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13:55 Uhr, 27.06.2023

Industriemetalle: Das Russland-Risiko

Die Analysten der Commerzbank werfen in der heutigen Ausgabe von „Rohstoffe Aktuell“ einen Blick auf die Implikationen des innerrussischen Konflikts für die Rohstoffmärkte.

Auf den ersten Blick scheint der innenpolitische Konflikt in Russland keine tiefen Spuren an den Rohstoffmärkten hinterlassen zu haben. Nachdem etwa der Preis von Öl, dem wichtigsten Exportgut Russlands, gestern nach dem gescheiterten Aufstand der Wagner-Gruppe zunächst zulegen konnten, folgte ein richtungsloses Auf und Ab. Am Ende stand aber immerhin ein kleines Plus zu Buche, wie die Analysten der Commerzbank in der heutigen Ausgabe von „Rohstoffe Aktuell“ schreiben.

Gleichzeitig hätten die Ereignisse vom Wochenende durchaus aufgezeigt, dass die aktuelle Regierung unter Präsident Putin nicht so fest im Sattel sitze wie zuvor vermutlich von vielen angenommen. Was die ultimativen Implikationen seien, sei jedoch schwer abschätzbar. Denn ob beispielsweise ein Machtwechsel in Moskau automatisch mit einem Ende des Ukraine-Krieges und damit mit einem Ende der Sanktionen gegen Russland einhergehen würde, sei keinesfalls sicher, heißt es weiter.

„Immerhin könnte - auch das haben die Entwicklungen am Wochenende wohl gezeigt - eine neue Regierung sogar noch radikalere Züge tragen. Es gibt zudem sogar Stimmen, die sagen, dass die Sanktionen gegen Russland kurzfristig verschärft werden könnten, um den Druck auf die Regierung, die bereits geschwächt scheint, nochmals zu erhöhen. Vor diesem Hintergrund blicken wir erneut auf die Risiken, die eine potenzielle Eskalation des Konflikts Russlands mit der Ukraine und den G7/EU-Ländern für die Rohstoffmärkte mit sich bringen würde“, so die Commerzbank-Analysten.

Man könnte einwenden, dass sich die Auswirkungen wohl in Grenzen halten würden, da die EU und G7 bereits weitreichende Sanktionen gegen den für die russische Wirtschaft wichtigsten Markt, den Energiesektor, verhängt hätten. Darunter falle ein Öl- wie auch Kohleembargo gegen Russland seitens der EU, wie auch ein Preisdeckel für den seewärtigen Transport von Öl- und Ölprodukten der G7+EU. Aber auch andere Rohstoffe unterlägen einem EU-Embargo, wie etwa Gold, Eisen, Stahl und Holz. Allerdings: Auch wenn die bereits bestehenden Sanktionen Russlands Exporteinnahmen erheblich beschnitten, gebe es durchaus noch wichtige Bereiche, die bislang nicht von Sanktionen belegt seien und die entsprechend bei einer Verschärfung des Konflikts betroffen sein könnten, heißt es weiter.

„Hier ist insbesondere der Handel von wichtigen Industriemetallen zu nennen. Die britische wie auch US-Regierung haben zwar Sanktionen gegen vereinzelte Metalle aus Russland verhängt. Die USA erheben etwa einen Strafzoll in Höhe von 200 Prozent auf russisches Aluminium und Aluminiumprodukte, die russisches Metall enthalten. Die britische Regierung untersagt derweil die Einfuhren von Aluminium, wie auch Kupfer und Nickel gänzlich. Allerdings ist Russland für beide Länder kein essenzieller Handelspartner in dem Bereich, so dass die direkten Konsequenzen überschaubar sind“, so die Commerzbank-Analysten.

Das gelte nicht für die EU. Diese habe im vergangenen Jahr Eurostat zufolge noch mehr als 40 Prozent ihrer Nickelimporte aus Russland bezogen (im ersten Quartal dieses Jahres seien es noch 33 Prozent gewesen), was darauf zurückzuführen sei, dass Russland führender Produzent des Metalls sei. Daten der Internationalen Energieagentur zufolge belege das Land Platz 3 bei der globalen Produktion. Bei Nickel der Klasse 1, welches etwa in E-Auto-Batterien Verwendung finde, sei es sogar der führende Anbieter mit einem Marktanteil von fast 20 Prozent, heißt es weiter.

„Ähnlich verhält es sich bei Palladium. Hier hat Russland sogar einen globalen Marktanteil von etwas mehr als 40 Prozent und sei damit ebenfalls Top-Anbieter des Edelmetalls. Schätzungsweise machen Palladium-Importe aus Russland 1/3 der Gesamtimporte der EU aus. Zudem ist Russland auch wichtiger Produzent von Platin, Aluminium und Kupfer, wobei die Marktanteile hier deutlich geringer sind“, so die Commerzbank-Analysten.

Die (Primär-) Aluminium- und Kupferproduktion werde jedoch von China dominiert, so dass ein Wegfall der russischen Importe wiederum die Abhängigkeit der EU von chinesischen Einfuhren erhöhe, was die Angebotsrisiken nicht gerade verringere, heißt es weiter.

„Aufgrund der hohen Abhängigkeit der EU von russischen Nickel- wie auch Palladiumimporten, ist davon auszugehen, dass sie von Sanktionen für diese beiden Güter weiterhin absehen wird. Vorstellbar wäre aber, dass Moskau seinerseits seine Ausfuhren in westliche Länder einschränkt. Dies wäre wohl auch deshalb ein wirksamer Schritt, weil es zweifellos - wie am Energiemarkt - alternative Abnehmer für beide Metalle finden würde, etwa China. Dagegen würde es für den Westen schwerer, alternative Lieferanten zu finden. So hat Südafrika als zweiter wichtiger Palladiumproduzent mit zunehmenden Problemen bei der Stromversorgung zu kämpfen“, so die Commerzbank-Analysten.