Kommentar
19:09 Uhr, 18.04.2015

Das Traden der Contras – eine Zusammenfassung

Wie im Stream bereits mehrfach zugesagt, möchte ich im Folgenden eine Zusammenfassung der Grundregeln des Contra-Handels zur Verfügung stellen. Dem stelle ich zunächst aber einige grundsätzliche Aussagen zu den einzelnen Regelwerken (einschließlich der Ausbrüche und Wiedereinstiege) voran.

Erwähnte Instrumente

Wir arbeiten im Kurzfristhandel streng genommen nur mit drei Handelsansätzen, dem Handeln von Ausbrüchen, dem Handeln von Wiedereinstiegen und dem Handeln von sogenannten Contra-Trades. Ausbrüche und Wiedereinstiege fassen wir dabei zu einer Gruppe von Handelsansätzen zusammen, da beide in Richtung des jeweils aktuellen Bewegungsimpulses des Trends ihre Anwendung finden. Der Contra-Trade wird im Unterschied dazu entgegen des aktuell laufenden Bewegungsimpulses eingegangen, womit dieser nicht im Einklang mit Ausbrüchen und Wiedereinstiegen steht. Diese Tatsache hat zur Konsequenz, dass wir beide Arten des Handels (Ausbrüche und Wiedereinstiege auf der einen Seite und Contra-Trades auf der anderen Seite), auch vom Grundverständnis, also ihrer Grundphilosophie her unterscheiden müssen.

Ausbrüche und Wiedereinstiege sind klar regelwerkorientiert. Hier sind die jeweiligen kurstechnischen Ausgangsbedingungen genau definiert, der Einstieg exakt bestimmbar. Bei den Contras sieht das anders aus. Hier wird in erster Linie das Verständnis des Marktes, die möglichst genaue Einschätzung der aktuellen Kräfteverhältnisse der jeweils aktiven Marktteilnehmer gehandelt. Das soll heißen: Um über Ausbruchs- und Wiedereinstiegsregeln in den Markt zu kommen, muss man das Regelwerk kennen und möglichst beherrschen, bei den Contras spielt das Verständnis und das Gespür für den Wechsel der Ausrichtung der Orderbücher die entscheidende Rolle bei einer sinnvollen Orderumsetzung

Diese Unterteilung und unterschiedliche Herangehensweise an eine Positionseröffnung hat folgende Konsequenz: zum Erlernen sollte man sich zunächst nur und ausschließlich auf die klaren und einfachen Regelwerke der Ausbruchs- und Wiedereinstieg-Trades konzentrieren und Contras zunächst völlig weglassen. Da man sich nach dem Erlernen und dem anschließenden Festigen der Regelwerke und ihrer Umsetzung ohnehin zunehmend mit dem Markt, seinen Teilnehmern und ihrer Rolle im Handel beschäftigt, um Ein- und Ausstiege der Regelwerks-Positionen zu optimieren, kommt das Verständnis für die „Zwischenbewegungen“, welche nicht konsequent mit Regeln zu erfassen sind, ohnehin mit der Zeit. Und dieses zunehmende Verständnis führt folgerichtig zu Handlungs- und Umsetzungsdruck in den Zwischenphasen der regelwerksbasierten Trading-Aktivitäten und findet dann seinen Niederschlag in den Contra-Trades.

Was sollte jetzt deutlich werden? Unsere Handelsansätze sind nicht willkürlich, sondern unterliegen klaren Umsetzungsstrukturen. Aber sie sind in ihrer ausgereiften Form nicht das Primat, sondern Mittel zum Zweck. Nach dem (a) Lernen und Beherrschen der Regelwerke der Gruppe „Ausbrüche und Wiedereinstiege“, sollte (b) zunehmend der Schwerpunkt des Lernens auf dem Verständnis der Aktivitäten der Marktteilnehmer liegen – auf dem Lesen ihrer Spuren. Ist dieses zumindest im Minimalverständnis gegeben, kommt (c) das Entwickeln des Gefühls der Contra-Trades hinzu, da diese ihr „Regelwerk“ nicht aus der exakt charttechnisch herleitbaren und definierbaren Ausgangslage im Kursverlauf heraus ableiten, sondern sich aus der Gemengelage der Aktivitäten (in erster Linie des Kurzfristhandels) im Markt ergeben. Contras ergänzen Ausbruchs- und Wiedereinstiegs-Trades in einer hervorragenden Art und Weise. Ich möchte fast sagen: während Ausbruchs- und Wiedereinstiegs-Trades etwas Abruptes haben, da sie so sehr Trigger-fixiert sind, bringt der zusätzliche Einsatz von Contras dem Handel mehr Geschmeidigkeit in den Ablauf. Contras runden praktisch die „scharfen Kanten“ des regelkonformen Handels ab und helfen uns, bei konsequenter Anwendung, nicht nur schneller „in den Flow“ zu kommen, sondern erhöhen uns nebenbei auch noch unsere Handelserträge (sofern wir deren Einsatz beherrschen).

