Kommentar
15:13 Uhr, 15.02.2015

„Es sind nicht die großen Verluste, die mich zermürben, es sind die kleinen, immer wiederkehrenden Rückschläge“

Es sind mitunter nicht die großen Verluste, die uns emotional belasten, sondern vielmehr die kleinen, immer wieder auftretenden Minus-Trades, welche besonders dem Day-Trader zu schaffen machen.

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Wenn ich die Gelegenheit habe, mich mit jungen Tradern über ihren Umgang mit Verlusten zu unterhalten, führt das Gespräch oft überhaupt nicht in die Richtung großer und prägender Verluste an der Börse. Eine viel nachhaltigere und schwerer zu fassende Belastung wird viel mehr in den kleinen, immer wiederkehrenden und damit mental zermürbenden Verlusten gesehen, die das allgemeine Trading-Ergebnis prägen. Konkret: Gewinne werden viel zu früh mitgenommen, Verluste werden mitunter bis zum Stopp-Kurs ausgereizt. Ein Day-Trader führt an einem Tag vielleicht 30 Trades durch, 20 davon möglicherweise mit einem jeweils kleinen Gewinn, zehn mit deutlich ausgeprägteren Verlusten und unter dem Strich geht er mit einem Minus in den Feierabend. Sie kennen das?

Sie sind nicht allein. Das ist das typischste Verhalten eines jungen Traders, weil es zu tiefst menschlich ist. Dieses Trading-Verhalten ist auf die Dauer desaströs, aber es ist in unserer Kultur verankert – und diesen Sachverhalt müssen wir in seiner Wurzel verstehen und aufbrechen.

Während meiner Zeit als Nostro-Trader (Eigenhändler) bei der Deutschen Bank, gehörte es zum Ausbildungs- und Fortbildungsprogramm, dass wir in größeren Zeitabständen Gespräche mit einem Psychologen führen konnten, um kognitive Zusammenhänge im Trading-Ablauf zu verstehen (was unsere Leistungsfähigkeit und Profitabilität erhöhen sollte). Diese Gespräche verliefen immer nach demselben Schema ab: wir besprachen unsere „Handelsprobleme“ mit einem Psychologen, der vom Trading (bekennend) keine Ahnung hatte und vielleicht deswegen unvoreingenommen den Kern des Problems rasch erkannte. Ich erinnere mich noch heute besonders gern an diese Gesprächsrunden, da sie so erfrischend anders waren – weit weg vom Thema und doch eigentlich mitten drin. Denn obwohl der Psychologe im Einzelnen nicht wusste, was wir taten, waren seine Erklärungen und Schlussfolgerungen meist verblüffend erleuchtend und überwiegend sehr hilfreich bei der Fehlerbehebung.

Auch wir (auch ich) hatte(n) mit dem oben beschriebenen Phänomen zu kämpfen. Wir tradeten in einer hohen Frequenz, unsere Trefferquoten waren akzeptabel bis gut, aber unser Gewinn- und Verlustverhältnis stimmte nicht. Eine Reihe mühsam erarbeiteter kleiner Punktegewinne wurde durch nur einen Verlust-Trade, der den gesetzten Stopp-Kurs erreichte, pulverisiert. Zwei Trades über Mittag vernichteten das Vormittagsergebnis.

Der Psychologe fragte uns, was uns auffallen würde. Die Gewinne wären zu klein in Relation zu den Verlusten, welche im Durchschnitt etwa 3 Mal höher ausfielen. Auch wenn die absolute Trefferquote ein akzeptabel hohes Ergebnis auswies, warfen uns die Einzelverluste immer wieder weit zurück.

Welche Konsequenzen wir daraus ziehen müssten, war seine zweite Frage. Wir müssten die Gewinn-Trades konsequenter ausreizen, war unsere Antwort – doch der Psychologe schüttelte den Kopf. Das sei gegen die Natur, meinte er.

Von Kindheit an denken wir in Kategorien des Ursache / Wirkungsprinzips. Wir tun, sagen oder unterlassen etwas, um damit eine gewünschte Wirkung, eine gewollte Reaktion Anderer zu erzielen oder einer möglichen Konsequenz zu entgehen. Wir lernen rasch, das als positiv angesehene Tätigkeiten oder Leistungen gesellschaftlich „belohnt“ werden, Fehler dagegen Nachteile oder gar Bestrafungen nach sich ziehen. Fehler in der Schule führen zu schlechten Bewertungen, Fehler im Umgang miteinander führen zu unschönen Konsequenzen in jeder Hinsicht. Erinnern Sie sich an Situationen, in denen Sie dachten, dass Sie einen Fehler gern ungeschehen machen würden, sofern Sie die Zeit zurückdrehen könnten? Oder kennen Sie das entlastende Gefühl, wenn Sie durch Aussitzen eines Fehlers der bereits erwarteten Konsequenz entgehen konnten, weil der Fehler nicht mehr auffiel?

