruck eines dominanten Marktakteurs, denn im Fall der Fälle liefert allein die Optionsseite über ihre Deltaveränderung zumindest einiges an notwendiger Liquidität – sowohl im Angebot im steigenden Markt, als auch in der Nachfrage im fallenden Markt. Deutlich problematischer wird das Ganze in einem Gamma Short Umfeld. Hier tritt die Optionsseite selbst an den Futtertrog, nämlich gleichgerichtet mit den Handelsinteressen der Fondsseite. Diese Komponente verkompliziert die Grundsatzentscheidung eines finalen Akteurs und bringt ihn zeitlich mehr unter Entscheidungsdruck.

Produkttechnische Ausgangslage

Sehen wir uns die Ausgangslage im Markt an – beginnen wir zunächst mit der großen Bühne, auf der sich alles abspielt – dem Markt selbst. Der Einfachheit halber beschränken wir uns auf den DAX / FDAX.

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Wie Sie der grafischen Darstellung der aktuellen Verteilung des Hedges-Bedarfs der Theta / Gamma Trading-Seite entnehmen können, bewegen wir uns aktuell in einem ausgeprägten Gamma Short Umfeld. Das bedeutet, die Optionsseite greift zwangsläufig bei Marktbewegungen IMMER GLEICHGERICHTET mit den Handlungsaktivitäten der Finalseite in den Markt ein. Das ist objektiv gegeben – Frau Merkel würde sagen: „ALTERNATIVLOS“. Die Optionsseite kommt in Zugzwang, wenn sich der Markt bewegt – wenn z.B. ein marktbewegender Akteur aktiv wird. Bewegt sich der Markt nicht, gibt es streng genommen keinen Handlungszwang für diese Gamma-reagierenden Händler, es sei denn, sie antizipieren eine mögliche kommende Handlungsaktivität Dritter und halten Delta vor. Aber ein solches Vorgehen ist in der Regel nur kurzfristig marktbeeinflussend, langfristiges Vorhalten erhöht die eigenen Portfoliorisiken exorbitant und wird deshalb eher vermieden.

Halten wir fest: die aktuelle Ausgangslage im Markt für sich genommen, könnte derzeit mit hoher Wahrscheinlichkeit wie folgt beschrieben werden:

  • die überwiegende Mehrzahl der Aktienportfolios ist für eine Verschlechterung der Gesamtsituation bereits wieder zu hoch investiert, für eine Aufhellung dagegen noch zu niedrig,
  • die Hedges-Bestände (besonders Futures gegen Kasse) sind wahrscheinlich noch immer in erheblichem Maße gegeben, auch wenn es hier in der letzten Woche sehr wahrscheinlich deutliche Rückbauten gegeben hat,
  • folglich hängt man aktuell irgendwo „zwischen den Stühlen“, sieht aber die Kursentwicklungsrisiken mehr auf der Oberseite, was folglich den Zugriff nach oben konsequenter erfolgen lässt.

Mit Blick auf den Einfluss, den die Optionsseite im Theta / Gamma Ansatz auf den Markt ausübt, können wir ganz objektiv festhalten, dass wir uns im Gamma negativ verzerrten Raum bewegen. Hierzu sei angemerkt, dass unsere obige Darstellung nur als Orientierung gelten kann, denn wir rechnen hier (a) mit einer linearen impliziten Volatilität (und nicht mit der im Markt genutzten Skew) und (b) nutzen wir immer nur einen Ausschnitt an Basispreisen. Aber von der Grundtendenz beschreibt diese tabellarische Darstellung den Sachverhalt der produkttechnischen Rahmenbedingungen im Markt weitestgehend korrekt.

Geopolitische und geowirtschaftliche Rahmenbedingungen

Der Handel am Freitag stand unter dem Eindruck der übergeordneten, anhaltenden Stellschrauben unseres Zusammenlebens und Arbeitens (in der Weltgemeinschaft) und kurzfristig relevanten Momentaufnahmen in Form von Indikationen. Eine wichtige Indikation in diesem Sinne war die Veröffentlichung des ifo-Geschäftsklimaindex, der für den Monat Januar für Deutschland mit 99,1 ausgefallen ist und unter den Erwartungen von 100,6 lag. Die Geschäftserwartungen lagen mit 94,2 (Prognose: 97,2) nach 97,3 in der Zwischenzeit auf dem niedrigsten Stand seit November 2012.