Jeder Trade ist bei uns eine in sich abgeschlossene Aktivität. Wir verbinden diese nicht miteinander, sondern wir preschen zum erwartet richtigen Zeitpunkt kurz in den Markt, schnappen zu und holen uns unsere paar Punkte, um uns dann sofort aus dem Markt wieder zurückzuziehen. Mir hatte einmal ein anderer Trader gesagt, er käme sich bei dieser Art des Tradings wie ein Guerilla-Kämpfer vor, der sich nie einem langen, gefährlichen und kräftezehrendem Kampf stellen muss (wie z.B. Positions- oder Swing-Trader), sondern nur präsent ist, wenn es für ihn und im Sinne seiner Regeln etwas zu „reißen“ gibt. Diese Art des Handels hat zwei wichtige Vorteile: (a) wir müssen uns nicht mit komplexen – ohnehin auf Grund ihrer reflexiven, unsicheren Natur - risikohaften Markteinschätzungen abmühen und schwitzen, wenn wir in der Position hängen und (b) wir können unser Trading-Tempo je nach Einschätzungs- und Verständnisgrad, wer und was gerade im Markt dominiert, regulieren. Das verschafft uns unglaubliche Vorteile im Handel, was Geschwindigkeit, Risiko und Ertragsmöglichkeiten betrifft.

Bevor ich jetzt im Folgenden konkret auf die „Philosophie“ der Contras eingehe, möchte ich vorschlagen, dass Sie diese Ausführungen bitte im Kontext mit den bisherigen Artikeln zu den „Spuren der Marktteilnehmer“ sehen sollten. Denn erst dieses Verständnis als Primat unserer Herangehensweise im Markt, erlaubt es uns, unsere Regelwerke wie Werkzeuge zu verstehen, welche (jedes für sich allein, innerhalb „eines Schubfaches liegend“) dann zum Einsatz kommen, wenn unsere Gesamteinschätzung eine entsprechende Impulsentwicklung erwarten lässt.

Ich möchte auch noch zwei / drei Sätze zum Handelszeitfenster verlieren: die Regelwerke kommen in den (fast) kleinsten handelbaren Zeitfenstern zum Einsatz, dem Ein-Minuten-Chart bzw. einem Tick- (Volume-) Chart mit kleinen Einstellungen. In noch kleineren Zeitfenstern tummeln sich dann nur noch vollmechanische Algo-Trader. Warum ziehen wir uns auf diese Zeitfenster zurück? Weil wir damit die naturgemäß gegebenen Risiken der Märkte, welche mit längeren Zeitfenstern überproportional steigen, auf ein Mindestmaß reduzieren können / wollen. Ausbrüche, Wiedereinstiege und Contras werden wir handeln können, solange es Kurse gibt, welche sich in Impulsen bewegen und Richtungswechsel vollziehen. Und dies wird hoffentlich solange so bleiben, wie es Börsenhandel in der uns bekannten Form geben wird.

Der Contra Handel

Definieren sich Ausbruchs- und Wiedereinstiegs-Trades aus einem Regelwerk, welches auf konkrete Eckpfeiler aus dem Kursverlauf des zu handelnden Produktes (in unserem Falle des FDAX) basiert, fehlt eine solche Basis für die Contra-Trades weitestgehend. Wie bereits im Vorfeld aufgezeigt, beziehen Contras ihre Daseinsberechtigung konsequent aus unserer Markterwartung im nahezu kürzest handelbaren Zeitfenster und der jeweiligen Einschätzung der Orderlage im Markt zum Zeitpunkt der vorgesehenen Positionseröffnung. Das soll nicht heißen, dass wir uns beim Einsatz dieser Einstiegsmöglichkeiten komplett von charttechnischen Orientierungsmarken entfernen, aber deren Bedeutung liegt in diesem Falle nicht mehr auf der Definition eines Einstiegs-Triggers, sondern beschränkt sich auf die Rahmengebung, innerhalb derer wir aktiv werden.