So ist unsere Natur.

Und so werden auch Verluste von uns als Fehler angesehen. Es sagt schon der Name: „Fehl-Trade“. Läuft der Trade nicht, kostet es Geld. Ein Fehl-Trade löst in uns die gleichen Stresssymptome aus, wie das Gefühl, bei einem Geschäft getäuscht oder ausgenutzt worden zu sein. Auf der einen Seite der Ärger, dass es gerade uns passiert ist und auf der anderen Seite das fast unbedingte Verlangen, uns den uns „weggenommenen“ Betrag wieder zurückzuholen. Doch um sich einzugestehen, dass man falsch liegt, muss man den Verlust erst realisieren. Solange der Trade läuft, könnte sich das Blatt ja noch einmal zu unseren Gunsten drehen – zumindest ist das die Hoffnung. Und hier greifen nun die Ablaufmuster, denen wir auch bei einem „Aussitzen“ eines begangenen Fehlers unterliegen.

Sehen wir uns die andere Seite an, den Umgang mit Gewinnen: hier greift das Belohnungssystem. Wir treffen eine Entscheidung, welche sich als richtig erweist, wir fühlen uns in unserem Handeln bestätigt und werden auch gleich dafür belohnt. Nicht irgendwann, sondern hier und jetzt. Wir müssen nur die Position schließen und der Gewinn gehört unwiderruflich uns. Hier feuern jetzt zwei automatisierte Stimulierungsreflexe ihre Salven gegen uns ab: (a) die Aufforderung, sofort die Belohnung abzuholen und damit die entstandene Freude über den erzielten Gewinn zu realisieren, (b) die Angst, der Gewinn und damit die Belohnung könnten sich jederzeit nicht nur wieder auflösen, sondern der Trade könnte sogar wieder ins Minus zurückfallen und damit das negativ belastete Bestrafungsszenario auslösen. Beide Emotionen fordern die gleiche Handlungsaktivität, auch wenn die Motivation ein jeweils andere ist. Folglich neigen wir dazu, rasch auch den kleinsten Gewinn zu realisieren.

Wenn ich einen jungen Trader frage, warum er den Verlust nicht früher realisiert hat, kommt in der Regel die Antwort, weil der von ihm gesetzte Stopp-Kurs noch nicht erreicht wurde. Auf die Frage, warum er dann aber nicht auch das Kurs-Ziel abgewartet hat, heißt es meist, dass er Angst hatte, der Gewinn könnte sich wieder rasch in einen Verlust entwickeln.

Da diese Abläufe ein Bestandteil unserer kulturellen Prägung sind, treffen wir dieses Verhalten bei nahezu jedem jungen Trader an. Dieses immer gleiche reflexartige Reagieren auf eine ganze Kaskade von Eindrücken wird wahrscheinlich über sogenannte Spiegelneuronen im Gehirn ausgelöst, welche der Einfachheit halber Geschehnisse am Markt „personifizieren“, den Markt selbst damit zu einer „Person“ werden lässt, die uns etwas abringen will. Spiegelneuronen sind Zellen im Gehirn, welche bei der Wahrnehmung bestimmter Aktivitäten, Handlungen und Entwicklungen aktiv werden, wobei es unerheblich ist, ob man diese nur sieht (hört) oder selbst durchführt. Der Psychologe Suddendorf schreibt dazu in seinem Werk „Der Unterschied – Was den Mensch zum Menschen macht“ (Seite 229): „Die Entdeckung dieses Spiegelsystems hat unter Neurowissenschaftlern viel Aufmerksamkeit erregt, weil es nicht nur das Imitationsverhalten erklären, sondern auch anderen wichtigen Fähigkeiten zugrunde liegen könnte wie etwa der Theory of Mind, dem Sprechen und der Empathie – Fähigkeiten, die beim Autismus in der Regel beeinträchtigt sind.“

Die Schlussfolgerungen des Psychologen waren somit folgende: wir sollten unsere Energie zunächst nicht auf die Vergrößerung unserer Gewinne lenken, sondern uns auf die Verkürzung der Verluste fokussieren. Um das aber zu erreichen, musste das Verständnis eines Verlustes aus dem Schubfach „Fehler“ in das Schubfach „Kosten“ umgelagert werden. Solange wir Verluste als Fehler werten, werden wir die Hürde eines sinnvollen Verlust-Managements kaum dauerhaft durchhalten. Sehen wir dagegen Verluste als Kosten an, bewegen wir uns auf einer ganz anderen Ebene.

