Kommentar
08:38 Uhr, 12.08.2016

Rohstoffe: Achten Sie auf die zweite Jahreshälfte!

Rohstoffaktien halten sich wacker, obwohl die Preise der meisten Rohstoffe wieder auf Talfahrt gehen. Kommt ein böses Erwachen?

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Anleger können seit den Tiefs im Januar/Februar gar nicht genug von Rohstoffen bekommen. Das gilt sowohl für die Aktien von Rohstoffproduzenten als auch für Rohstoffe selbst. Grafik 1 zeigt die Assets under Management (AUM) in ETFs, Rohstoffindizes und ähnlichen Produkten (z.B. Exchange Traded Commodities). Das Hoch des Anlegerinteresses ist noch gar nicht so lange her. Im Jahr 2012 lagen die AUM bei gut 400 Mrd. Dollar.


Der starke Rückgang der AUM seit 2013 ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Einerseits zogen Anleger ihr Geld aus Anlageprodukten ab, andererseits verringerte sich auch der Wert des vorhandenen Kapitals durch den Preisrückgang der Rohstoffe. Der Trend fand seinen Höhepunkt zum Jahreswechsel 2015/2016, als die AUM unter die Marke von 200 Mrd. rutschten.

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Das erste Halbjahr 2016 war eines der besten der Geschichte, wenn es um Mittelzuflüsse geht. Barclays schätzt, das ungefähr 50 Mrd. an neuem Geld in den Sektor geflossen sind. Inklusive der Preissteigerungen stiegen die AUM um knapp 100 Mrd. Das bleibt unter dem Zuwachs direkt nach der Finanzkrise zurück. Das liegt vor allem daran, dass der Preisrebound bei Rohstoffen im Jahr 2009 und 2010 noch sehr viel stärker ausgeprägt war als der Rebound von Februar bis Mai.

Der Ölpreis konnte sich innerhalb weniger Monate fast verdoppeln. Das täuscht über die Entwicklung bei den übrigen Rohstoffen hinweg. Der Kupferpreis oszilliert noch immer in der Nähe seiner Mehrjahrestiefs.

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Aus saisonaler Sicht beginnen nun schwierige Monate. In einem durchschnittlichen Jahr tendieren Rohstoffpreise in der ersten Jahreshälfte zu einer besseren Performance als in der zweiten. Die Durchschnittsperformance der einzelnen Monate seit 1980 ist in Grafik 2 dargestellt.


Die Saisonalität hat teilweise recht offensichtliche Gründe. Bei landwirtschaftlichen Produkten wie Mais oder Weizen steigen die Preise vor der Ernte. Ist die Ernte im Rahmen der Erwartungen oder besser, dann fallen die Preise deutlich. Wenn es nicht zu großen Ernteausfällen kommt, z.B. durch Trockenheit, dann hält das saisonale Muster sehr gut. Ausnahmen nach Dürren usw. kommen vor, doch sie sind im Vergleich zum Durchschnittsverlauf selten.

Beim Ölpreis lässt sich die Saisonalität ebenfalls gut begründen. Der Preis steigt im Frühjahr und Sommer, weil in diesen Jahreszeiten mehr Öl verbraucht wird (Reisesaison usw.). Bei Erdgas verhält es sich oftmals umgekehrt. Es gibt einen kleinen Anstieg im Sommer, wenn mehr Energie wegen überdurchschnittlicher Hitze gebraucht wird. Viele Kraftwerke in den USA erzeugen Strom durch Gasverbrennung. Die Nachfrage nach Strom steigt in heißen Sommern wegen des hohen Kühlbedarfs.

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Die beste Performance kann Erdgas im Winter vorweisen. Hier ist der Rohstoff noch wichtiger als im Sommer. In diesem Fall wird er nicht für die Stromerzeugung zur Kühlung eingesetzt, sondern zur Wärmeerzeugung.

Die Saisonalität bezieht sich auf Durchschnittsjahre. Weder 2015 noch 2016 sind nun gerade als Durchschnittsjahre zu bezeichnen, doch selbst in ungewöhnlichen Zeiten zeigt sich normalerweise eine saisonale Preistendenz.
Das zweite Halbjahr wird für Anleger definitiv nicht leichter als das erste. Einerseits dürften es Rohstoffpreise schwer haben weiter zu steigen; andererseits sind viele Rohstoffaktien im vergangenen halben Jahr so gut gelaufen, dass sie inzwischen deutlich überbewertet sind.

Rohstoffriesen wie Rio Tinto und BHP Billiton stimmen ihre Investoren auf noch schwierigere Zeiten ein. Den Aktienkursen hat das kaum geschadet. Die fundamentale Lage der Unternehmen und die Anlegererwartung driften derzeit immer weiter auseinander. Früher oder später korrigiert sich das zwangsläufig wieder.

Rio Tinto PLC
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Panikartige Verkäufe von Aktien des Sektors wie Anfang 2016 sehe ich nicht. Das schlimmste sollte sowohl bei den Rohstoffpreisen als auch bei den Aktien hinter uns liegen. Einen weiteren Durchmarsch nach oben ohne Korrektur erwarte ich allerdings nicht.

Aktuell klammert sich der Markt vor allem wieder an Hoffnungen, dass die OPEC doch noch eine Fördergrenze einführt. Saudi-Arabien hat diesbezüglich Andeutungen gemacht. Das Thema soll auf die Agenda der nächsten Sitzung. Entsprechend zogen die Ölpreise heute kräftig an.

Saudi-Arabien stützt damit den Ölpreis etwas, nachdem dieser zuletzt wieder unter Druck geriet. Die Internationale Energieagentur hatte in dieser Woche ihre Prognose für die Ölnachfrage im kommenden Jahr nach unten revidiert. Zudem lasten die fast bis zur Kapazitätsgrenze gefüllten Öllager den Preis. Will die OPEC Preise unter 40 Dollar verhindern, dann muss sie dieses Mal wirklich liefern. Wie wahrscheinlich das ist wissen wir aus der Erfahrung der letzten anderthalb Jahre.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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