Betrachten wir den Contra-Trade als eine Gruppe für sich (die andere Gruppe wird ja durch die Ausbruchs- und Wiedereinstiegs-Trades gebildet), so können wir innerhalb der „Contra-Gruppe“ weitere Unterteilungen durchführen, um eine sinnvolle und vor allem übersichtliche Klassifizierung dieser Regelwerke zu erhalten. Wir unterteilen in (a) innere Contras – eingesetzt innerhalb intakter Konsolidierungszonen, (b) antizipierende Contras – meist im Einsatz bei der Ausbildung möglicher Kursformationen, denen sich ein Ausbruchs-Trade anschließen könnte, (c) Erschöpfungs-Contras – welche unmittelbar im Anschluss an kräftige, vorangegangene Bewegungsimpulse zum Einsatz kommen (können) und (d) Contras an wichtigen Marken.

Diese vier Unterteilungen mehren unsere „Schubfächer“, aus denen wir je nach Marktlage das passende „Werkzeug“ entnehmen wollen, aber wenn wir uns die Contras genau ansehen, haben diese vier verschiedenen Einsatzmöglichkeiten mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede (welche sich mehr auf die Lokalität ihres Einsatzes - und damit auf eine jeweils andere Einschätzung der jeweils aktuellen Orderlage im Markt beschränken). Gemein ist allen vier Contra-Typen, dass sie eingesetzt werden, wenn der vorangegangene Bewegungsimpuls in eine Gegenreaktion übergeht, ohne dass es im Vorfeld zur Ausformung einer entsprechenden Umkehrformation kommen muss. Um es sich bildlich vorzustellen: Ein Bewegungsimpuls hat in seiner jeweils entsprechenden Schlussphase (in jedem zu Grunde liegenden Zeitfenster) Ähnlichkeit mit einem gedehnten Gummiband. Wird dieses überdehnt und man lässt es wieder los, schnellt es in seine Ausgangslage zurück. Diesen Effekt wollen wir uns über den Einsatz von Contras zu Nutze machen – mehr ist es nicht. Der Unterschied der Einstiegsdefinition für einen Contra gegenüber einem Ausbruchs- oder Wiedereinstiegs-Trade liegt somit genau hier: bei einem Contra kommt es losgelöst von einer klaren Ausgangsdefinition des Kursverlaufes des zu handelnden Wertes darauf an, durch das Verständnis und entwickelten „Gefühls“ für den Markt zu erkennen, wann das „Gummiband“ entsprechend gedehnt ist, dass ein Rücksetzer realistisch zu erwarten ist.

Diese Voraussetzung bzw. Bedingung macht den Einsatz des Contras auf der einen Seite sehr vielfältig, auf der anderen Seite verbergen sich hier durchaus konkretere Risiken, als bei den konkreter regelwerkbasierten Positionseinstiegen: Contras können bei falscher Verwendung und mangelhaftem Marktverständnis inflationär zum Einsatz kommen, an den unmöglichsten Stellen – immer mit der entschuldigenden Bemerkung, man habe gerade da und dort mit Eindeckungs- oder Glattstell-Aktivitäten Seitens der Akteure gerechnet. Deshalb, und nur deshalb, wurden die Contras in oben genannte vier Typen unterteilt, um dem Einsatzfeld eine mögliche Struktur zu geben.

