Wissensartikel
09:45 Uhr, 14.02.2017

5 Wege einen guten Trade zu eröffnen

Sie wollen traden, wissen aber nicht was, wann und wie Sie die Position eröffnen sollen? Sie sind nicht allein!

Im Artikel 5 Wege einen schlechten Trade zu beenden habe ich darüber geschrieben, wie man es schafft, Verluste zu begrenzen. Auch ich durfte unter viel Anstrengung und Schmerzen (sowohl finanziellen, als auch emotionalen) lernen, dass es erstmal nur darum geht an den Märkten zu überleben. Wenn man das geschafft hat, braucht man fast nur noch darauf zu warten, zu gewinnen. Doch wie sieht eigentlich so ein perfekter Gewinnertrade aus?

Ich habe so ziemlich alles ausprobiert, was die Börse hergibt: Charts, Nachrichten, Fundamentaldaten, Handelssysteme, Spieltheorie, Tricks, vermeintlich geheime Informationen, usw.

Natürlich bin ich dabei unzählige Male hingefallen, aber immer wieder aufgestanden. Ich hab dann oft gedacht: „Ok, was mache ich bloß falsch?“ Dabei hat sich genau dieses Probieren, Tüfteln und Handeln als letztlich entscheidender Vorteil für mich herausgestellt (leider habe ich das erst viel viel später erkannt, was zwischenzeitlich ziemlich frustrierend war).

Deshalb schreibe ich Ihnen heute diese überaus wichtigen Zeilen.

Hier sind meine 5 Wege, einen guten oder vielleicht sogar einen perfekten Trade zu starten.


1. Status des Wartens und Zuschauens verlassen

Ich habe viele Anleger, Seminarteilnehmer oder Kunden, die ich persönlich betreue, immer wieder sagen hören: „Ich warte mal ab, bis das und das eintritt, bevor ich investiere.“ Sehr beliebt sind auch Aussagen wie „Die Analysten sind sich gerade uneinig.“ oder „Die Charts sind gerade nicht eindeutig.“ Bei Kunden fiel auch gerne der Satz: „Ich muss nochmal mit meiner Frau sprechen.“

Egal ob Sie traden oder investieren möchten: An der Börse gibt es keinen perfekten Zeitpunkt. Das betrifft sowohl den Einstieg in einen Trade, als auch die eigene Lernphase, die Ihnen, umso früher Sie beginnen, mehr Zeit zum Erfahrungen sammeln schenkt.

Es gibt die berühmte 10.000 Stunden-Formel, nach der man eine Tätigkeit 10.000 Stunden ausüben muss, um darin ein Meister zu werden. Daran führt langfristig kein Weg vorbei, denn Ihre Erfahrungen sind später Ihr wirklich einziger und wertvollster Vorteil gegenüber dem Markt. In einer Studie unter Fondsmanagern hat die Ratingagentur Scope herausgefunden, dass Fondsmanager, die eine längere Berufserfahrung vorzuweisen hatten und über einen größeren Zugang zu Research (also Wissen) verfügten, bessere Ergebnisse erzielten als unerfahrene Fondsmanager, die weniger Analysten in ihren Teams hatten. (1)

2. Fokussieren

Ich stelle immer wieder fest (und habe diesen Fehler früher auch unzählige Male gemacht), dass sich Anleger oft verzetteln. Jeden Tag werden neue Geschichten an der Börse erfunden und wenn Anleger mit ihrer aktuellen Strategie unzufrieden sind oder eine Investition nicht ins Laufen kommt, ist die Verlockung groß den Kurs zu wechseln und auf eine neue Story aufzuspringen.

Mein Tipp: Wählen Sie eine Strategie aus, die zu Ihren Fähigkeiten und zu Ihren persönlichen Zielen passt. Wie Sie diese herausfinden, dazu habe ich im Artikel Eine Strategie, die Ihnen Erfolg und Begeisterung schafft eine Anleitung geschrieben. Konzentrieren Sie Ihre ganze Energie wie einen Laserstrahl auf diesen Punkt und Sie werden den Erfolg erzwingen, wenn Sie lange genug durchhalten.


3. Nicht der eigenen Perspektive trauen

Ich hab schon so manches Wort darüber verloren, warum Prognosen und Signalen nicht uneingeschränkt zu trauen ist. Das Problem ist, dass unser Blick auf einen Chart oder die Börse immer nur ein subjektiver Ausschnitt ist, man könnte auch sagen unsere selbst erfundene Wirklichkeit. Erfolgreiche Trader wissen, dass ihre Einschätzung der Märkte eine äußerst unsichere Wirklichkeit ist, die jederzeit einstürzen kann.

