Kommentar
10:33 Uhr, 13.05.2015

GOOGLE und die Wettbewerbsfeindlichkeit

In Europa droht Google wegen wettbewerbsfeindlichem Verhalten eine Rekordstrafe von 6 Mrd. Euro. Wie wettbewerbsfeindlich Google aber wirklich ist lässt sich kaum nachweisen. Ein Unternehmen fühlt sich konkret benachteiligt, welches aktuell als heißer Übernahmekandidat gilt.

Erwähnte Instrumente

Google kann dafür sorgen, dass Unternehmen die Existenzgrundlage entzogen wird. Das geht relativ einfach und muss nicht einmal böse Absicht sein. Ein Update des Suchalgorithmus reicht da bereits. Die Internetsuche ist Googles Kernprodukt und Kernkompetenz. Hier wird nach wie vor entwickelt und geforscht. Updates lassen sich nicht vermeiden, schon allein deswegen nicht, weil sich das Internet so schnell entwickelt.

Alle ein bis zwei Jahre kommt es beim Suchalgorithmus zu relativ großen Updates. Das ist notwendig, um die Qualität von Suchergebnissen zu gewährleisten. Viele Unternehmen versuchen den Algorithmus auszutricksen, um weit oben in den Suchergebnissen zu landen. Das ist inzwischen eine eigene Industrie: Optimierung von Sucherergebnissen. Dabei landen dann nicht unbedingt die besten Ergebnisse an erster Stelle.

Vor einem Jahr hatten die Suchergebnisse ein gewisses Inhaltsproblem. Googles Update sollte das Problem beheben, indem mehr Gewicht auf Seiten gelegt wurde, die eigene Inhalte produzieren und nicht nur Inhalte kopieren. Das war ein durchaus guter Schritt. Gleichzeitig aber sorgt eine solche Veränderung dafür, dass bestimmte Unternehmen in den Suchergebnissen nur noch weit unten auftauchen. Dazu gehören viele Internetseiten, die Kunden z.B. Kundenbewertungen anbieten.

Ein solches Unternehmen ist Yelp. Yelp konzentriert sich auf das Sammeln von Bewertungen für kleine Geschäfte und Restaurants. Yelp sind die Gelben Seiten des Internets. Sie zeigen nicht nur, welche Geschäfte und Restaurants es gibt, sondern auch, wie Kunden diese Unternehmen bewerten. Für Smartphonenutzer ist das sehr praktisch. Wer schnell ein gutes Restaurant sucht wird höchstwahrscheinlich Yelp verwenden.
Yelp konnte bis vor kurzem noch sehr hohes Wachstum zeigen. Das Wachstum schwächt sich seit einigen Quartalen nun allerdings deutlich ab. Yelp selbst vermutet, dass eine Änderung des Google Suchalgorithmus dafür mit verantwortlich sein könnte. Beweisen lässt sich das nicht. Es ist nur relativ offensichtlich, dass Suchergebnisse, die auf Yelp verweisen, in letzter Zeit weiter nach unten gerutscht sind.

Hier nur an den Zufall zu glauben fällt schwer, denn Google wollte Yelp einst für 500 Mio. Dollar übernehmen. Die Gespräche scheiterten letztlich und Yelp ging seinen eigenen Weg. Es ging an die Börse und sammelte Geld für die Expansion ein. Bis 2014 funktionierte die Eigenständigkeit sehr gut. Das Wachstum war hoch und nach jahrelangen Verlusten wurden Gewinne geschrieben. Nun stockt das Wachstum und das Unternehmen rutscht wieder in die roten Zahlen. Die Konsequenz: Yelp möchte sich selbst verkaufen.

Nicht jeder Selbstverkauf gelingt, insbesondere, wenn das Unternehmen kein Schnäppchen ist. Der Aktienkurs von Yelp gab von den Hochs Anfang 2014 zwar 60%, gewann nach der Nachricht des Verkaufsversuchs allerdings gleich wieder sehr viel. Die Aktie steht trotz des Kurssprungs von ca. 30% noch immer knapp 50% unter den Hochs, doch die Bewertung ist trotzdem saftig. Yelp ist ca. 3,5 Mrd. USD wert. Diesem Wert steht ein ausgeglichenes Ergebnis gegenüber. Für 2015 wird ein Jahresgewinn von 10 Mio. erwartet. Der Umsatz dürfte weiter steigen und von knapp 400 Mio. vergangenes Jahr auf gut 500 Mio. in diesem Jahr steigen.

