Kommentar
07:10 Uhr, 03.08.2016

ÖL - Ist die Lage jetzt schlimmer als 2015?

Der Ölmarkt befindet sich aktuell in einer schlechteren Lage als 2015. Anleger kümmert das wenig. Kann das gutgehen?

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  • WTI Öl
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    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)

Der Ölmarkt ist heute in einer schwierigeren Lage als im vergangenen Jahr

Man kann sogar sagen, dass die Lage seit Beginn des Ölpreiscrashs noch nie so schwierig war wie jetzt. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Einerseits gibt es die offensichtlichen Probleme, andererseits kommen nun die Nachwirkungen und Sekundäreffekte mehr und mehr zum Vorschein.

Zu den offensichtlichen Problemen gehört der nach wie vor niedrige Ölpreis. Nach einer sensationellen Rally bis Ende Mai haben die Preise inzwischen wieder deutlich nachgegeben. Das ist für alle Ölförderer ein Problem. Kaum ein Unternehmen, welches ausschließlich in der Förderung tätig ist, verdient mit der Förderung noch Geld. Das gilt insbesondere für die meisten westlichen Unternehmen, die eine höhere Kostenbasis haben als etwa die meisten OPEC Länder.

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    JFD Brokers

Margen im Raffineriegeschäft brechen ein

Die Kosten der Förderung von Schieferöl und Öl aus Ölsanden sind vergleichsweise hoch. Bei einem Preis von mehr als 50 Dollar kann Geld verdient werden, doch davon ist der Preis wieder ein ganzes Stück entfernt.

Viele größere integrierte Unternehmen hatten im Gegensatz zu den reinen Ölförderern einen Rettungsanker: die Ölverarbeitung. Unternehmen konnten günstig Rohöl einkaufen, es z.B. in Benzin umwandeln und auf die Ölprodukte höhere Margen erzielen. Ein Großteil des Gewinns der Unternehmen wie Exxon und Shell stammte aus dem Raffineriegeschäft.

Nun sind die Margen gerade in diesem Geschäft massiv gesunken. Verdiente Exxon mit der Ölverarbeitung im ersten Halbjahr 2015 noch 979 Mio. Dollar, waren es in diesem Jahr nur noch 599 Mio. Der Verlust in der Ölförderung dehnte sich hingegen weiter aus, von 99 Mio. auf 1,35 Mrd.

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Die sinkenden Margen auf Ölprodukte sind vor allem damit zu erklären, dass jeder, der Öl verarbeiten konnte, dies mit größtmöglicher Kapazität getan hat. Nun sind nicht nur die Rohöllager voll, sondern auch die Lager für Ölprodukte wie Benzin. Wegen des Überangebots an Ölprodukten werden Raffinerien in den kommenden Quartalen weniger Rohöl nachfragen. Das wiederum führt dazu, dass das Überangebot an Rohöl wieder zunehmen wird.

Anleger lässt die angespannte Lage größtenteils kalt - noch!

Es gibt eine zunehmende Divergenz zwischen dem Ölpreis und Risikoanlagen wie Anleihen und Aktien. Grafik 1 zeigt den Vergleich der Renditen von Hochzinsanleihen und dem Ölpreis. Fällt der Ölpreis, dann steigen die Renditen. In der Grafik sind die Renditen invertiert dargestellt, sodass sich der Zusammenhang besser erkennen lässt.

Der Zusammenhang von Renditen und Ölpreis ist ein sehr alter. Er existiert im Prinzip, seit es Daten gibt. Das liegt daran, dass Öl- und andere Rohstoffunternehmen einen großen Teil des Hochzinsmarktes ausmachen.
Es sind nicht nur die Renditen, die aktuell keinen Stress des Marktes anzeigen. Auch Aktienkurse halten sich überraschend gut. Grafik 2 zeigt den Ölpreis, die Renditen und den VanEck Unconventional Oil & Gas ETF. Obwohl der Ölpreis nun seit zwei Monaten fällt, kam es zu keiner Korrektur auf dem Aktienmarkt – und das gerade in dem Segment (Fracking, Ölsande), welches am stärksten von sinkenden Ölpreisen betroffen ist.

Divergenzen lösen sich früher oder später auf

Derzeit sieht es so aus, als würde sich die Divergenz zugunsten der Aktienkurse auflösen. Aktien würden nicht korrigieren, sondern vielmehr weiter steigen. Das deutet auf mittelfristig wieder steigende Ölpreise hin.