Verluste sind unsere Kosten

Der US-amerikanische Investor William O´Neil antwortete einmal auf die Frage, wie man mit der Realisierung von Verlusten umgehen sollte: „Manche sagen: `Ich kann die Aktie nicht verkaufen – ich würde einen Verlust machen´. Wenn der Wert der Aktie unter dem von Ihnen bezahlten Kaufpreis liegt, dann führt der Verkauf nicht zu einem Verlust – den haben Sie schon.“

Ich kenne eine Geschichte eines alten Rentenhändlers, der eine junge Absolventin an der Börse herumführte und ihr alles zeigte. Als das Gespräch auf das Thema „Umgang mit Verlusten“ kam, verblüffte er die junge Frau. Der alte Händler trat an einen Kollegen heran und fragte nach einem Quote. Der Angesprochene nannte die Geld- / Briefspanne, worauf hin der alte Händler ihm einen Kontrakt auf dessen Geldkurs verkaufte und sofort auf dessen Briefkurs zurückerwarb. Er drehte sich zu der jungen Absolventin um und fragte sie, ob Sie gesehen hätte, was er getan hatte. Sie war völlig irritiert und meinte: „Ja, Sie haben gerade einen vollen Spread verloren!“ Daraufhin drehte er sich wieder um und sagte: „Sehen Sie, so geht man mit Verlusten um.“ und ging.

Ich komme auf das Thema „Kosten“ zurück. Verluste als Kosten zu betrachten, war mein persönlicher Schlüsselmoment, dem Drang zu wiederstehen, entstandenen Verlusten nachzurennen, um am Ende noch mehr zu verlieren (denn darauf läuft es in der Regel hinaus), oder schlimmer: Verluste vermeintlich nicht entstehen zu lassen, weil man sie nicht realisiert, bis es nicht mehr anders geht.

Würden wir z.B. ein Straßengeschäft führen, hätten wir Mietkosten, Warenkosten, Energiekosten, gegebenenfalls Personalkosten. Erfolgreich wären wir nur, wenn unsere Einnahmen unsere Kosten übersteigen – und das wäre für jeden von uns vollkommen in Ordnung. Als Trader haben wir praktisch keine Kosten, bzw. sind diese kaum vergleichbar mit den Kosten einer vergleichenden Unternehmung. Betrachten wir demnach Verluste als „gerechte“ Kosten und sehen wir zu, dass unsere Einnahmen (Gewinne) unsere Kosten übersteigen (Verluste).

Natürlich ist diese Metapher sehr einfach und wird der Komplexität der bestehenden Unsicherheiten im Zusammenhang mit Trading-Aktivitäten nicht in vollem Umfang gerecht. Aber sie hilft.

Schritt für Schritt verlieren Verluste ihren Schrecken

Professionelle Trader durchlaufen in der Regel einen recht zielgerichteten und auch sehr konsequenten praktischen Auswahlprozess, vor bzw. parallel zu ihrer allgemeinen Ausbildung. Hierbei geht es in erster Linie darum, Stärken und Grenzen des zukünftigen Traders zu identifizieren, um eine Entscheidung hinsichtlich seiner zukünftigen optimalen Einsatzfähigkeit treffen zu können.

Die erste Information, welche man über einen zukünftigen Trader erhalten möchte ist, in welchen Marktphasen sich dessen Handelsprofitabilität wie entwickelt. Zusätzlich soll ein Überblick geschaffen werden, wie ausgeprägt sein im vorangegangenen Abschnitt besprochenes Verhältnis zwischen Gewinn- und Verlust-Trades ausfällt.

