EZB beendet Anleihenkäufe und erhöht Leitzins im Juli
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Hinweis: Updates von der Pressekonferenz mit EZB-Präsidentin Christine Lagarde finden Sie gegen Ende des Artikels.
Die Europäische Zentralbank geht angesichts der hohen Inflation wichtige Schritte in Richtung einer Normalisierung ihrer Geldpolitik. Beim Zinsentscheid am Donnerstag kündigte die EZB wie erwartet ein Ende ihrer Netto-Anleihenkäufe zum 1. Juli an. Beim nächsten Zinsentscheid am 21. Juli sollen dann die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte angehoben werden. Eine weitere Zinserhöhung solle es dann beim übernächsten Zinsentscheid September geben, heißt es im Statement zum Zinsentscheid. Nach September solle es eine schrittweise und anhaltende weitere Straffung der Geldpolitik geben.
Für die Zinserhöhung im September deutet die EZB eine Zinserhöhung um möglicherweise mehr als 0,25 Prozentpunkte an. " Die Kalibrierung dieser Zinserhöhung wird von den aktualisierten mittelfristigen Inflationsaussichten abhängen. Sollten die mittelfristigen Inflationsaussichten unverändert bleiben oder sich verschlechtern, ist bei der September-Sitzung ein größerer Zinsschritt angemessen", heißt es im Statement zum Zinsentscheid. Dies würde also eine mögliche Zinserhöhung um 0,5 Prozentpunkte im September bedeuten.
Heute wurden die Leitzinsen allerdings vorerst noch auf dem bisherigen Rekordtief belassen. Der eigentliche Leitzins, der sogenannte Hauptrefinanzierungssatz, bleibt bei 0,0 Prozent, der Einlagensatz für die Banken bei minus 0,5 Prozent. Der negative Zins bedeutet, dass die Banken derzeit noch Strafzinsen zahlen müssen, wenn sie Geld bei der EZB "parken". Diese beiden Zinssätze dürften im Juli also auf plus 0,25 Prozent (Hauptrefinanzierungszins) bzw. minus 0,25 Prozent (Einlagenzins) steigen. Der unwichtigere Spitzenrefinanzierungszins (derzeit bei plus 0,25 Prozent) dürfte auf 0,50 Prozentpunkte steigen. Auch anschließend dürften die drei Zinsesätze wohl ungefähr im Gleichschritt steigen.
Der EZB-Mitarbeiterstab hob seine Inflationsprognosen deutlich an und rechnet nun mit einer Inflationsrate von 6,8 Prozent im laufenden Jahr, 3,5 Prozent im kommenden Jahr und 2,1 Prozent im Jahr 2024. Die Wachstumsprognosen für 2022 und 2023 wurden deutlich gesenkt, hier wird jetzt ein BIP-Wachstum um 2,8 Prozent bzw. 2,1 Prozent erwartet. Für 2024 wurde die Wachstumsprognose auf 2,1 Prozent erhöht.
Ein Ende der Anleihenkäufe Anfang Juli und eine erste Zinserhöhung beim Zinsentscheid im kommenden Monat waren so erwartet worden. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte in einem Blog-Beitrag auf der EZB-Internetseite im Mai erläutert, dass die Anleihenkäufe früh im dritten Quartal enden sollten, dass dann relativ zügig eine erste Zinserhöhung folgen solle und dass dann gegen Ende des dritten Quartals auch die Ära der Negativzinsen Geschichte sein solle. Ein Ende der Negativzinsen zum Ende des dritten Quartals würde erreicht, wenn die Leitzinsen jeweils im Juli und September um 0,25 Prozentpunkte erhöht würden. Für den Zinsentscheid im September erläuterte die EZB heute nicht, wie groß dieser ausfallen solle. Damit bleibt auch eine Zinserhöhung um 0,5 Prozentpunkte im September möglich.