Die grundsätzliche Verwendung eines Contras

Beginnen wir zunächst mit dem grundsätzlichen Einsatzprinzips eines Contras – sozusagen „typübergreifend“. Hierzu verweise ich auf den Artikel „Das Erkennen der Spuren …“ in dem ich versucht habe auf die jeweils im Markt hinterlassenen Spuren der unterschiedlichen Akteursgruppen einzugehen. Dort war eine Kernaussage, dass dem Kurzfristhandel eine erhebliche Rolle als Bewegungskatalysator zukommt, dass sich diese Marktteilnehmer auf der stetigen Suche nach verwertbaren Bewegungsimpulsen in der Regel an diese mit anhängen und dadurch eine Beschleunigung auslösen können. Die Folge ist, dass es aber auch gerade diese Akteure sind, welche bei einer möglichen Erschöpfung des „mitgerittenen Impulses“, ihre Erträge sichern wollen und rasch ihre Positionen glattstellen, was zu den bekannten Reaktionsbewegungen führt. Da wir selbst, als die kleinsten aller Akteure, ebenso wie der professionelle Kurzfristhandel auf das Ausnutzen von „Wirten“ angewiesen sind (dieses Prinzip ist in oben genannten Artikel beschrieben), ist es für unseren Contra-Trade-Einsatz existenziell wichtig zu erkennen, wann das Glattstellen der Mitläuferpositionen beginnen könnte und wann wir uns somit folglich da mit anhängen sollten. Und da sind wir wieder beim Verständnis des Marktes und seiner Akteure.

Das Grundprinzip des Contras ist es also, eine „Überdehnung“ des Impulses abzuwarten, zu erkennen und dann durch das rasche Eingehen der Gegenposition an der Eindeckung / Glattstellung des professionellen Kurzfristhandels (konkret unseres Wirtes) zu partizipieren. Hier können wir uns einen besonderen Vorteil unserer kleinen Größe gegenüber der Größe unseres Wirtes im Markt immer und immer wieder zu Nutze machen: das Wissen, dass der professionelle Kurzfristhändler nicht nur wie wir mit kleinen Positionsgrößen arbeitet, sondern jeweils Bestände fährt, welche selten mit „einem Klick“ market geschlossen werden. Diese Tatsache hat für uns den unschlagbaren Vorteil, dass wir nichts überstürzen müssen, wenn wir einen Contra eingehen. Wir müssen nicht versuchen, Eindeckungen / Glattstellungen zu antizipieren. Wir springen erst hinterher, wenn die Eindeckungen / Glattstellungen bereits laufen. Zugegeben, es ist eine gewisse Gradwanderung: wir dürfen nicht zu früh in den Markt, aber auch nicht zu spät. Gehen wir zu früh rein, weil wir denken, die Gegenbewegung könnte gleich beginnen, dann ist das Risiko einer Contra-Positionierung absolut nicht akzeptabel im Vergleich zum erwarteten Ertrag daraus. Gehen wir zu spät in den Markt, weil wir uns zu lange zu unsicher sind, ob denn nun bereits Eindeckungen / Glattstellungen laufen, sind wir mitunter die Letzten und werden dann von der erneuten Wiederaufnahme des korrigierten Bewegungsimpulses überrannt.

Junge, beginnende Contra-Händler, welche durch die vorangegangene Ausbildung in Ausbruchs- und Wiedereinstiegs-Trades mitunter noch sehr Trigger-fixiert sind, haben oft Schwierigkeiten, umzudenken und sich „dem Schwingen“ des Kursverlaufes hinzugeben. Krampfhaft suchen sie Einstiegsniveaus im vorangegangenen Kursverlauf, um wenigstens einen gefühlten Bezug zum klaren regelwerkgewohnten Handel der ersten Gruppe von Trades zu haben. Diese Vorgehensweise ist aber in der Regel falsch und kontraproduktiv. Ich kann nur wiederholen: Ausbrüche / Wiedereinstiege auf der einen Seite und Contras auf der anderen Seite, sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe. Die gemeinsame Schnittmenge ist ihr kurzes Zeitfenster und die gemeinsame diskretionäre Art der Positionsausstiege. Darüber hinaus haben diese beiden Gruppen nichts gemeinsam, was sie sich ja so hervorragend kombinieren lässt.