Ich möchte Sie ermutigen, sich selbst ebenfalls einer solchen Auswertung zu unterwerfen, wenn Sie handeln. Hierzu sind folgende Schritte sinnvoll:

(1) Erstellen Sie sich eine Excel-Tabelle, in der sie jeden Tag all Ihre Trades erfassen. Je mehr Informationen diese Tabelle umfasst, umso besser ist es. Besonders wichtig sind aber (a) die jeweilige Uhrzeit des Trades und (b) das Ergebnis des Trades in Punkten. Wenn Sie sich täglich die kumulierte Ertragskurve auch noch grafisch anzeigen lassen, kann das den Überblick über Ihre Leistungskurve verbessern.

(2) Führen Sie diese Tabelle jeden Handelstag mit, möglichst über den gesamten Handelstag, um die Marktphasen, in welche sich ein solcher Tag unterteilt, auch über einen längeren Zeitraum abzudecken.

Wir führten im Berufshandel solche Auswertungen über mehrere Monate mit jungen Händlern durch. Der Händler war angehalten, möglichst konsistent das ihm vermittelte Handelsregelwerk umzusetzen, so dass auch eine statistisch relevante Auswertung über jeden einzelnen Handelstag möglich wurde.

(A) In welchen Marktphasen ist der Trader ertragsstabil, in welchen Marktphasen sollte der Trader die Handelsfrequenz eher reduzieren oder ganz einstellen?

Hierzu wollen wir zunächst die Marktphasen definieren. Ein Markt, egal ob es sich um den Future auf den DAX-Index handelt oder auf den Dow Jones oder andere Indizes, bewegt sich in der Regel nicht ganztägig konsistent nach einem gleichbleibenden Ablaufmuster. Vielmehr haben wir Phasen, in denen eher impulsstarke Bewegungsschübe zu erwarten sind und in denen auch größere Orders an die Börse gelangen können, welche im Markt abgearbeitet werden und damit das Bewegungsbild des zu handelnden Börsenwertes prägen. Diese Phasen wechseln dann wieder in Tagesabschnitte, in denen Konsolidierungen dominieren. Vormittags ist im Bezug auf europäische Werte auch der europäisch geprägte Handel das bestimmende Element, am Nachmittag steigt naturgemäß der Einfluss der US-Indizes auf das Handelsgeschäft in Europa, was mitunter zu einem veränderten Kursverhalten der Future in den kurzfristigen Zeitfenstern führt.

Auch wenn man nicht „die Uhr nach stellen kann“, lassen sich dennoch in etwa Zeitabschnitte definieren, in denen bevorzugt impulsabhängige Handelsstrategien sinnvoll eingesetzt werden können (Ausbruchsstrategien) und Abschnitte, welche eher den erfolgreichen Einsatz von Handelsstrategien erfordern, die für eine geringe Bewegungsdynamik geeignet sind (Contrastrategien innerhalb laufender Konsolidierungszonen). Die Praxis zeigt, dass nicht jeder Händler für jede Marktphase gleichermaßen seine Stärken hat. Die Regel ist vielmehr, dass ein Trader entweder dynamikstarke Handelsansätze bevorzugt oder sich in dynamikarmen Abschnitten am wohlsten fühlt. Tatsächlich kann man das Stärke- / Schwächeprofil noch weiter auffächern, nämlich auf eine Bevorzugung der Long- bzw. Short-Seite bei einem Trade.

Ich kenne sehr erfolgreiche Händler, die z.B. starke Ausbruchs-Trader sind (somit Konsolidierungsphasen im Handel auslassen) und hierbei nur und ausnahmslos die Long- oder Short-Seite handeln.

Eine Auswertung eines drei- oder viermonatigen Ertrags- / Verlustprofils, wobei während dieser Zeit wirklich konsequent ein regelwerkbasiertes Intraday-Trading durchgehend umgesetzt wird, lässt bereits erste Schlüsse zum eigenen Stärke- / Grenzen-Profil zu und erleichtert die Einordnung der eigenen (weiter ausbaufähigen) Trading-Fähigkeiten im Bezug auf die skizzierten Marktphasen.

Fällt beispielsweise über längere Auswertungsabschnitte auf, dass Erträge bei konsequenter Anwendung der Regelwerke vorrangig in den dynamikstarken Phasen und hierbei verstärkt in aufwärts ausgerichteten Impulsbewegungen erwirtschaftet werden, ist eine Entscheidung, die Zeitabschnitte zu meiden, in denen gehäuft mit geringen Dynamiken zu rechnen ist (so in den Zeiten von 10:30 Uhr / 11:00 Uhr bis etwa 14:00 / 14:30 Uhr) nur folgerichtig. Zudem sollten dann die Long-Trades konsequenter umgesetzt werden, als mögliche Short-Trades (im Sinne des Regelwerkes).