Der britische Ökonom John Maynard Keynes sagte mal: „I do not know which makes a man more conservative - to know nothing but the present, or nothing but the past.“ (2)

Die Crux ist, dass Sie für eine einmal konstruierte Wirklichkeit in Charts, Nachrichten und Fundamentaldaten immer eine Bestätigung finden werden. Wenn ich der Meinung bin, dass die Kurse jetzt steigen müssen, dann werde ich eine Trendlinie finden, die gerade so noch passt oder unter den hunderten Nachrichten eine Meldung finden, die positiv ist und meine Wirklichkeit unterstützt.

Der berühmte Trader Paul Tudor Jones sagte in einem Interview mit Jack Schwager: "Every day I assume every position I have is wrong." (3)

Außerdem kennen Sie dieses Phänomen auch aus dem Alltag, wenn unser Gehirn unsinnigerweise Verknüpfungen herstellt und Dinge in Zusammenhang bringt, wo gar keiner sein kann. An der Börse passiert das jeden Tag.

George Soros, wohl einer der erfolgreichsten Trader des 20. Jahrhunderts sagte mal: "Once we realize that imperfect understanding is the human condition there is no shame in being wrong, only in failing to correct our mistakes." (4)

Das ist so ziemlich der Hauptgrund warum Trader so oft an einem Geschäft festhalten, bis sich ihre Annahme bestätigt oder von einer anderen Wirklichkeit eingeholt wird. Dieses Zusammenbrechen einer subjektiv konstruierten Wirklichkeit ist der Hauptgrund für finanzielle und emotionale Schmerzen an der Börse.

Wer den Umstand akzeptiert, dass jede Tradingidee (egal in welchem Zeitfenster, auch passives Investieren mit ETFs ist eine sehr lange Konstruktion der Wirklichkeit) nur eine subjektive Annahme ist, der kann auch einen großen Vorteil daraus gewinnen.

Gute Trader entwickeln so etwas wie ein Gespür (was meiner Meinung nach ein Mix aus Erfahrung und Information ist) und treffen daraufhin Entscheidungen.

Steven Cohen, einer der erfolgreichsten Hedgefondsmanager der Welt , trifft seine Entscheidungen zu über 50 % aus dem Bauch heraus. Intuitive und einfache Entscheidungen sind in Situationen der Unsicherheit, deren Paradebeispiel wohl die Börse ist, oftmals den faktenbasierten und komplexen Entscheidungen überlegen. Ich werde zu diesem Thema noch ausführlicher schreiben. Im Webinar Mit Erfahrung zum Trading-Erfolg hatte ich diese wissenschaftliche Erkenntnis am Beispiel eines Hundes erklärt, der in der Lage ist die komplexe Aufgabe eine Frisbee zu fangen, meistert.


4. Handeln

Wenn man eine Entscheidung getroffen hat, in den Markt zu gehen, sollte man nicht zögern zu handeln. Unsere Gedanken sind zwar die Säulen unserer Wünsche und Ziele, aber sie werden niemals real, wenn wir nicht ins Handeln kommen.

Oftmals ist die Angst vor Fehlern oder Verlusten ein großer Hemmschuh. Hierzu habe ich mir die Strategie (besser gesagt ist es ein Trick meinen Verstand zu umgehen) zurechtgelegt, dass ich

a) bei einem Verlust jederzeit aus- und wieder einsteigen kann. (Das ist schließlich mein Vorteil, wenn ich aktiv anlege)
b) ich 50 % der Position setze, wenn ich mir unsicher bin oder 50 % der Position schließe, wenn der Trade gegen mich läuft.

Diese Strategie hilft mir, nicht auf einem Punkt oder einer Bedingung im Markt hängen zu bleiben, sondern mit dem „Flow“ der Märkte mitzuschwingen.

Wer mit dem Realisieren von Verlusten noch extreme Schwierigkeiten hat, sollte überprüfen, ob er schon die geeignete Anlagestrategie gefunden hat (Fähigkeiten und Wünsche im oben verlinkten Artikel überprüfen).

5. Festhalten an einer Idee

Es braucht letztlich auch einfach Zeit, bis eine Idee an den Märkten aufgeht, egal in welchem Zeitfenster Sie unterwegs sind. Das betrifft sowohl Daytrader als auch langfristige Investoren.

