Kommentar
21:02 Uhr, 29.08.2014

Russland: Verliert Putin die Kontrolle?

Seit der letzten Eskalation im Ukrainekonflikt ist viel passiert. Erst wurde deeskaliert, die Märkte stiegen deutlich an. Dann gab es eine Friedenskonferenz bei der Putin den Friedensplan verbal unterstütze. Und nun, kaum da die Worte über den Friedensplan verhallt sind, spricht man von einer Invasion der Russen.

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Die Lage war unübersichtlich und ist nun noch unübersichtlicher geworden. Dass einzelne russische Soldaten mit die Separatisten unterstützten, war ein offenes Geheimnis. Bei 1.000 Soldaten muss man schon kritisch hinterfragen, ob es sich dabei nur noch um Soldaten "im Urlaub" handelt. Soldaten hatten sich teils beurlauben lassen und gingen dann in die Ukraine, um auf Seiten der Separatisten zu kämpfen.
Grundsätzlich ist ein solches Vorgehen nicht unbekannt. In so ziemlich jedem Konflikt auf der Welt gibt es Menschen, die meinen, unbedingt mitkämpfen zu müssen. Das war beim arabischen Frühling so. Das ist in Syrien immer noch der Fall. Auch in den Gazakonflikten ist das nicht ungewöhnlich. Zwischen ein paar Dutzend Personen und 1.000 oder sogar mehreren tausend ist dann aber doch ein gewaltiger Unterschied.

Dass Russland mit den Separatisten grundsätzlich sympathisiert ist nicht neu. Die Sympathie hatte vor Monaten zur Annexion der Krim geführt. Die Ostukraine ist allerdings nicht die Krim, zumindest wurde es lange Zeit so dargestellt. Inzwischen kann man sich da ganz und gar nicht mehr sicher sein. Öffentlich wird zwar nach wie vor bekundet, man sei an einer Lösung interessiert, die nicht die Annexion der Ostukraine beinhaltet, aber die Handlungen sprechen eine andere Sprache. Entweder ist das Absicht oder Moskau hat die Lage nicht unter Kontrolle. Letzteres erscheint vielleicht unwahrscheinlich, ausschließen kann man es nicht. Westlichen Medien ist es allerdings angenehmer davon auszugehen, dass Politiker öffentlich das beteuern, was der Westen hören will, um Zeit zu gewinnen, gleichzeitig aber Truppen in die Region schicken.

Was in diesem Konflikt wahr ist und was nicht kann man als Außenstehender kaum beurteilen. Die Medien sind auf beiden Seiten sehr voreingenommen. Der tatsächliche Informationsgehalt von Nachrichten ist sehr gering.
Nachdem sich die Lage nun einfach nicht langfristig entspannt, wird es so langsam ernst. Die EU und die USA haben einen Großteil ihrer symbolischen Sanktionsmechanismen ausgeschöpft. Wollten westliche Politiker mehr Druck ausüben, dann müssten sie sich an Sanktionen heranmachen, die für beide Seiten schmerzhaft wären. Harte Wirtschaftssanktionen träfen die russische Wirtschaft stark. Nicht weniger hart wäre die EU von höheren Gaspreisen getroffen.

Die Börse scheint sich nach und nach an die Eskalationen und Deeskalationen zu gewöhnen. Der Markt schlägt sich in Europa und den USA überraschend gut. Das kann man von den russischen Märkten nicht behaupten. Aktien geben wieder deutlicher nach. Noch viel schlimmer sieht es hingegen beim Rubel aus. Das letzte Hoch wurde gerissen. Dieses Hoch war zudem noch das mehrjährige Hoch des USD gegenüber dem Rubel aus 2008. Der Trend könnte sich nun noch einmal beschleunigen. Mitte August, als sich eine Entspannung wieder andeutete, hatte ich einen USD/RUB short Trade versucht. Dieser wurde beim bisherigen Hoch ausgestoppt (Kaufmeldung hier). Die Position war ziemlich klein und für die knapp drei Wochen gab es noch üppige Zinsen. Der Übernachtzinssatz in Russland steht bei 8%. Da kommt bei 5.000 USD auch in einigen Wochen ein bisschen was zusammen.

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Obwohl der Rubel deutlich fällt ist der Übernachtsatz noch nicht auf das Niveau der letzten Eskalation angestiegen. Damals lag er bei knapp 9%. Im Moment liegt er bei gut 8%. Zumindest unter russischen Banken zeigt sich eine gewisse Entspanntheit. Wie lange die anhält, sei dahingestellt. In den kommenden Wochen wird es in diesem Konflikt wahrscheinlich so weitergehen wie bisher, sprich, am einen Tag eskaliertes, am nächsten entspannt es sich wieder. Ich sehe daher aktuell noch nicht wieder ein interessantes Einstiegsniveau bei russischen Aktien oder dem Rubel. Hier heißt es jetzt erst einmal abwarten.

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2 Kommentare

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  • TheKingOfUm
    TheKingOfUm

    Putin hat ganz sicherlich nicht die Kontrolle verloren. Man muss halt nur unterscheiden zwischen dem was er sagt, und dem was er macht.

    Für Putin ist der Krieg in der Ostukraine ein Schachspiel (mit den Separatisten als Bauern). Ein guter Schachspieler täuscht seinen Gegner, deutet das eine an und macht dann das andere, stellt Fallen, opfert auch mal ein paar Figuren, wenn es ihm dient.

    Und wenn man sich die Nachrichten anschaut, hat man das Gefühl, dass hier ein Großmeister (Putin) gegen einen Schüler-Schachklub (die westlichen Politiker) antritt.

    08:00 Uhr, 01.09.2014
  • dandy
    dandy

    ​UKRAINE / KRIM / KRISE

    .........................................

    das vorgehen Putins ist durchaus logisch und strategisch

    nachvollziehbar.

    die Krim - erst 1954 an die Ukraine abgetreten - ist für die

    Russen nur aus dem Seewege erreichbar. dieser ist im

    Winter zt. vereist.

    deshalb benötigt er eine Landverbindung im Südosten der

    Ukraine, also das gebiet der zzt. umkämpften russischen

    Minderheit.

    weitere Argumente sind zu starke Westbindung - EU bzw.

    NATO - wie in polen und in den baltischen Staaten gesche-

    hen.

    ..

    der westen steht vor den Scherben verfehlter erweiterungs-

    Politik und jetzt noch einer sinnlosen sanktionsspirale, die

    vertrauen und die eigene Wirtschaftskraft beeinträchtigen.

    ..

    dem Anleger bieten sich aber Kaufgelegenheiten...

    so ist die GAZPROM sehr günstig zu haben..........

    ..

    ps.

    Marktwirtschaft nach Art der Ukraine

    ..

    seit ca. 4 Jahren hat die Ukraine die Gaslieferungen von Gazprom

    nicht mehr beglichen und inzwischen ca. € 3.2 mrd. schulden..!!!!

    gegenüber Rußland, das die Lieferungen inzwischen eingestellt

    hat.

    der Vertragsbruch und die neuen preise werden zzt. in Stockholm

    vor Gericht verhandelt

    10:03 Uhr, 30.08.2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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