Wir setzten im Berufshandel diese Vorgehensweise sehr streng durch und dabei wurde diese Einteilung von den Tradern auch angenommen, da diese recht rasch den Vorteil dieses Vorgehens und der zu ziehenden Konsequenzen akzeptierten.

(B) Wie entwickelt sich das Gewinn- / Verlustverhältnis während der Trades?

Hier knüpfen wir wieder an das Standardproblem junger Händler an. In der Anfangsphase der praktischen Trader-Ausbildung legten wir zunächst weniger Wert darauf, ob tatsächlich Erträge erwirtschaftet wurden. Viel wichtiger war es, eine möglichst enge Relation zwischen Gewinn-Trades und Verlust-Trades zu erzielen. Das heißt konkret: wenn ein Trader im Durchschnitt einen Gewinn mit zwei, drei oder fünf Punkten realisiert, dann sollte ein Verlust diese Spanne nicht auffällig unterschreiten. Erst wenn dies überwiegend gewährleistet war, konnten wir darangehen, jetzt die Ertragskurve auch in den stetigen Gewinnbereich zu heben.

Das Verständnis und die Akzeptanz dessen, dass wir alle nur mit Wasser kochen, dass diese Anfangsfehler typisch sind und bei nahezu jedem jungen Trader auftreten, lässt mit der Zeit zunehmend die emotionale Komponente bei einem Trade zurück und lässt so eine eher sachliche Beurteilung und Bewertung eigener Handelsfähigkeiten zu. Dies ist aber eine zwingende Grundvoraussetzung dafür, Schritte hin in Richtung eines stabilen Handelsertrages zu gehen.

„Der Sinn ist klar, doch wie setze ich es in der Realität um?“

Ich empfehle Ihnen, diese Auswertungs- und Einordnungsphase nicht mit Echtgeld, sondern mit einer Simulationssoftware zu beginnen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Sie verlieren kein Geld und belasten sich zunächst nicht mit der Angst, reale Verluste zu machen, was den anfänglichen Lerneffekt bereits ausbremsen könnte. Sie lernen Ihr Regelwerk „ohne Druck“, Sie werden mit der Handelsoberfläche zunehmend vertraut, denn im echten Day-Trading kommt es auf Handhabungssicherheit an.

Die Nachteile im Bezug auf das Arbeiten mit einer Simulationssoftware sind ebenfalls nicht zu vernachlässigen, überwiegen aber nicht die Vorteile. Die wohl auffälligste Schwäche eines simulierten Trades ist die schlechte Ausführungsgenauigkeit, welche erfahrungsgemäß deutlich von einer echten Ausführung abweicht. Die Argumente, mit einer Simulationssoftware würde man den Druck bzw. Kick nicht spüren, welchen der Handel mit Echtgeld verursacht, kann man dagegen nicht gelten lassen. Schließlich geht es nicht um den Kick, sondern um seriöses Lernen, bevor man „scharf schießt“.

Wenn Sie sich über den Zeitraum von drei bis vier Monaten eine halbwegs zuverlässige Handhabung Ihres Regelwerkes antrainiert haben, die Umsetzung beherrschen, die Arbeit mit Ihrer Handelsoberfläche zur Gewohnheit geworden ist, bietet sich der Übergang zum Echtgeldhandel an. Hierzu schlage ich Ihnen folgende Vorgehensweise vor:

(a) Setzen Sie sich ein kleines Tagesziel, welches Sie aus Ihren Erfahrungen im Simulations-Trading für realistisch erzielbar halten. Damit meine ich ein Ziel, welches Sie nicht mit Mühe anstreben müssen, sondern welches Sie wirklich für entspannt / realistisch erachten. Setzen Sie sich zusätzlich ein maximales Tagesverlustpotential. Um es konkret zu machen: 10 FDAX-Punkte Ziel und 11 FDAX-Punkte als möglichen Maximalverlust für den gesamten Handelstag.

(b) Beginnen Sie den Handel früh am Morgen zunächst auf der Simulationsfläche, um ein Tagesgefühl für den Markt zu bekommen. Fühlen sie sich sichererer für den Tag und können Sie die Orderlage und die jeweilig aktuelle Dominanz der diversen Marktteilnehmergruppen abschätzen, wechseln Sie auf Echtgeld und sammeln Sie im „Klein – Klein – Ansatz“ Punkt für Punkt. Läuft es gut und erreichen Sie Ihre 10 Punkte, wechseln Sie wieder in den Simulationsmodus für den Rest des Tages. Sollten Sie Ihr Minus-Potential ausschöpfen, ist für diesen Tag ebenfalls im Echtgeldhandel unwiderruflich Schluss.