Mit normalen Bewertungsmethoden durchgerechnet ist Yelp extrem teuer. Das KGV ist auf Basis des Jahresgewinns 2014 bei 100. Das Preis Umsatz Verhältnis liegt bei 8 und das Preis Buchwert Verhältnis liegt bei 7. Das KGV wird sich nicht so schnell verbessern. Auf Sicht von ein bis zwei Jahren würden sich bei konstanter Bewertung immerhin die zwei anderen Kenngrößen deutlich verbessern. Es bleibt jedoch dabei: Yelp ist kein Schnäppchen. Trotzdem könnte es Kaufinteressenten geben.

Zu den Favoriten zählen Google, die Yelp schon einmal kaufen wollten. Ebenso könnten sich TripAdvisor und Priceline zu einem Angebot hinreißen lassen. Dieses müsste dann allerdings wohl bei mindestens 3,5 bis 4 Mrd. liegen. Ob die Unternehmen bereits sind diesen Preis zu zahlen darf man bezweifeln. Yelp hat natürlich einen hohen indirekten Wert. Die gesammelten Bewertungen sind wertvoll, weil sie vor allem kleine Unternehmen, Geschäfte und Restaurants bewerten. So etwas aufzubauen braucht viel Zeit. Wollte ein anderes Unternehmen diese Sammlung an Daten selbst aufbauen, würde das viele Jahre in Anspruch nehmen.

Yelp zu kaufen kann Sinn machen, wenn es sich gut in andere Services integrieren lässt. Ein weiteres Argument ist die Art des Services, den Yelp anbietet. Er ist für Smartphones optimal geeignet, denn wo sonst schaut man nach, ob das Restaurant, vor dem man steht, auch gut ist?

Yelp Inc
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Es lohnt sich, die Aktie von Yelp weiter zu beobachten. Gleichzeitig ist Yelp wieder ein Fall, der in Frage stellt, ob Google seine Marktmacht nicht missbraucht. Grundsätzlich kann man einem Unternehmen nicht vorwerfen, wenn es seine Produkte miteinander verbindet. Google bietet auch Bewertungen zu lokalen Geschäften an. Diese erscheinen für gewöhnlich in den Suchergebnissen vor den Ergebnissen von Konkurrenten. Es wäre schon sehr merkwürdig, wenn sich Google selbst benachteiligen würde und die Ergebnisse absichtlich weiter nach unten rutschen ließe.
Würde ein kleines Unternehmen eine solche Praxis haben, dann würde sich wohl niemand beklagen. Google ist nun aber nicht irgendein Unternehmen, sondern immer noch das Unternehmen, wenn es um Internetsuche geht. Wird der Algorithmus dahingehend verbessert, dass zufällig die eigenen Dienste weiter oben erscheinen, dann wirft das ein schlechtes Licht auf den Konzern. Dagegen laufen Verfahren wie jenes in der EU.
Gegen Googles Algorithmus zu bestehen ist schwierig. Änderungen können ein ganzes Geschäftsmodell hinfällig werden lassen. Darüber hatte ich bereits vor einem Jahr berichtet . Nichtsdestotrotz ist Google auch nicht an allem schuld. Yelp ist auf Smartphones relativ stark. Dort wiederum ist Google weniger dominant.

Verlangsamt sich das Wachstum, dann ist es schon fast eine Verzweiflungstat, es allein auf Google zu schieben.

Es ist unklar, wie man mit Googles Marktmacht umgehen soll. Einerseits kann man erahnen, dass einige Updates Googles Services bevorzugen. Anderseits kann man einem Unternehmen schlecht verbieten Services miteinander zu verbinden. Würde man das tun, indem Unternehmen zerschlagen werden, dann ist das ein starker Eingriff in unternehmerische Freiheit. Der Eingriff in diese Freiheit lässt sich mit dem Wohle aller rechtfertigen. Im Prinzip bedeutet der Eingriff aber, dass übermäßiger Erfolg praktisch verboten wird. Das kann auch nicht die Lösung des Problems sein. Was sich durchaus vorschreiben lässt, dass ist eine gewisse Transparenz und der Nachweis, dass Updates des Suchalgorithmus nicht zu einer gezielten Benachteiligung anderer Unternehmen wird.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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