Wissensartikel
15:53 Uhr, 14.07.2014

Point & Figure für Alle – Teil 1: Die Darstellung

Dies ist der erste Beitrag in eine Reihe von drei Artikeln, welche die Grundlagen der Point & Figure Chart-Darstellung, sowie das moderne Regelwerk für die Bestimmung von Trendlinien, Kurszielen, Mustern und Signalen mit Hilfe der Point & Figure-Technik vorstellen.

Erwähnte Instrumente

  • Gold
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    Aktueller Kursstand:  

Kennen Sie bereits Point & Figure-Charts? Also die zeitlose Chartdarstellung, die die Informationen in einem Chart auf das wesentliche reduzieren? In dieser Artikelserie wollen wir die Welt der Point & Figure-Charttechnik kennenlernen.

  • In diesem ersten von insgesamt drei Teilen zum Thema Point & Figure geht es um die Darstellungsform selbst sowie die wichtigsten Einstellungsparameter.
  • Im zweiten Teil geht es um Point & Figure Trendlinien und Kurszielbestimmung (hier).
  • Im dritten Teil geht es um Point & Figure Muster und Signale (hier)

Das Konzept von Point & Figure

Der Ursprungsgedanke aus dem die Point & Figure Darstellung entstand, war die Suche nach einer effizienten Methode für die Aufzeichnung der Kursdaten. Ohne die heutige allgegenwärtige Computer- und IT-Infrastruktur mussten alle Daten von Hand gesammelt und organisiert werden. Eine mühsame und zeitintensive Arbeit.

Wir befinden uns in den Handelssälen der USA zu Beginn des vorigen 20. Jahrhunderts. Kursdaten wurden sequentiell über einen Ticker geliefert.

Es wurde ein Darstellungskonzept der Kursdaten gesucht, welches möglichst auf einen Blick relevante Kursbewegungen erkennen lässt, insbesondere die sich stetig abwechselnden Aufwärts- und Abwärtsbewegungen.

Beispiel: Kursdaten:

59,5 – 59,1 – 60,0– 60,0 – 60,0 – 60,5 – 60,8 – 61,8 – 60,8 – 60,2 – 60,0 – 59,5 – 58,0 – 59,6 – 59,8 – 60,0 – 61,0 – 63,9 – 60,0 – 59,8 – 59,5 – 59,0 – 57,9 ….

Dieser endlose, sequentielle Zahlenstrom kann nur schwer interpretiert und verarbeitet werden.

Zunächst werden daher die Kursdaten vereinfacht. Geringfügige Kursänderungen senden keine relevanten Signale, so die Idee. Nehmen wir an es wäre adäquat, zunächst die Nachkomastellen wegzulassen. Es ergibt sich die Datensequenz: 59 – 59 – 60 – 60 – 60 – 60 – 61 – 60 – 60 – 60 – 60 – 59 – 58 – 59 – 59 – 60 – 61 – 63 – 60 – 59 – 59 – 59 – 57 ….

Weiterhin könnten sich wiederholende Kurse komplett entfernt werden:

59 – 60 – 61 – 60 – 59 – 58 – 59 – 60 – 61 – 63 – 60 – 59 – 57 ….

Notieren wir diese Kurssequenz auf einem karierten Blatt Papier in Spalten. Eine Spalte wird dabei solange vertikal fortgeschrieben, bis sich die Kursrichtung umdreht.

ter und Signale (ab Freitag, 6.12.2013 im Wissensbereich).

Point-Figure-für-Alle-Teil-1-Die-Darstellung-Reinhard-Scholl-GodmodeTrader.de-1
Konstruktion eines Point & Figure Chart mit Boxgröße 1 aus der vorigen Kursdatensequenz

Der blaue Pfeil zeigt den Kursverlauf im Wechsel von Auf- und Abwärtsbewegung.

Es gelten nun folgende Konventionen und Regeln bei der Konstruktion:

  • Eine Aufwärtsbewegung wird durch eine Säule mit X-Symbolen dargestellt: X-Säule.
  • Eine Abwärtsbewegung wird durch eine Säule mit O-Symbolen dargestellt: O-Säule.
  • Eine Box (Kästchen, Punkt, engl. box) steht für ein Kursdatenintervall.

