Analysteneinschätzung
18:38 Uhr, 14.10.2022

DEUTSCHE BANK: Warum kommt die Aktie nicht in die Gänge?

Der seit 2019 laufende Restrukturierungskurs trägt Früchte. Das Institut lieferte im Frühjahr starke Zahlen ab und auch für das Q3 erhoffen sich die Analysten einiges. Doch der Kurs läuft unter ferner liefen, sogar im Vergleich zur deutschen Konkurrenz. Wo sind die Bremsfaktoren und gibt es Hoffnung für die Investoren?

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Brechen wir einmal eine Lanze für die so oft gescholtene Deutsche Bank. Zugegeben: Die Deutsche-Bank-Aktie liegt seit Jahresbeginn mit knapp 22 Prozent im Minus, wo doch die Konkurrenz in Form der Commerzbank (14,5 Prozent im Plus) zeigt, dass dies auch anders geht. Woran das liegen mag? Möglicherweise steht das größte deutsche Bankhaus mehr im Sturm, was die übergeordneten Brandherde angeht, wie den Ukraine-Krieg, die Inflation oder die absehbare Rezession. Da ist der Abschlag nachvollziehbar.

Doch das Geldhaus hat auch eigene Baustellen. Da wären zunächst die hohen Kosten. Die Kosten für 2022 sollen laut Analysten um 2,1 Mrd. Euro höher ausfallen als geplant. Der Konsens für die Kosten des laufenden Jahres liegt bei 19,8 Mrd. Euro. Zudem ist der Puffer zwischen tatsächlicher Kernkapitalquote von zuletzt 13,0 Prozent und den aufsichtsrechtlichen Vorgaben von 10,4 Prozent vergleichsweise gering. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Bank das Versprechen von CEO Christian Sewing aus dem März erfüllen kann: nämlich den Aktionären über Aktienrückkäufe und Dividenden insgesamt 8 Mrd. Euro zukommen zu lassen - und das zwischen 2022 und 2025. In diesem Jahr gab es Ausschüttungen und Rückkäufe in Höhe von 700 Mrd. Euro. Da klafft noch eine große Lücke. Ein weiterer Hemmschuh: Die Auflösung der hauseigenen Bad Bank „Capital Release Unit“ ist nicht absehbar. Zuletzt musste die Deutsche Bank für die Einheit noch 2,9 Mrd. Euro Eigenkapital vorhalten. Laut Konsens wird sie in diesem Jahr einen Verlust von 1 Mrd. Euro verzeichnen. Die Fehler der Vergangenheit gehören noch zur Gegenwart und Zukunft.

Die seit 2019 laufende Restrukturierung trägt freilich Früchte. Die Ratingagentur Moody’s hat nun die Fortschritte gewürdigt und die Bonitätsnote um eine Stufe erhöht. Sämtliche Langfrist-Ratings der Deutschen Bank bewertet Moody’s jetzt mit „A1“ nach zuvor „A2“, inkl. stabilen Ausblicks. Damit liegt das Rating des Instituts jetzt auf der höchsten Stufe einer „guten bis befriedigenden Bonität“. Als Hauptgründe für die Neubewertung nannten die Analysten die Stabilisierung der verbesserten, aber immer noch moderaten Erträge der Kernbank sowie den spürbaren Rückgang der Kosten. Beides werde die Bank in Zeiten höherer Inflation operativ besser dastehen lassen. Dank der jüngsten Zinserhöhungen sei nicht zuletzt mit einer Ertragsverbesserung im Kreditgeschäft mit Privat- und Firmenkunden zu rechnen.

Laut Analystenkonsens wird die Bank in diesem Jahr Erträge von 26,7 Mrd. Euro erwirtschaften. Das wären 2,7 Mrd. Euro mehr als 2020. Beim Gewinn je Aktie rechnet der Markt mit einem deutlichen Anstieg auf 1,67 Euro. Geht dies alles aus, steigert die Bank die Erträge schneller als die Kosten, was auch das Ziel von 8 Prozent Eigenkapitalrendite erreichbar erscheinen ließe.

Im zweiten Quartal konnte der bereinigte operative Vorsteuergewinn (EBT) um 33 Prozent auf 1,5 Mrd. Euro verbessert werden, womit man das beste Quartalsergebnis seit 2011 erreicht wurde. Auch unter dem Strich kam es zu einem deutlichen Gewinnplus. So erzielte die Bank beim bereinigten Nachsteuergewinn nach Minderheiten mit 1,05 Mrd. Euro (Vorjahreszeitraum: 692 Mio. Euro) ein deutlich besseres Ergebnis, als von Analysten erwartet (Konsens: 788 Mio. Euro).

Fazit: Sollte die Deutsche Bank im dritten Quartal (Zahlenvorlage am 26. Oktober) starke Zahlen abliefern, könnte dies den Aktienkurs deutlich pushen. Der Kostendruck und die Marktvolatilität bleiben aber Bremsfaktoren.

Deutsche Bank AG
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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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