Vorgehen bei der fundamentalen Aktienanalyse einfach erklärt
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Auch Trader sollten meiner Meinung nach einen Teil ihres Geldes langfristig angelegen. Ich persönlich bin überwiegend langfristig in ETFs und Einzelaktien investiert. Die restliche Cashposition nutze ich zum Trading und baue meine Positionen in ETFs und Einzelaktien mit den Trading-Gewinnen weiter aus.
Bei den ETFs setze ich auf kostengünstige ETFs wie den S&P 500 ETF (WKN: A0YEDG).
Mein Fokus bei den Einzelaktien liegt überwiegend auf spannenden Wachstums- und Technologiewerten sowie auf Blue-Chip-Unternehmen aus den USA oder Europa. Den chinesischen Markt und die Emerging Markets meide ich schon seit einiger Zeit. Hier bin ich nur noch in Mercadolibre und seit wenigen Tagen wieder mit einer Mini-Position in Pinduoduo investiert.
Bei den Einzelaktien gilt für mich das Motto: Weniger ist mehr. Mit den ETFs habe ich bereits eine breite Streuung im Depot, und laut Wissenschaft nimmt der Grenznutzen weiterer Diversifikation ab 20 Einzelpositionen merklich ab. Zumal man den Überblick verliert und gar nicht weiß, wie es fundamental bei den eigenen Unternehmen aussieht. Meine Meinung dazu: Besser gleich ganz auf einen ETF setzen.
Ich zitiere hier gerne Warren Buffett: „Diversification is protection against ignorance. It makes little sense if you know what you are doing.“
Dieses Zitat drückt Buffetts Präferenz für eine konzentrierte Anlagestrategie aus, bei der man in eine kleinere Anzahl von Unternehmen investiert, die man sehr gut versteht, anstatt sein Portfolio über eine große Anzahl von Aktien zu streuen. Jedoch bin ich auch ein klarer Verfechter von ETFs. Egal, wie klug man sein mag, frei von Fehlern ist keiner von uns.
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Diese Fundamentaldaten (KPIs) solltest Du bei Deinen Investments beobachten
Da ich mich sehr intensiv mit meinen Depotpositionen auseinandersetze, pflege ich auch eine extra Excel-Datei, in der ich verschiedene KPIs tracke. Die Inspiration hierfür habe ich aus dem Doppelgänger TechTalk Podcast gezogen. Auch wenn das Ganze ziemlich zeitintensiv ist, lohnt es sich meiner Meinung nach.
Einerseits steigerst Du Deine Kenntnisse im Bereich Fundamentalanalyse deutlich, zum anderen fallen Dir frühzeitig Dinge in den Pressemeldungen der Unternehmen auf (zum Beispiel, wenn bestimmte Kennzahlen plötzlich nicht mehr reportet werden), oder Du kannst Dir Deine ganz persönliche Übersicht basteln.
Wer sich die Mühe nicht machen möchte, kann sich viele der Kennzahlen auch in unseren stock3 Screener in Form einer Vorlage speichern und mithilfe des Fundamentalchart-Widgets visualisieren. Alternativ kannst Du für eine generelle Einschätzung auf den stock3 Score zurückgreifen. Allerdings solltest Du auch diesen stets hinterfragen.
Darauf achte ich in meiner Analyse
Beginnend beim Umsatz (Top Line) ziehst du zunächst jene Kosten (Umsatzkosten, Cost of Sales) ab, die im direkten Zusammenhang mit der Umsatzgenerierung stehen.
Du gelangst zum Bruttogewinn (Gross Profit). Von diesem ziehst du nun die Betriebskosten (Operational Expenditure; Opex) ab. Diese setzen sich zusammen aus Kosten für Verkaufs- und Marketingaktivitäten, Forschungs- und Entwicklungskosten sowie administrativen Kosten.
Du gelangst zum Betriebsergebnis vor Zinsen und Steuern (Income from Operations, EBIT). Nach Berücksichtigung dieser beiden Komponenten (Zinsaufwand/- ertrage, Steueraufwand/- ertrag) bist Du auch schon beim Nettoergebnis. Indem Du dann durch die Anzahl der ausstehenden Aktien teilst, gelangst Du zum Gewinn (Verlust) je Aktie.
Wichtig:
Sei Dir bewusst, ob Du auf adjustierte oder auf nach den Rechnungslegungsvorschriften konforme Zahlen blickst. Auch wenn es Unternehmen gibt, die ziemlich Schindluder mit den adjustierten Kennzahlen treiben, sind diese nicht zwangsläufig schlecht. Adjustierte Kennzahlen zeichnen in vielen Fällen ein realistischeres Bild der Unternehmensentwicklung. Allerdings solltest Du hellwach werden, wenn Du starke Diskrepanzen zwischen GAAP und Non-GAAP feststellst.