Vier wesentliche Parameter bei der Point & Figure Chart-Darstellung

1. Die Boxgröße (engl. box size) definiert die Größe des Intervalls. Der Parameter kann in der Chartsoftware eingestellt werden und definiert maßgeblich die Granularität – man könnte auch sagen den dargestellten Zeitraum. Kurzfristige Betrachtungen benötigen kleine Boxgrößen. Bei Aktien wäre dies typischerweise 0,5 % des letzten Kurses oder weniger. Eine mehrjährige, langfristige Betrachtung benötigt eine Boxgröße von beispielsweise 2,0 %. Die Boxgröße kann als prozentualer Wert oder als absoluter Wert eingestellt werden.

Beispiel: Bei einem DAX-Stand von 9.400 Punkten, wäre eine Darstellung von mehreren Monaten, wie Sie für den Positionshandel sinnvoll wäre bei Boxgröße = 0,5 % gegeben. Bei einem Indexstand von 9.400 Punkten entspricht dies 47 Punkten absolut. Mit etwas Rundung wäre daher auch eine absolute Boxgröße von 50 Punkten möglich und zeigt ein ähnliches Chartbild.

Je langfristiger die Betrachtung desto mehr ist die Verwendung von prozentualen Boxgrößen zu empfehlen, so wie auch bei Linien- oder Kerzendiagrammen die logarithmische Skalierung das Kursgeschehen besser darstellt. Im kurzfristigen Trading hingegen spielt dies keine Rolle.

2.Die Umkehr(engl. reversal). Immer wenn sich ein Bewegungsimpuls „ausreichend“ erschöpft hat und eine Gegenbewegung stattfindet, so wird eine neue Säule (egl. column) gezeichnet.

Die minimale Gegenbewegung ist die 1-Box Umkehr. Bei der 1-Box Umkehr muss sich die Bewegung um mehr als eine Box erschöpfen. Sie muss also mindestens eine Box in die Gegenrichtung laufen.

Die Umkehrgröße R kann auch eine andere ganze Zahl größer als 1 sein. In diesem Fall wird der Trend erst dann gebrochen, wenn eine Gegenbewegung um mehr als R-Boxen entstanden ist.

Die in der Praxis wichtigste Umkehrgröße ist 3. Hierauf ist das weitere Regelwerk besonders abgestimmt, wie beispielsweise die Kurszielbestimmung oder die 45 Grad Trendlinien.

Die Einstellungen der Parameter: Boxgröße und Umkehr bestimmen maßgeblich das Erscheinungsbild eines Point & Figure Chart. Diese Parameter werden treffenderwiese auch als Filter bezeichnet, da das Kursgeschehen zum einen auf die Boxgröße reduziert wird und zum anderen kleine Gegenbewegungen durch die Umkehr herausgefiltert werden.

Als Ergebnis erhalten wird einen kompakten und aussagekräftigen Chart. Gleichwohl haben wir jederzeit die Kontrolle über die gewünschte „Auflösung“ der Kursdaten.

Stellen Sie sich die Umkehr (reversal) als strategischen Parameter vor. Die Strategie ändern wir nicht ständig. Die Boxgröße ist hingegen der taktische Parameter, um das Chart in Auflösungen zu betrachten, die wir als „kurz-„, „mittel-„ oder „langfristig“ einstufen können.

Weitere wichtige Parameter zur Chart-Darstellung:

3. Die Zeitliche Auflösung. Basis der Berechnung und Konstruktion des Charts sind Zeitperioden wie Woche, Tag, Stunde oder Minuten. Bei langfristigen Charts genügen üblicherweise Tagesdaten. Für das Trading werden unbedingt Intraday-Daten benötigt.

4. Der Konstruktions-Algorithmus. Es empfiehlt sich die Wahl des High-Low Trendfolge Algorithmus. Hier werden im Gegensatz zur Schlusskurs (engl. close) Methode – auch Hoch oder Tief der Zeitperiode bei der Konstruktion berücksichtigt.