(c) Bemühen Sie sich, den Tag möglichst im Plus zu beenden, wobei es unerheblich ist, ob wir hier von einem oder mehreren FDAX-Punkten sprechen. Unterschätzen Sie niemals das motivierende Gefühl, wenn Sie den Handelstag positiv beenden. Gelingt es Ihnen wirklich kontinuierlich einen positiven Tagesertrag zu erwirtschaften, werden Sie an Selbstsicherheit hinzugewinnen, welche notwendig ist, um sich dann in die nächsten Entwicklungsschritte hineinzubewegen.

(d) Können Sie Ihr Ziel schließlich stetig erreichen und gewinnen Sie weiterhin an Sicherheit, können Sie daran gehen, Ihr Tagesziel langsam und in kleinen Schritten erhöhen.

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6 Kommentare

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  • crocodile trader
    crocodile trader

    Sehr gut, insbesondere der Text der unter der Überschrift steht: "Der Sinn ist klar, doch wie setze ich es in der Realität um". Ein guter Weg zu verindern, dass man während der Lernphase mental und/oder finanziell verbrennt.

    10:40 Uhr, 17.02.2015
  • 8mt.
    8mt.

    Der Text erscheint lang - tatsächlich ist er die Essenz ungezählter Fachbücher, Webinare und Fachmessebesuche. Das merkt man allerdings erst, wenn man den kritischen Punkt eigener Entwicklung erreicht hat (ganz gleich wie fleißig, intelligent oder effizient du bist - du kannst dein Werden nicht abkürzen). Grazie mille!

    22:13 Uhr, 16.02.2015
  • tschak
    tschak

    Vielen Dank für den sehr guten Beitrag. LG aus Wien (um es so zu sagen: Behavioral Finance rules :-) p.s. Ich führe ein einfaches Excel mit 4 Spalten, woher denn die Verluste & Gewinne kommen. Am Tagesende wird pro Sektion abgrechnet und summiert => fast täglich darf sich mein "Klein"-Hirn freuen: 1 bis 4 (grün-markierte) Sektionen sind dabei, die im Plus schliessen!! (ich gaukle somit manchmal meinem Hirn vor, dass es sich freuen darf, obwohl 3 von 4 Sektionen im Minus sind - genial *g* => bzw. meine Psyche ist leicht zu überlisten)

    10:55 Uhr, 16.02.2015
  • Harald Weygand
    Harald Weygand Head of Trading

    Uwe Wagners Guidants Desktop:

    http://go.guidants.com/#c/uwe_wagner

    22:16 Uhr, 15.02.2015
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Über den Experten

Uwe Wagner
Uwe Wagner
Technischer Analyst und Trader

Uwe Wagner arbeitete bereits während seines Wirtschaftsstudiums als Maklergehilfe an den Börsen in Berlin, Wien und Madrid. 1991 trat er dann in die Deutsche Bank AG ein, wo er eine fundierte Ausbildung im Wertpapier- und Derivatehandel erhielt – in Frankfurt/Main sowie in Chicago im International Trading Institute unter dem bekannten Warenhändler Toni Saliba. Innerhalb der Deutschen Bank AG durchlief Wagner diverse Etappen im Handelsbereich. So betreute er als DTB Market Maker zunächst diverse Werte, verantwortete anschließend den Options- und Future-Handel in der Deutsche Bank S.A. in Madrid und mehrere Jahre die spekulative Verwaltung von Teilen des Eigenkapitals der Bank über DB Advisor. Wagner baute innerhalb der Deutsche Bank AG das damals erste Internet-Tool für Technische Marktanalysen (dbS-Trade) auf und führte den systembasierten Handel in Future-Märkten. Sein Schwerpunkt liegt seit über 20 Jahren auf dem FDAX und dem Bund-Future-Markt, den er täglich analytisch seziert, um daraus Handelsszenarien zu entwickeln und diese dann auch aktiv umzusetzen. Seit 2003 lebt und arbeitet Wagner in Hamburg. Uwe Wagner ist aktiv im FDAX und Bund-Future tätig.

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