Die rekordhohe Inflation zwingt die EZB dazu, ihre Geldpolitik zu straffen, also weniger locker zu gestalten. Angesichts einer Inflationsrate von zuletzt 8,1 Prozent dürfte die EZB allerdings aller Voraussicht nach auch in den kommenden Monaten und Quartalen nicht adäquat auf den Inflationsschock reagieren. Eigentlich strebt die EZB eine Inflation von zwei Prozent im mittelfristigen Zeitfenster an.
Durch die Corona-Pandemie ausgelöste Lieferengpässe und der Ukraine-Krieg sind entscheidende Gründe für die hohen Teuerungsraten. Aber auch die seit der Finanzkrise 2011 verfolgte ultralockere Geldpolitik durch die Notenbanken sowie fiskalische Maßnahmen seit dem Corona-Crash dürften zur hohen Inflation beigetragen haben.
Die EZB-Ratssitzung fand heute nicht in Frankfurt, sondern in Amsterdam statt. Es handelte sich um die erste auswärtige Sitzung des EZB-Rats seit der Corona-Krise.
Updates von der Pressekonferenz: Auf der Pressekonferenz sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde, dass die Inflation noch für einige Zeit "unerwünscht hoch" bleiben werde, die EZB aber sicherstellen werde, dass die Inflation wieder auf das Ziel von zwei Prozent sinke. Die Inflation sei ein großes Problem. Für das Ende des derzeitigen EZB-Prognosezeitraums, das Jahr 2024, werde eine Inflationsrate von 2,1 Prozent erwartet, was noch knapp über dem EZB-Ziel liegt.
Lagarde bekräftigte, dass die Leitzinsen im Juli um 0,25 Prozentpunkte angehoben werden sollen und im September dann auch ein größerer Zinsschritt ansteht, sofern der Inflationsausblick bestehen bleibe oder sich verschlechtere. Anschließend sollten die Zinsen dann weiter steigen.
Kurzfristig dürfte die Konjunktur gedämpft bleiben, stützende Faktoren dürften aber bald an Kraft gewinnen, so Lagarde. Der Ukraine-Krieg stelle ein erhebliches Abwärtsrisiko für die Konjunktur dar. Die Energiepreise dürften zunächst hoch bleiben, mittelfristig etwas sinken. Die Inflationsrisiken seien aufwärts gerichtet.
Die Normalisierung der Geldpolitik sei "kein Schritt, sondern eine Reise". Die EZB stehe bereit, wenn notwendig alle Instrumente anzupassen.
Man befinde sich geldpolitisch jetzt in einem "anderen Universum", so Lagarde. Es bestehe eine völlig andere Lage als in den vergangenen 11 Jahren.
Mit Blick auf die steigenden Anleiherenditen und die Ausweitung der Spreads zwischen südeuropäischen Staatsanleihen und Bundesanleihen sagte Lagarde, dass eine Fragmentierung im Euroraum verhindert werde, sofern sie eine Transmission der EZB-Geldpolitik behindere. Falls notwendig, würden neue Instrumente geschaffen, um eine Fragmentierung zu verhindern, so Lagarde. Es gebe aber keine Renditeniveaus oder Spreads o.ä., die automatisch bestimmte EZB-Aktionen auslösen würden. Man werde immer die jeweiligen Gegebenheiten berücksichtigen.
Angesprochen auf die falschen Prognosen der EZB in Bezug auf die Inflation sagte Lagarde, dass "alle" Prognostiker falsch gelegen hätten. Drei Viertel der Abweichung seien auf die ungewöhnlich hohen Energiepreise zurückzuführen. Es bestehe aber auf jeden Fall "Verbesserungspotenzial", so Lagarde.
Kursreaktionen: Die Aktienmärkte reagierten mit weiteren Kursverlusten auf den EZB-Zinsentscheid und die Pressekonferenz. Der EUR/USD legte zu, die Anleiherenditen im Euroraum zogen deutlich an.
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