Die folgenden Charts werden die Thematik nochmal veranschaulichen. Verwendet wurde dabei die Software Guidants, mit der Point & Figure Charts kostenlos erstellt werden können.

Point & Figure-Beispiel vs. Kerzencharts: Goldkurs über etwa 12 Monate

Point-Figure-für-Alle-Teil-1-Die-Darstellung-Reinhard-Scholl-GodmodeTrader.de-2

Abbildung: Gold-Kurs in der Kerzen-Chartdarstellung. Es werden dabei Tagesdaten (OHLC) verwendet.

Bilden wir nun dieselben Kursdaten in einem Point & Figure Diagramm ab

Point-Figure-für-Alle-Teil-1-Die-Darstellung-Reinhard-Scholl-GodmodeTrader.de-3

Abbildung: Gold-Kurs in der Point & Figure Chartdarstellung. Parameter: Boxgröße = 15 (absolute Skalierung), Umkehr = 3, High/Low Trendfolge, Tagesdaten. Stand 2.12.2013.

Es fällt zunächst auf, dass die Darstellung kompakter ist. Doch die wesentlichen Bewegungsmuster werden erfasst. Mit etwas Übung erkennt der Anwender nicht nur sehr rasch das Kursgeschehen, sondern kann auch Kursziele und Muster bereits gut identifizieren (mehr hierzu in Teil 2 und Teil 3 der Artikelserie).

Wer nun tiefer in das Kursgeschehen eintauchen und mehr Kursdetails erfahren möchte, wie es für das Trading notwendig wäre, der kann dies problemlos durch Änderung der Darstellungsparameter erreichen. Betrachten wir beispielsweise die Abwärtsbewegung der letzten drei Monaten seit dem Hoch bei rund 1.425 Punkten genauer. Hierzu wird die Boxgröße verkleinert – im Beispiel von 15 auf 5. Außerdem wären Tagesdaten (Open, High, Low, Close) zu grob, daher wählen wir Intraday-Kursdaten aus – im Beispiel 15-Minuten Zeitperioden.

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Abbildung: Gold-Kurs in der Point & Figure Chartdarstellung. Parameter: Boxgröße = 5 (absolut), Umkehr = 3, High/Low Trendfolge, 15-Minutendaten. Stand 2.12.2013.

Diese Darstellung wäre nun auch für Swing-Trading geeignet.

Um nun konkrete Tradingansätze zu finden benötigen wir Werkzeuge zur Trendbestimmung, die Definition von Kurszielen sowie Handelssignale. Mehr hierzu erfahren Sie im nächsten Teil, den Sie bereits unter diesem Link abrufen können: Trend- und Kurszielbestimmung mit Point & Figure

Literatur zum Thema Point & Figure

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(geschrieben von Reinhard Scholl)

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2 Kommentare

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  • Reinhard Scholl
    Reinhard Scholl

    ​Hallo,

    alle Charts sind mit Guidants erstellt.

    Ja, vermtulcih die Boxgröße. Sie muss bei Währungen schon kleiner sein, als zB bei Aktien - in der Regel.

    EINE Möglichkeit (gibt mehrere) ist in der Legende im Chart - oberste Zeile, EUR/USD (.....) O - auf das graue Kreissysmbol O zu klicken. Dann öffnet sich rechts das Einstell-Menü.

    ("Modus": Absolut oder Prozentual wählen und dann "Box Size", die Kästchengröße wählen. z.B. Absolut und 0,1 bei EUR/USD.

    Zweitens ist es wichtig den Zeitraum zu wählen. Bei Intraday- EUR/USD wäre es unpassend nur Wochenkurse oder Tageskurse zu7 wählen. Da sollten es schon 5 Minuten sein (Datenbank hat hier 3 - Monate oder 6-Monaten Historie)

    Bei 1-Minuten Daten hat die Datenbank allerdings nur 1 Tag Daten.

    IDsa könnte hier auch die Ursachen sein, dass sie sozusagen nur ein Kästchen sehen.

    Gruss,

    Reinhard Scholl

    14:54 Uhr, 25.01.2015

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