Benjamin Graham, prägende Figur für viele Investoren des 20. Jahrhunderts sagte mal: “Geduld ist die oberste Tugend des Investors.” (5)

Geduldig kann aber nur der Anleger sein, der seine Idee konsequent und mit Gewissheit verfolgt. Doch schon allein im Tagesverlauf können so viele Ablenkungen und neue Fragen auftauchen, die dazu ermutigen die aktuelle Anlageidee zu verwerfen.

Für langfristige Investoren ist diese Herausforderung noch größer. Wir lesen zwar überall, welche hervorragenden Renditen mit Fonds, ETFs oder Qualitätsaktien hätten verdient werden können, aber ich kenne kaum Anleger, die wirklich diese Renditen in ihren Portfolios realisiert haben. Das Problem ist eben, dass die meisten irgendwo auf halber Strecke vom Weg abkommen. Der Grund ist, dass sie einer Strategie nicht konsequent treu waren. Meist aus Angst oder Gier. Wie man Disziplin und Fokus entwickelt, das habe ich in diesen Artikeln beschrieben:

Der eigene Fokus: Schlüssel zum Erfolg an der Börse
Geldanlage: Es kommt auf Ihre Entscheidungen an!
Börsenstrategien: Zeit geben, um aus Fehlern zu lernen


Fazit

Einen guten Trade zu finden ist schwer und selten, aber nicht unmöglich. Hat man ihn im Vorfeld identifiziert, stellt sich ein Gefühl „der absoluten Gewissheit“ ein. Wer dieses Gefühl schon einmal erlebt hat, weiß wovon ich spreche.

Vielen Anlegern, die sich mit der Philosophie des passiven Investierens beschäftigen und die wichtigsten Grundregeln verstanden haben, kennen diesen Moment, wenn es „klick“ macht, sobald man die für unseren Verstand erstmal so ungewöhnliche Philosophie verstanden hat. In diesem Moment verschwindet jede Verlustangst und wird getragen von einem Gefühl der absoluten Überzeugung und Sicherheit.

Perfekte Trades kommen übrigens öfter vor, als wir glauben. Meistens jedoch nur noch im Rahmen von außergewöhnlichen Ereignissen, weil dann die Märkte Ineffizienzen aufweisen (...ach muss das früher schön gewesen sein, als es noch mehr dieser Situationen gab)

Viele Trader hatten so einen Moment der absoluten Gewissheit nach der Handelseröffnung am 09.November und 05.Dezember vergangenen Jahres. Obwohl die Ereignisse keinen Zusammenhang hatten, nahm die Masse der Anleger (die letztlich die Kurse bewegt) an, dass es zu einer vergleichbaren Aufwärtsbewegung kommen würde, wie nach dem Brexit-Votum im Juni. Voller Selbstsicherheit entstand eine Kaufwelle, von der viele Trader profitierten.

Viele Grüße
Jakob Penndorf

Folgen Sie mir auf Guidants!

(1) Wie man den Index schlägt. Online-Artikel des Manager-Magazin vom 22.03.2013, abgerufen am 13.02.2017.

(2) John Maynard Keynes Quotes. Brainyquote.com. Abgerufen am 13.02.2017.
(3) The 15 Best Things Paul Tudor Jones Has Ever Said About Trading. Businessinsider.com. Abgerufen am 13.02.2017.
(4) Englischsprachiger Wikiquote-Artikel über George Soros. Wikiquote.org. Abgerufen am 13.02.2017.
(5) 25 populäre Börsensprüche und Börsenzitate. Abgerufen am 13.02.2017.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Passender Service

Mehr Services

Über den Experten

Jakob Penndorf
Jakob Penndorf

Jakob Penndorf teilt seit 2015 seine Expertise als Finanz- und Tradingexperte auf GodmodeTrader und Guidants, den Finanzportalen der BörseGo AG. Er startete seine Karriere als Börsenhändler und Analyst bei einer Wertpapierhandelsbank, war Berater und Fondsmanager für Asset Manager in Frankfurt am Main und Gründer eines Finanztechnologie-Unternehmens in Berlin. Jakob Penndorf hat zahlreiche Lehrgänge absolviert, u.a. ist er akkreditierter Berater der namhaften Investmentgesellschaft Dimensional Funds Advisors (DFA) aus den USA, deren Vorstand und Verwaltungsrat führende Finanzforscher wie Kenneth French, Roger Ibbotson oder Eugene Fama angehören. Jakob Penndorf veröffentlichte zahlreiche Fachartikel über Börsenstrategien, Anlegerverhalten und technische Handelssysteme. Er trainiert Unternehmer, Börsenhändler und Investoren im Umgang mit Risiken an den Finanzmärkten.

Mehr Experten