Grundsätzlich signalisiert der ifo damit eine Eintrübung unserer wirtschaftlichen Verfassung – damit ist der Ausweis eher schlecht. Als Fonds-Manager mit einer nach oben hin suboptimalen Portfoliostruktur müssen oder könnten Sie aber auch argumentieren: „Gerade mit der drastischen Verschlechterung der Erwartungskomponente geht auch jede Sorge vor Zinserhöhungen zurück“. Am Vortag (Donnerstag) hatte EZB Chef Draghi in der Pressekonferenz die Weichen möglicherweise auch genau in diese Richtung gestellt. Er schätzte nämlich die Risiken für Europas Wirtschaft als gestiegen ein, was in der Interpretation durch Experten den Schluss zulässt, dass eine mögliche Zinsanhebung durch die EZB in weite Ferne rücken könnte. Die sich daraus ergebende mögliche (stark im Konjunktiv gehaltene) Möglichkeit wäre: „Das könnte / sollte / müsste weiter Liquidität in die Märkte lenken.“ Was bei gleichem Angebot die Nachfrageseite stärkt und die Kurse schiebt. Bedenken wir dabei auch, dass bei weiter niedrig bleibenden Zinsen die Dividendenrenditen der Aktien wieder zwangsläufig in den Vordergrund rücken lassen. Denn ein Blick auf die Kursentwicklung des Anleihemarktes zeigt, dass hier renditemäßig nichts zu holen ist.

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Der Bund-Future zeigte sich in der letzten Woche wieder stark nachfragedominiert. Der übergeordnete Aufwärtstrend ist aus chart-, wie auch markttechnischer Sicht intakt, die negative Divergenzentwicklung über das Momentum zum Kursverlauf liefert aktuell keine verwertbaren Informationen, da der Kursverlauf aktuell (auf Grund der Brisanz der Rahmenbedingungen) vordergründig ohnehin dem fundamental zu bewertenden Einfluss unterliegt. Damit sinken die Renditen.

China

China enttäuschte bereits vor zwei Wochen mit Konjunkturdaten und legte letzten Monat mit einem nachlassenden BIP (4. Quartal 2018) in dieser Richtung nach. Grundsätzlich wirkte sich diese Nachricht bereits in den Vortagen negativ auf die volkswirtschaftlichen Gesamteinschätzungen aus und belastete zusätzlich die erstmals in Davos (Weltwirtschaftsgipfel) gemessene überaus negative Stimmung. Zudem ist diese wirtschaftliche Eintrübung als Indikator für die ersten gravierenden Auswirkungen des Handelskonfliktes USA / China interpretiert bzw. gewertet worden.

Doch eine diskretionär / reflexiv geführte Börse wäre nicht diese Börse, wenn wir nicht wieder auch eine zweite Sichtweise hätten: Chinas Notenbank und Chinas Regierung erließen umgehend Maßnahmen zum Gegensteuern, kündigten Maßnahmen zur Förderung und Stimulierung der Wirtschaft an und pushten damit die Einschätzung der Akteure, dass dies zu einem reflexartigen Eindecken führen könnte.

Handelskonflikt USA / China

Was für ein Wechsel der Stoßrichtungen in den Schlagzeilen in der letzten Woche zu diesem Thema! USA planen Herabsetzung aller Strafzölle auf chinesische Importe – gefolgt von einem schwachen Dementi. Vorverhandlungen zum Treffen des chinesischen Vize mit Delegation in Washington sind abgesagt, mangels Fortschritten - gefolgt von einem Dementi. Das Treffen in Washington wird gar nicht stattfinden – gefolgt von einem Dementi. Eskalation in der Streitthematik Huawei, Auslieferungsforderungen der USA an Kanada, um man die Tochter des Firmengründers heranzukommen (sie ist der Finanzvorstand des Konzerns) – kein Dementi. Beide Seiten wollen dringendst eine Lösung im Konflikt! Kein Dementi – diese Aussage stand aber im Widerspruch zu den Aussagen, die keine 12 Stunden vorher verlautbarten, dass man von einer Lösung meilenweit entfernt sei.