Fassen wir also noch einmal zusammen: allen Contras gemein ist, dass diese auf das Ausnutzen der Gegenbewegung, im Anschluss an einen vorangegangenen Bewegungsimpuls setzen. Die Entscheidungsgrundlage hierfür ist primär das allgemeine Verständnis und die allgemeine Einschätzung des Marktes zum jeweiligen Zeitpunkt und die versuchte Erfassung der konkreten Orderlage in den Büchern der Akteure. Die Risiken, welche sich daraus ergeben sind offensichtlich: bei falscher Anwendung öffnet sich hier Tür und Tor für wilden Aktionismus, weshalb ich immer dafür plädiere, dass sich dem Thema „Contras“ erst jene Trader annehmen, welche Ausbrüche und Wiedereinstiege beherrschen und welche ein Mindestmaß an Erfahrung bereits erzielt haben, die Orderlage sinnvoll einschätzen zu können. Experimentiert man bereits zu Beginn der Regelaneignung mit Contras herum, ist dies nur Spielerei und kostet wahrscheinlich unweigerlich Geld.

Der Erschöpfungs-Contra

Contras haben mehr gemeinsam als Unterschiede (ich sagte dies schon). Die Unterschiede liegen in erster Linie in der Lage ihres Einsatzes. Im „tiefsten Innern“ ist ihre Anatomie dagegen nahezu identisch. Aber warum unterteilen wir Contras denn dann in die genannten vier Typen? Um uns eine mentale Hilfestellung zu geben, wann wir Contras einsetzen. Durch diese Vierteilung definieren wir im Groben jene Haupteinsatzgebiete, in denen Contras Sinn machen, um einem wilden, unüberlegten Einsatz möglichst früh einen Riegel vorzuschieben.

Ich möchte mit den Erschöpfungs-Contras beginnen, da wir auch hier wieder eine große Gemeinsamkeit finden, welche allen Contras gemein ist: nämlich am „Ende eines gedehnten Gummibandes“. Erschöpfungs-Contras setzen wir ein, wenn der Kurs des zu handelnden Wertes mindestens ein bis zwei stark ausgeprägte Ein-Minuten-Kerzen aufweist, welche sich von ihrem Ausmaß her deutlich von den vorhergehenden Kerzen unterscheiden. Das heißt, wenn es einen kräftigen Erstimpuls gegeben hat, sei es wegen irgendeiner Nachricht, sei es wegen der Überwindung / Unterschreitung einer wichtigen Chartmarke, welche mit dem Reißen von Stopps einhergegangen ist. Wir können dabei durchaus auf folgende Überlegung zurückgreifen: egal was die auslösende Ursache dieses Erstimpulses war, ob eine Nachricht, das Reißen von Stopps, eine OTC-Order usw., der Ablauf ist fast immer gleich. Der Erstimpuls wird entweder von Maschinen gemacht (meist im Zusammenhang mit Nachrichten) oder es werden Stopps gerissen oder ähnliches. Das besondere dieses jeweiligen Erstimpulses ist, dass er meist ein Spontanereignis ist, dem sich dann (nach einer kurzen Unterbrechung von wenigen Sekunde oder gar Minuten) der „überlegte Handel“ anschließt. Dann sind die Nachrichten verdaut, die neue Chartlage interpretiert und Handelsentscheidungen getroffen. Erschöpfungs-Contras kommen in dieser eben beschriebenen Entscheidungslücke zum Einsatz.

Ich möchte hier nochmals darauf hinweisen, dass wir zu klein und unbedeutend in diesem Markt sind, als das es Sinn macht (und Auswirkungen hätte), dass wir selbst eine Wertung der Ereignisse durchführen. Wir können uns nur an Wirte hängen. Nur die erfolgreiche Suche und das erfolgreiche Ausnutzen der Wirte ist in unserer Art des Tradings erfolgversprechend. Deshalb: verschwenden Sie nicht Zeit damit, darüber nachzudenken, warum der Kurs jetzt genau diesen Ausbruch gemacht hat. Das kostet wertvolle Zeit und Sie verpassen den Contra-Einstieg. In dieser Situation gibt es nur eine Überlegung, die uns nützt: wann ist das Gummiband soweit gespannt, dass es zurückschnellt und wann geht das „Zurückschnellen“ los? Ein Antizipieren hat hier keinen Sinn, da stimmen Chance / Risiko niemals. Wir haben „genug Zeit“, in die Phase des Zurückschnellens hineinzuspringen, sobald diese beginnt, denn unser Wirt, der Kurzfristhandel, muss mehr als nur einen Kontrakt schließen oder drehen. Aber wenn sich der Rückzug des Kurses andeutet, müssen wir handeln, und dann schnell und kompromisslos.

