Kommentar
08:25 Uhr, 22.04.2015

Rubel: Jetzt auf einmal zu stark?

Noch vor wenigen Wochen hieß es, der Rubel sei zu schwach. Jetzt ist er auf einmal zu stark. Die Notenbank reagiert.

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Es ist schon eine besondere Absurdität, die sich gerade bietet. Im Dezember 2014 verlor der Rubel gegenüber dem USD an zwei aufeinanderfolgenden Tagen über 10%. Die Tagesspanne am 16.12. betrug sogar 35%. Das war blanke Panik. Zeitweise kostete ein Dollar knapp 80 Rubel. Ein halbes Jahr zuvor waren es weniger als die Hälfte.

Die starke Abwertung hatte zwei Gründe. Einerseits gab der Ölpreis immer weiter nach, andererseits schien es als würde die Ukrainekrise endgültig eskalieren. In den Wochen vor diesem Showdown hatte die russische Zentralbank auf dem Devisenmarkt interveniert, um die Währung zu stützen. Im Dezember gab sie ihr Ziel endgültig auf. Wie sich nun herausstellt, war das der absolut richtige Schritt.

Der kollabierende Rubel hat Importe teurer gemacht. Die Inflation stieg auf zuletzt 17%. Die Notenbank hätte vermutlich mehr tun können, um den Rubel zu stützen, hätte aber einen Großteil der Devisenreserven dafür aufbringen müssen. Wegen der Stützungskäufe sanken die Reserven in großen Milliardenschritten. Insgesamt verbrauchte die Notenbank so über 20% der verfügbaren Reserven. Auf Dauer ist das nicht durchzuhalten und letztlich helfen Interventionen auch nur bedingt. Der Glaube an Zentralbanken ist zwar gerade in den USA und Europa groß, aber wenn es hart auf hart kommt, dann hat der Markt bisher immer noch gewonnen. Es heißt zwar "Don't fight the fed" oder generell, man soll sich nicht gegen Zentralbanken stellen, aber das gilt wirklich nur in sehr wenigen Fällen. Die EZB, die Bank of Japan und die Fed sind gerüstet, um fast jeden Kampf mit dem Markt zu gewinnen, die meisten anderen Notenbanken sind es nicht. Das hat man unter anderem zu Jahresanfang an der Schweizer Notenbank erleben können.

Die russische Notenbank hatte die Weitsicht, nicht weiter einen Kampf zu führen, den sie ohnehin nicht gewinnen kann. Die Entscheidung war richtig. Die Lage hat sich auch so wieder beruhigt. Jetzt setzt die Notenbank sogar Mittel ein, um den Rubel wieder zu schwächen. Sie hob den Zinssatz für Fremdwährungskredite an. Banken hatten die niedrigen Zinsen für Dollar genutzt, um sich bei der Zentralbank Dollar zu besorgen. Diese wurden dann in Rubel getauscht und in Staatsanleihen gesteckt. Anfang des Jahres lag die Rendite für russische Staatsanleihen für 10 Jahre Laufzeit bei knapp 20%. Banken kauften diese Anleihen massenweise auf. Die Rendite sank auf zuletzt gut 10%.

Banken taten dies aus zwei Gründen. Sie konnten Dollar zu einem sehr guten Kurs in Rubel tauschen. Bei Rückzahlung der Kredite an die Notenbank in der Zukunft (mehrere Monate bis ein Jahr) hätten sie dann höchstwahrscheinlich billiger Dollar zurückkaufen können. Es war also eine Währungsspekulation. Hinzu konnten Banken inzwischen enorme Gewinne mit den Staatsanleihen generieren. Deren Kurse sind um 25 bis 40% seit Jahresbeginn gestiegen.

Durch diese Entwicklung unterstützt gewann der Rubel in den vergangenen zwei Monaten fast 30%. Das wiederum ist für die Regierung ein Problem. Der schwache Rubel glich den Preisverfall bei Öl aus. Die Grafik zeigt die Einnahmen aus Ölexporten in Dollar und in Rubel. Würde der Rubel nun weiter an Wert gewinnen, dann würden wichtige Einnahmen fehlen. Es ist daher im Interesse vieler Beteiligten den Rubel nicht zu schnell wieder aufwerten zu lassen. Um das zu gewährleisten muss die Notenbank den extrem lukrativen Dollar Carrytrade unattraktiver machen. Das hat sie nun getan. Der Rubel hat seit den Maßnahmen wieder 7% verloren.

Die aktuelle USD/RUB Rallye kann eine gute Einstiegschance darstellen. Vergangene Woche wurde schon ein kurzer USD/RUB Short Trade gemacht (auf meinem Guidants Stream), der relativ schnell einen guten Gewinn brachte. Eine zweiter Trade könnte sich bereits bis Ende April noch einmal anbieten.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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