Kommentar
13:04 Uhr, 25.04.2019

Kann uns nur noch ein Wunder retten?

Ein Geldexperiment, das vor 86 Jahren trotz seines durchschlagenden Erfolgs verboten wurde, kann auch heute wichtige Denkanstöße liefern...

In einer Welt niedrigster Zinsen und immer weiter ansteigender Schulden spricht sich allmählich herum, dass es so nicht weitergehen kann. Wenn global betrachtet immer höhere Schulden immer weniger Wirkung erzielen, ist es höchste Zeit, über Alternativen nachzudenken. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Entwicklungen unumkehrbar und die daraus resultierenden Folgen katastrophal werden.

Niemand weiß heute, ob dieser Punkt nicht schon längst überschritten wurde. Die fortgesetzte Strategie der Notenbanken, die Probleme mit immer mehr Geld zuzukleistern, lassen nichts Gutes erwarten. Ernst Wolff ("Weltmacht IWF") stellt dazu im folgenden schon etwas älteren Beitrag fest:

"Egal, wie man es dreht und wendet: Das gegenwärtige Finanzsystem befindet sich in einer ausweglosen Lage". Zu erwarten seien nach Wolffs Ansicht entweder ein Platzen der Blasen oder ein Zusammenbruch der Schuldenberge. Beide Varianten würden zu Massenarbeitslosigkeit, dem Bankrott vieler mittelständischer Unternehmen und zu drastischen Einschnitten bei Sozialleistungen und Renten führen.

Doch wie eine Lösung des aktuellen Geldproblems aussehen könnte, ist bislang vollkommen ungewiss. Genauso ungewiss, wie die Frage, ob die Menschen heute überhaupt bereit sind, neue Wege zu gehen. Oder werden sie erst dann über Alternativen nachdenken, wenn der Schmerz unerträglich geworden ist?

Am Dienstagabend wurde zu diesen Themen im Bayerischen Fernsehen zu nachtschlafender Stunde ein Historiendrama erstaufgeführt, das nicht nur Anleger gesehen haben sollten:

„Das Wunder von Wörgl“…

Darum geht es:

Im Jahr 1932 wird der Lokführer Michael Unterguggenberger per Los zum Bürgermeister der Tiroler Gemeinde Wörgl bestimmt – auch weil in diesen enorm schwierigen Zeiten niemand sonst dieses Amt übernehmen will:

Wie so viele Gemeinden der damaligen Zeit steht auch Wörgl inmitten der Depression der 1930er Jahre vor dem Bankrott. Die Politik weiß keinen anderen Ausweg als Sparen. Doch damit wird die Situation immer weiter verschlimmert. Massenarbeitslosigkeit greift um sich - und als Folge davon der Faschismus.

In dieser Situation entscheidet der findige Wörgler Bürgermeister, etwas völlig Neues zu versuchen. Und siehe da:

Mit einem historisch einzigartigen Experiment nach dem Vorbild des „Schwundgeldes“ von Silvio Gesell führt der Bürgermeister seine Gemeinde wie durch ein Wunder zu Vollbeschäftigung und Wohlstand. Der Trick: Das Wörgl-Geld wird mit einer Art „Verfallsdatum“ versehen, um es so im Umlauf zu halten. Die Sache funktioniert derart gut, dass die Kleinstadt in Tirol inmitten der Weltwirtschaftskrise aufblüht und gedeiht.

Weil sich dieser geradezu unerhörte Erfolg wie ein Lauffeuer herumspricht, stehen bald zahlreiche potentielle Nachahmer bei Unterguggenberger Schlange. Sie alle wollen ihre Gemeinden mit dem Wörgler Rezept aus der Krise führen. Doch damit wird der Erfolg der Idee gleichzeitig zu einem Problem…

Die Folge: Das Wörgler Geld wird auf Geheiß der Österreichischen Notenbank verboten - und die Gemeinde versinkt wieder in der Depression...

Was passiert heute?

Das Frappierende an der Geschichte: Heute erschaffen die Zentralbanken über Inflationierung und Negativzinsen ebenfalls eine Art „Schwundgeld“, und berufen sich dabei auf ihr Banknotenmonopol. Was im Fall des Wörgler Geldexperiments als „kriminell“ gebrandmarkt wurde, neben der Unterwanderung dieses Monopols durch die Gemeinde Wörgl, das ist heute Teil der offiziellen Zentralbankpolitik: Die laufende Entwertung des Geldes. Das „Wunder von Wörgl“ kann daher auch heute wichtige Denkanstöße geben…

Lassen Sie sich daher den äußerst sehenswerten Beitrag des Bayerischen Fernsehens nicht entgehen. Interessenten sollten sich jedoch beeilen: Die Dokumentation ist in der BR-Mediathek nur noch bis kommenden Dienstag, 30. April 2019, abrufbar.

Ebenso sehenswert ist die darauf aufbauende Dokumentation mit dem Titel: „Der Geldmacher“..

Zwei Schlüsse lassen sich aus beiden Beiträgen ziehen, die auch heute aufhorchen lassen können:

1. Das Wörgler Geldexperiment wurde im Jahr 1933 von Politik und Zentralbank zu einem Zeitpunkt abgebrochen, da es zu einer Bedrohung für das bestehende zinsbasierte Schuldgeldsystem wurde.

2. Kritiker der bestehenden Geldordnung wurden seinerzeit kaltgestellt, mundtot gemacht, oder, wie im Fall des Wörgler Bürgermeisters, mit einem lebenslangen Berufsverbot belegt…

Wie also könnte ein "Wunder" aussehen, das uns heute vor dem absehbar heraufziehenden Gelddesaster retten könnte?

Wünschenswert wäre, dass die Menschen aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben, und dass sie alternative Geldmodelle, sei es ein Naturgeldsystem, einen Wettbewerb unterschiedlicher Geldalternativen nach den Vorstellungen der Österreichischen Schule oder irgendein anderes Geldkonzept wohlwollend und im Sinne aller Menschen prüfen und womöglich in die Realität umsetzen, anstatt es in Bausch und Bogen zu verdammen und zu kriminalisieren…

Dabei kann man uns allen nur Weitblick, Umsicht und viel Erfolg wünschen…

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Zum Autor:

Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG. Weitere Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de