Die laufende Korrektur des Ölpreises könnte bereits wieder in ihrem Endstadium sein. Das ist natürlich nicht gesichert. Fällt der Ölpreis weiter und wieder deutlich unter die Marke von 40 Dollar, kann das den Aktienmarkt einholen. Aktuell hält sich der Schaden für den Aktienmarkt aufgrund der sinkenden Ölpreise noch stark in Grenzen.

Die Ölpreiskorrektur hat es erst jetzt - zwei Monate nach Beginn - in die breite, mediale Diskussion geschafft. Der Markt selbst bleibt trotzdem gelassen. Obwohl also die Lage düsterer ist als zuletzt, muss das nicht zwangsläufig zu einem Absturz der Aktienkurse führen. Anleger haben sich anscheinend mit dem Umfeld angefreundet und fokussieren sich auf die langfristige Entwicklung und nicht so sehr auf die Preisbewegung einiger Wochen.

Ich bleibe bei meiner Einschätzung, dass es zu keiner Wiederholung der Panik zu Jahresbeginn kommt. Ganz spurlos werden die sinkenden Ölpreise jedoch nicht am Markt vorbeigehen. Die enttäuschenden Quartalszahlen von US-Ölriesen schlagen sich in den Kursen nieder. Kurz gesagt: auch eine kleine Korrektur muss man sich einstellen. Mittelfristig dürften Ölwerte ihren Erholungskurs jedoch fortsetzen. Zudem würde es mich nicht wundern, wenn sich die Korrektur des Ölpreises schon wieder in den letzten Zügen befände.

Clemens Schmale

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13 Kommentare

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  • FidelsGastklo
    FidelsGastklo

    Bisher sieht doch alles nach einer normalen Korrektur aus( Wochenchart)...aber viel Platz ist nicht mehr. 35-33 Doller war der Ausbruch und sowas wird immer wieder getestet.

    Aber so ist das: Wird der Untergang ausgerufen wird es Zeit zu Investieren:D

    12:42 Uhr, 03.08. 2016
  • sewiet13
    sewiet13

    Warum kommen erst jetzt wieder solche Meldungen. Die letzten Wochen habt ihr doch die andere bullische Seite des Öls mitgetragen. Es bestand kein Grund für die zwischenzeitlich mit 50$+ gehandelten Preise!

    12:06 Uhr, 03.08. 2016
  • Maximum
    Maximum

    lieber herr schmale ,

    die Banken haben vor dem Brexit die Kreditbedingungen für Senior Notes bei Ölgesellschaften verschärft . Sollte sich der Ölpreis zwischen 30-50 USD festsetzen
    wird es zu Pleiten kommen . Mit dem Gedanken das bei Hochzinsanleihen nix passieren könnte würde ich mal nicht so stehen lassen . ÖL ist nicht die einzige Baustelle für die Indices und Bondmärkte

    10:45 Uhr, 03.08. 2016
  • 2 Antworten anzeigen
  • Unbedingt
    Unbedingt

    Die interessanteste Frage wäre doch, ob die weltweite Ölnachfrage noch zunimmt oder ob technologisch oder philosophisch ein Punkt erreicht ist, wo Produkte aus Erdöl einfach nicht mehr als zeitgemäß empfunden werden. Jedenfalls nicht mehr so selbstverständlich wie früher.

    09:08 Uhr, 03.08. 2016
    1 Antwort anzeigen
  • bembes
    bembes

    Lieber Herr Schmale,

    wenn die Korrektur der Ölpreise sind bereits jetzt dem Ende nähert, warum der ganze Aufstand. Freuen wir uns vorrübergehend auf billigere Öl- und Heizölpreise. Den Rest richtet sowieso Super-Mario und seine Handlanger.

    Der Staat macht 2 Mrd. Zinsgewinn und die Bürger verlieren 50 Mrd. Zinserträge. Davon die Steuern und Super-Schäuble hätte mehr davon als von der Zinsersprarnis.

    Alles eine Frage des "Rechnens"............aber davon verstehen sehr wenige etwas, denn dies wird in der Presse nicht geschrieben, dass der Staat Zinsen spart. Es geht jedoch die Einkommensteuer für die Zinserträge der Bürger (welche nicht entsteht ) verloren !!!!

    07:32 Uhr, 03.08. 2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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