Jetzt rechnen Experten dennoch damit, dass es in der kommenden Woche entsprechende Verhandlungen geben wird und eine Entspannung ist durchaus denkbar. Auch darauf muss man als Portfolio-Manager reagieren (können).

Haushaltsstreit USA

Dieses Thema eskalierte in den letzten Tagen im Bewusstsein der Anleger, als immer deutlicher wurde, dass es hier kaum noch um einen rational nachvollziehbaren Streit der beteiligten Parteien ging, sondern um ein stures Festhalten an eigenen Partei- und Wählerinteressen. Solange das ein Thema in der Klatschpresse bleibt, ist es ok, doch wenn Experten ernsthafte Risiken für das Wirtschaftswachstum ausmachen, wird es kritisch. Letzteres geschah in der letzten Woche und der Handelsstreit entwickelte sich in Richtung eines Possenspiels, wie wir in Europa das Brexit-Thema haben.

Am Freitag kam dann die temporäre Auflösung: rund fünf Wochen nach Beginn des Shutdowns in den USA hat Trump einen Durchbruch in dem erbitterten Haushaltsstreit mit den Demokraten verkündet. Er sei stolz darauf, eine Einigung erzielt zu haben, mit der die Regierung wieder geöffnet werde, sagte er im Rosengarten des Weißen Hauses. Wie es in der Presse hieß, solle die Regierung die Arbeit zunächst für drei Wochen - bis zum 15. Februar - wiederaufnehmen. Weiter hieß es, dass in der Zwischenzeit Vertreter der Demokraten und Republikaner in gemeinsamen Treffen Lösungen für die nationale Sicherheit erarbeiten sollen. Repräsentantenhaus und Senat müssen der Übergangsfinanzierung noch zustimmen.

Im Grunde geht das Possenspiel damit in die nächste Runde, denn jetzt sind wir da, wo wir vor dem Shutdown vor Weihnachten letzten Jahres waren. In meinem gestrigen Artikel zum Thema „Skin in the Game“, wird das Thema „Verantwortung für das eigene Handeln (an der Börse)“ thematisiert – aber Skin in the Game gilt für jeden Bereich des gesellschaftlichen Lebens. Und ein möglicher Aspekt für asymmetrische Verzerrungen in gesellschaftlichen komplexen, nichtlinearen Systemen (Familien, Gemeinden, Staaten und Volkswirtschaften und natürlich der Börse), sind Verschiebungen von Verantwortung – also der Missachtung des Skin in the Game Prinzips. Dies führt früher oder später unweigerlich zum Kollabieren des Systems. Im US-Haushaltsstreit sehen wir aktuell genau das.

Aber temporär schafft diese „Einigung“ Platz und Spielraum und Börsen kennen sich mittlerweile mit Verschiebungen und Verdrängungen von Risiken gut aus, zumal unsere ganze Wirtschaft mittlerweile nach diesem Prinzip agiert (mit den bekannten Ergebnissen, die besonders seit der Finanzkrise 2007 offensichtlich sind).

Der Fonds-Manager jedenfalls muss auch darauf reagieren, denn er trägt seine Haut nun mal zu Markte – und er ist damit noch nicht fertig.

Brexit

In der letzten Woche sprachen wir kaum noch darüber, in der kommenden Woche wird es wieder ein Thema, wenn Plan B, der kein Plan B ist, im Parlament in London zur Abstimmung kommt. Die Uhr tickt, die Ausgangslage ist objektiv unverändert zur Vorwoche, die Nervosität und Sorge steigt. Die Notfallszenarien für den jetzt nicht mehr „absolut unrealistischen“ Fall der Fälle werden immer häufiger durchgespielt.

Wie geht es weiter?

