Kommentar
09:38 Uhr, 05.07.2017

Auswirkungen der Bilanzverkleinerung der Fed

Prinzipiell ist die Mechanik klar: Während in der Vergangenheit über den Asset-Swap namens "Quantitative Easing" Anleihen in Reserven getauscht wurden, werden in Zukunft Reserven wieder in Anleihen verwandelt.

Die erstrangige Auswirkung dieser Maßnahme wird eine Erhöhung der langfristigen Zinsen sein, da sich das Angebot an Staatsanleihen ausweitet.

Die sekundären Effekte sind allerdings weit weniger klar und ich möchte mit folgender Frage nur auf eine mögliche Problematik verweisen:

Wird die Umkehr von QE die Kreditvergabe behindern, verbessern oder keinerlei Auswirkungen haben?

Die intuitive Antwort ist schnell formuliert, aber die Sache ist möglicherweise etwas komplizierter, als es den Anschein hat..

Treasuries gelten genau wie Überschussreserven als “erstklassige” Sicherheiten, es gibt aber einen fundamentalen Unterschied: Die Geschwindigkeit von Reserven ist Null, Anleihen können “rehypothekisiert” (mehrmals verwendet) werden.

Aus Sicht der Finanzmarktstabilität sind langsame Reserven gegenüber schnelleren Anleihen zu bevorzugen, aus Sicht der Kreditvergabe hat der Swap von Anleihen in Reserven negative Auswirkungen, wie ich kurz erläutern werde.

In der Praxis gibt es grundsätzlich zwei Varianten der Rehypothekisierung:

1) Hedgefonds X liefert eine Anleihen an Dealer Y (z.B. Goldman Sachs) und erhält ein Darlehen. Der Dealer leiht diese Sicherheiten dann wieder aus, allerdings verhindern US-Regulierungen, dass die gesamte Hinterlegungen weiterverwendet werden.
2) Hedgefonds X geht an den Repomarkt und verleiht dort seine Anleihe.

Während vor der Finanzkrise eine Anleihe über diese Vorgehensweise etwa drei mal wiederverwendet werden konnte, sind jetzt aufgrund von neuen Regulierungen und QE schätzungsweise nur noch 2,4 Rehypothekisierungen möglich - die “Geschwindigkeit” von Sicherheiten hat also signifikant abgenommen.

“Langsamere” Sicherheiten bedeuten automatisch weniger Kreditvergabe, da der dem Finanzsystem zur Verfügung Pool an Sicherheiten sich aus der Anzahl der real existierenden Anleihen multipliziert mit ihrer Geschwindigkeit ergibt (gleiche Funktionsweise wie bei Geld).

Während die Rückabwicklung von QE keinen Einfluss auf das regulatorische Framework hat, welches auch weiterhin die Umlaufgeschwindigkeit von Anleihen dämpfen wird, ist die Umwandlung von Reserven in neue Anleihen der Geschwindigkeit generell sehr dienlich und wird die Fähigkeit des Finanzsystems zur Kreditvergabe deutlich verbessern, sprich ein starkes Gegengewicht zur eigentlich geplanten “Straffung” der Geldpolitik über höhere Zinsen bilden.

Es ist also einmal wieder nicht alles ganz so einfach wie es auf den ersten Blick scheint, und mit den mittlerweile berühmt-berüchtigten “unintended consequences” behaftet..

Wenn Sie sich für Makrothemen mit Fokus USA interessieren sind Sie bei mir genau richtig. Ich lebe in den Vereinigten Staaten und beobachte dort sehr genau die Börsen-Szene.
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1 Kommentar

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  • Elchness
    Elchness

    2,4 fache Rehypothekisierungen klingt immer noch ganz schön viel.

    Kann mir nicht vorstellen, dass das gesund ist und auf Dauer funktioniert.

    11:47 Uhr, 05.07.2017

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Über den Experten

Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

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