Contras, besonders diese Art der Contras, sind bei richtigem Einsatz überaus profitabel, auch wenn wir immer nur auf kurze Strecken (2 bis 5 Punkte) fokussieren. Hier macht es die Masse und die gegebene Häufigkeit der Trading-Chancen. Die echte Herausforderung ist hier das unbedingte Verständnis dessen, was wir dort, genau wann tun.

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Der Rutsch des Kurses des FDAX unter das 12.318er Unterstützungsniveau, was übrigens das Regelwerk für einen direkten Wiedereinstieg erfüllte, führte zu einem beschleunigten Abwärtsimpuls, der sich rasch erschöpfte und den Futures in eine Erholung führte. Achten Sie bitte auf das Ausmaß der Ausbruchskerze, was als Weckruf für einen möglichen Erschöpfungs-Contra gewertet werden konnte. Die sich dann anschließende Erholung lief rasch und kraftvoll. Dieses grafische Beispiel zeigt übrigens auch, dass sich kurze Erschöpfungs-Contras mitunter unmittelbar an Ausbruchs-Trades anschließen können und sich dann aus diesen heraus Wiedereinstiege ausbilden. Somit wäre eine ideale / optimale rasche Trading-Abfolge: Ausbruchs-Trade, gefolgt von einem kurzen Erschöpfungs-Contra und im Anschluss einen Wiedereinstieg.

Innere Contras

Innere Contras kommen zum Einsatz innerhalb von Konsolidierungszonen. Diese sind ja dadurch gekennzeichnet, dass es sich um Handelsbereiche handelt, welche durch zwei nahezu horizontale Signallinien begrenzt werden. Der Kurs pendelt zwischen den Signallinien, erreicht diese knapp / punktgenau, manchmal dreht er eher oder es kommt zu einem knappen und temporären Überschießen – wie auch immer, übergeordnet verbleibt der Kurs innerhalb der Bereichsbegrenzungen. Diese Phasen sind dadurch geprägt, dass hier (zumindest in den meisten Fällen) (a) der Kurzfristhandel das Feld dominiert oder (b) eine solche Phase gezielt durch einen Kommissionshändler „gestaltet“ wird, während er seine Finalorder abwickelt.

Innerhalb dieser Konsolidierungsphasen bieten sich naturgemäß die Wendepunkte des Kurses an den begrenzenden Signallinien (Begrenzungslinien) für die Positionseröffnung innerer Contras an (siehe nachfolgende Grafik). Aber auch hier gilt: lassen Sie sich nicht hineinheben, sondern eröffnen Sie den Contra erst, wenn sich die Impulswende tatsächlich abzeichnet. Vielleicht verpassen wir auf diese Weise einige profitable Contras, verringern aber das Risiko, im Falle eines Überschießens des Kurses ausgestoppt zu werden.

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Die obige Grafik zeigt Impulswenden an den im Vorfeld abgeleiteten Bereichsbegrenzungen, so dass man sich recht besonnen und überlegt auf die möglichen jeweiligen Contras vorbereiten konnte. Aber auch hier galt: nicht in den Trade hineinheben lassen, sondern erst „hinterherspringen“, wenn der Reaktions- / Gegenimpuls zu laufen beginnt.

Hinweis: die Kombination der inneren Contras mit den echten Wächtern werden wir in einem späteren Artikel noch einmal detailliert besprechen.

Contra an wichtigen Marken

Betrachten wir den „Contra an wichtigen Marken“ als Spezialfall eines Erschöpfungs-Contras. Der systematische Unterschied wäre hier wohl die Tatsache, dass ein Erschöpfungs-Contra nach ein, zwei, drei Impulskerzen auftreten kann, unabhängig davon, ob dort eine (wichtige) Chartmarke ist oder nicht. Ein Erschöpfungs-Contra kann somit „im luftleeren“ Raum auftreten. Ein „Contra an wichtigen Marken“ tritt (wie der Name sagt) an auffälligen, charttechnischen Marken auf. Die zu Grunde liegende Philosophie ist im Grunde identisch wie beim Erschöpfungs-Contra, Erleichterung beim Finden von potentiellen Einstiegsniveaus finden wir nur eben durch das Erreichen / Anhandeln von entsprechend charttechnisch herleitbaren Widerständen oder Unterstützungen.