Ich skizziere hier einmal mein sehr subjektives, von jedem Anspruch auf Richtigkeit entbundenes Szenario:

Die portfoliotechnischen Ausgangsbedingungen sind wie skizziert eher anfällig für die Oberseite – folglich sehe ich die mögliche Impulsrichtung unverändert auf der Oberseite, während die Unterseite die Reaktionsseite ist. Auf Grund des Gamma-Einflusses, müssen wir mit plötzlichen sprunghaften, temporär kurzen Bewegungsschüben rechnen – beidseitig – hier sind besonders Extrempunkte im Intraday-Kursverlauf prädestiniert. Da wir mit hoher Wahrscheinlichkeit weiterhin einen hohen Grad an Hedges-Beständen im Markt haben (hier bin ich mir aber nicht mehr ganz sicher, denn es hat in den letzten Tagen auffällige Eindeckungen gegeben und die Bestände sind ja auch nicht unendlich groß) sollten diese (sofern sie noch nennenswert sind) ebenfalls temporäre Beschleunigungen auf der Oberseite nach sich ziehen. Wichtig ist jedenfalls: sollten noch marktbewegende Hedges-Eindeckungen kommen, werden diese mit der Optionsseite um die vergleichsweise wenigen Stücke im Orderbuch konkurrieren.

Auch in dieser Woche wird das Umfeld seine Dominanz beibehalten, so dass der Markt über den Tag hinaus spontanes Feedback-Verhalten aufzeigen wird. Das heißt, dass alle Analysemethoden, welche standardisiertes oder wenigstens geregeltes Feedback-Verhalten unterstellen, nur bedingt Nutzbares liefern können.

Im Fazit bleibe ich folglich auch für die kommende Woche noch optimistisch – werde aber im jeweiligen Morgen- und Mittags-Meeting darüber informieren, wie in den Banken die Ausgangslage und die Rahmenbedingungen gesehen werden, so dass wir rasch Veränderungen der Sichtweise mitbekommen und darauf reagieren können.

Ich wünsche uns eine erfolgreiche Woche!

Uwe Wagner

www.tradematiker.de

office@tradematiker.de

[1] Wir sahen in den letzten Wochen immer wieder besonders prägend das Kaufen von Kasse (was Cash-Liquiditäten verringert) und das sofortige oder kurz danach auftretende Geben von Futures (was das Delta der Portfolios niedrig hält). Dieses Vorgehen erlaubt es dem Akteur, wenn er konsequent das Portfolio-Delta verändern muss, dies im liquideren Futures-Markt tätigen zu können.

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1 Kommentar

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  • Ben_Cottage
    Ben_Cottage

    Auch diesmal wieder: Vielen Dank für einen tollen Artikel, Herr Wagner!

    Ich fühle mich oft erinnert an Erdal Cene, der ebenso wie Sie, großen Wert auf das Verhalten der unterschiedlichen Marktakteure legt. Hinter jedem Kurs, hinter jeder Kerze stecken Marktteilnehmer, die Ihre eigenen Interessen verfolgen.

    Bitte weiter so! :-)

    08:39 Uhr, 28.01.2019

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Über den Experten

Uwe Wagner
Uwe Wagner
Technischer Analyst und Trader

Uwe Wagner arbeitete bereits während seines Wirtschaftsstudiums als Maklergehilfe an den Börsen in Berlin, Wien und Madrid. 1991 trat er dann in die Deutsche Bank AG ein, wo er eine fundierte Ausbildung im Wertpapier- und Derivatehandel erhielt – in Frankfurt/Main sowie in Chicago im International Trading Institute unter dem bekannten Warenhändler Toni Saliba. Innerhalb der Deutschen Bank AG durchlief Wagner diverse Etappen im Handelsbereich. So betreute er als DTB Market Maker zunächst diverse Werte, verantwortete anschließend den Options- und Future-Handel in der Deutsche Bank S.A. in Madrid und mehrere Jahre die spekulative Verwaltung von Teilen des Eigenkapitals der Bank über DB Advisor. Wagner baute innerhalb der Deutsche Bank AG das damals erste Internet-Tool für Technische Marktanalysen (dbS-Trade) auf und führte den systembasierten Handel in Future-Märkten. Sein Schwerpunkt liegt seit über 20 Jahren auf dem FDAX und dem Bund-Future-Markt, den er täglich analytisch seziert, um daraus Handelsszenarien zu entwickeln und diese dann auch aktiv umzusetzen. Seit 2003 lebt und arbeitet Wagner in Hamburg. Uwe Wagner ist aktiv im FDAX und Bund-Future tätig.

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