Analysteneinschätzung
13:46 Uhr, 11.06.2020

WIRECARD: Das Wesentliche vom Unwesentlichen unterscheiden

Das Analysehaus Warburg Research hat die Bewertung für Wirecard auf "Buy" mit einem Kursziel von 230 Euro belassen.

Erwähnte Instrumente

  • Wirecard AG
    ISIN: DE0007472060Kopiert
    Kursstand: 92,300 € (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
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Frankfurt/ München (Godmode-Trader.de) - Der Aktienkurs des Zahlungsdienstleisters Wirecard war zuletzt großen Schwankungen ausgesetzt. Zum Wochenstart fiel der Titel massiv, weil die Finanzaufsicht Bafin den Vorstand wegen möglicher Marktmanipulation angezeigt hatte. Das war nur eine weitere Kursreaktion in einer langen Negativserie von Ereignissen, die das Unternehmen unter Druck setzte und sein Image ramponierte, aber auch das Vertrauen der Anleger in die Glaubwürdigkeit auf eine harte Probe stellte.

Markus Braun, der Vorstandsvorsitzende von Wirecard, steht im Mittelpunkt der Ereignisse. Kommende Woche muss er liefern, dann legt der Konzern seine Jahresbilanz vor. Die Zahlen dürften nur am Rande interessieren, die Eckdaten sind bereits bekannt. Die Öffentlichkeit wird auf das Testat der Wirtschaftsprüfer von EY schielen. Bescheinigt es Wirecard keine blütenweiße Weste, dürfte der Aufsichtsrat kaum das Vertrauen für die Vorstandsriege aussprechen. Das Schicksal von Braun und seinen drei Vorstandskollegen, deren Verträge am Jahresende auslaufen, hängt insofern am seidenen Faden. EY hatte das Testat bereits verschoben, um den kritischen KPMG-Bericht noch mit einbeziehen zu können.

Warburg Research rät zu einer nüchternen Analyse der Causa Wirecard: „Mit dem anstehenden Jahresbericht für 2019, der hoffentlich wie versprochen am 18. Juni veröffentlicht wird, und nach einer Reihe von Nachrichten, die in den vergangenen Wochen von unterschiedlicher Bedeutung waren, ist es wichtig, sich bei der Betrachtung der Wirecard-Aktie auf die Themen zu konzentrieren, die für den Investment Case von Bedeutung sind“, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie.

Entscheidend ist aus Sicht der Aktienstrategen, dass der Jahresbericht 2019 und die Einschätzungen der Wirtschaftsprüfer von EY sowie die KPMG-Endergebnisse der Prüfung der Transaktionen vom Dezember 2019 klar im Fokus der Betrachtung stehen. Unter den gegenwärtigen Umständen erscheine das endgültige Finanzergebnis von 2019 eher trivial, so Analyst Marius Fuhrberg.

Da die vorläufigen Zahlen für Umsatz und EBITDA bereits veröffentlicht worden seien, liege der Schwerpunkt auf einem uneingeschränkten Testat der Wirtschaftsprüfer. Dies sei dringend erforderlich, um das Vertrauen der Investoren wieder herzustellen. Während für den KPMG-Bericht noch kein Veröffentlichungsdatum bekannt gegeben wurde, stelle eine Bestätigung der Transaktionen und Einnahmen vom Dezember 2019 die zweite notwendige Bedingung für eine Neubewertung der Aktie dar, so Fuhrberg.

Diese beiden Punkte dürften aus seiner Sicht viel dazu beitragen, die jüngsten Vorwürfe endgültig zu entkräften und den Leerverkäufern den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Es muss jedoch auch bedacht werden, dass nur eine vollständige Entlastung durch beide Prüfer vermutlich zu einer Neubewertung führen wird, während jede Einschränkung wahrscheinlich zu Unsicherheit führt, weitere öffentliche Angriffe schürt und dadurch negative Kursreaktionen auslösen könnte“, betont der Warburg-Analyst.

Neben den erwähnten Schlüsselaspekten sind die folgenden mehr oder weniger wichtigen Themen der letzten Wochen aus Sicht von Fuhrberg beachtenswert:

Anfang Mai kündigte Wirecard eine umfassende Veränderung und Erweiterung des Vorstandes an. Die Kapitalmarkt-Kommunikation liegt nun in der Verantwortung von CFO von Knoop, während sich CEO Braun auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens konzentriert. Darüber hinaus wurde James Freis, bisher verantwortlich für Compliance bei der Deutschen Börse, als neuer Chief Compliance Officer angekündigt - ein erster Schritt zur Erweiterung des Vorstands auf sieben Sitze. Sowohl der Wechsel als auch die Erweiterung des Vorstands sind aus Sicht von Warburg positiv zu bewerten.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat im Vorfeld der Veröffentlichung des KPMG-Berichts mit der Prüfung der Wirecard-Kommunikation begonnen, aber auch im Hinblick auf den Insider-Kauf von CEO Braun Ende Mai. In beiden Fällen stehen der CEO oder der Vorstand im Fokus und nicht das Unternehmen direkt. „Wir betrachten eine Buße als den schlimmsten Fall im Rahmen des Möglichen, aber dies sollte den allgemeinen Investment Case nicht beeinträchtigen“, schreibt Analyst Fuhrberg.

Warburg Research-Bewertung: Die Kernthemen für die Aktienkursentwicklung bleiben die bevorstehende Veröffentlichung des Jahresberichts 2019 mit dem Testat des Wirtschaftsprüfers EY und die Veröffentlichung des KPMG-Abschlussberichts zu den Transaktionen vom Dezember 2019. Ein in beiden Fällen positives Ergebnis sei nicht nur die Basis für Markus Braun, CEO des Unternehmens zu bleiben, sondern auch die Grundlage für den Warburg-Investment Case. Der verbleibende Nachrichtenfluss könnte zu einer kurzfristigen Volatilität des Aktienkurses führen, dürfte aber von der Veröffentlichung beider Berichte in den Schatten gestellt werden.

Als Resümee erwarten die Analysten von Warburg weiterhin einen positiven Ausgang, der ein erhebliches Aufwärtspotenzial mit sich bringt. Im Falle irgendwelcher Einschränkungen durch EY oder KPMG würde das Finanzmodell und der Investment Case neu überdacht werden, aber bis auf Weiteres bleiben Rating und Kursziel unverändert bei Kaufen und 230 Euro, so Warburg.

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