Der Einstiegsvorgang ist bei einem „Contra an wichtigen Marken“ identisch, wie bei einem „Erschöpfungs-Contra“.

Der antizipierende Contra

Der antizipierende Contra ist streng genommen ein Sonderfall, weil er (a) nicht zwingend an charttechnischen Wendepunkten (Impulswenden) auftritt und (b) somit nicht unbedingt einen Contra im wahrsten Sinne des Wortes darstellt. Im Grunde kann dieser „Contra“ sogar in Richtung des sich aufbauenden Bewegungsimpulses gehen und erlaubt es uns, eine Erwartungshaltung im Hinblick auf eine sich ausformende Formation praktisch umzusetzen.

Hier fließen die Handelsaktivitäten von Contras und Ausbrüchen recht eng zusammen, denn der antizipierende Contra kommt zum Einsatz, wenn der Kursverlauf die Ausbildung einer möglichen Ausbruchsformation erahnen lässt. Das Interessante hierbei ist, dass sich zumindest im Ansatz ein Kurs-Ziel definieren lässt, nämlich die potentielle Nackenlinie der Formation.

Wie steigen wir aus Contra-Positionen aus?

Mit Contras erzielen wir in der Regel nur kleine Punktemengen, ich persönlich liege im Durchschnitt bei 2 bis 5 Punkten. Meist läuft der Kurs dann noch deutlich weiter, aber ich strebe bei Contras selten mehr an. Somit bin ich bei Contras rasch wieder raus aus der Position, ohne diese lange ausreizen zu wollen. Hier macht es die Masse an Trades, weniger die Strecken der Positionen. Zehn Contras mit je 3 Punkten bringt immerhin auch 30 Punkte, das müssen wir immer im Hinterkopf haben. Rasche Ausstiege reduzieren zudem die Risiken der Contras erheblich.

Betrachten Sie Contras als Ergänzung zum regelwerkbasierten Handel und wenn Sie sich einmal mit dieser Art des Tradings angefreundet haben, werden Sie diese nicht mehr missen wollen.

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4 Kommentare

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  • HumphreyWeyden
    HumphreyWeyden

    Oh wie schön ! Es gibt also doch noch Händler, die mehr sein wollen als biologische Regelanwendungssklaven. Vielen Dank für diese 'Offenbarung' :-)

    In den letzten Jahren höre ich auf Veranstaltungen verstärkt, dass meine/diese Art des Handelns doch gar nicht funktioniere...

    Schade, dass Sie im Abo nichts über amerikanische Futures und Währungen veröffentlichen. Oder doch ?

    11:15 Uhr, 19.04. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • daxe
    daxe

    danke

    10:17 Uhr, 19.04. 2015

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Über den Experten

Uwe Wagner
Uwe Wagner
Technischer Analyst und Trader

Uwe Wagner arbeitete bereits während seines Wirtschaftsstudiums als Maklergehilfe an den Börsen in Berlin, Wien und Madrid. 1991 trat er dann in die Deutsche Bank AG ein, wo er eine fundierte Ausbildung im Wertpapier- und Derivatehandel erhielt – in Frankfurt/Main sowie in Chicago im International Trading Institute unter dem bekannten Warenhändler Toni Saliba. Innerhalb der Deutschen Bank AG durchlief Wagner diverse Etappen im Handelsbereich. So betreute er als DTB Market Maker zunächst diverse Werte, verantwortete anschließend den Options- und Future-Handel in der Deutsche Bank S.A. in Madrid und mehrere Jahre die spekulative Verwaltung von Teilen des Eigenkapitals der Bank über DB Advisor. Wagner baute innerhalb der Deutsche Bank AG das damals erste Internet-Tool für Technische Marktanalysen (dbS-Trade) auf und führte den systembasierten Handel in Future-Märkten. Sein Schwerpunkt liegt seit über 20 Jahren auf dem FDAX und dem Bund-Future-Markt, den er täglich analytisch seziert, um daraus Handelsszenarien zu entwickeln und diese dann auch aktiv umzusetzen. Seit 2003 lebt und arbeitet Wagner in Hamburg. Uwe Wagner ist aktiv im FDAX und Bund-Future tätig.

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