Die Bilanz ist stichtagsbezogen. Die GuV und Kapitalflussrechnung hingegen zeitraumsbezogen. Die GuV erfasst die Erträge und Aufwendungen über einen bestimmten Zeitraum. Die Kapitalflussrechnung zeigt die Zu- und Abflüsse von liquiden Mitteln über einen bestimmten Zeitraum.
Die Kapitalflussrechnung beginnt mit dem Nettogewinn oder -verlust aus der GuV. Zunächst werden hier alle nicht-cashflow-wirksamen Geschäftsaktivitäten hinzuaddiert.
Dazu gehören auch Abschreibungen (Depreciation & Amortisation). Wieso? Die Cashflow-Rechnung basiert auf dem Prinzip des Cash Accountings. Das bedeutet, dass nur Transaktionen erfasst werden, wenn tatsächlich Geld in das Unternehmen hinein- oder aus ihm herausfließt (man spricht von cashflow-wirksam und nicht-cashflow-wirksam).
Wenn ein Unternehmen eine Maschine kauft, dann fließt zu diesem Zeitpunkt tatsächlich Geld aus dem Unternehmen ab. Man spricht hier von einer cashflow-wirksamen Transaktion. In den Folgejahren, in denen die Maschine genutzt wird, verliert diese Maschine durch die Nutzung und den Verschleiß an Wert. Um diesen Wertverlust abzubilden, wird dieser Vermögenswert (meist) linear über dessen Nutzungsdauer abgeschrieben. Dies hat zwar einen Effekt auf den Gewinn, ist aber nicht mit einem Geldfluss verbunden. Daher addiert man diesen Effekt wieder im Rahmen der Kapitalflussrechnung hinzu.
Weiterhin tracke ich auch das EBITDA (Betriebsergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen), da es die operativen Tätigkeiten des Unternehmens noch besser widerspiegelt und nicht durch Abschreibungssondereffekte verzerrt wird. Da ich in einige Wachstumsunternehmen investiert bin, tracke ich auch die sogenannten "Stock-based compensations" (SBC). Diese aktienbasierte Mitarbeitervergütung ist vor allem bei dieser Art von Unternehmen relevant. Denn viele Wachstumsunternehmen bezahlen und beteiligen ihre Mitarbeiter neben dem Lohn auch in Form dieser Mitarbeiteraktien – gleichzeitig werden bestehende Investoren durch die Ausgabe neuer Unternehmensanteile verwässert.
Zudem rechnen sich hiermit viele Unternehmen schöner als sie eigentlich sind – einfach um diesen Effekt, der teils erheblich sein kann, bereinigen. Also bei Non-GAAP Cashflow-Metriken wie dem operativen oder freien Cashflow die stock-based-compensations (SBCs) subtrahieren.
Bsp.: Wenn das Unternehmen einem Non-GAAP Free Cashflow von 100 Mio. USD ausweist und gleichzeitig einen SBC-Aufwand von 150 Mio. USD fährt, dann wäre der FCF eigentlich weiterhin 50 Mio. USD defizitär.
Ergo wäre die angegebene Non-GAAP FCF-Marge bei einem Umsatz von 500 Mio. USD nicht 20 % (100 Mio. $ Non-GAAP FCF/ 500 Mio. $ Umsatz = 20 %) sondern noch negativ mit 10 % (100 Mio. $ Non-GAAP FCF - 150 Mio. $ SBC / 500 Mio. $ Umsatz = -50 Mio. $ / 500 Mio. $ = - 10 % um SBC adjustierte FCF-Marge).
Diese Kennzahl benötige ich zudem noch für weitere Berechnungen.
Eine Komponente der Kapitalflussrechnung ist der Cashflow aus operativer Tätigkeit. Von diesem subtrahieren wir nun die Investitionsausgaben (kurz: Capital Expenditures, Capex), um zum Free Cashflow (FCF) zu gelangen. Das ist das Geld, welches dem Unternehmen wortwörtlich zur freien Verfügung steht, um beispielsweise zu investieren, Aktienrückkäufe zu tätigen, Dividenden zu zahlen, etc. Idealerweise bereinigt man auch nochmal um die SBCs.
Die beiden anderen Komponenten der Kapitalflussrechnung sind der Cashflow aus Investitions- und Finanzierungstätigkeit. Mehr dazu gibt es in diesem Beitrag - hier klicken. Die Höhe der Schuldentilgung (debt repayment), der Aktienrückkäufe (share repurchase) sowie der Dividendenzahlungen (dividend payments) benötige ich ebenfalls für die Berechnung weiterer Ratios.
Unter dem Oberpunkt Margins tracke ich diverse Margen, also einfach das Verhältnis von beispielsweise Bruttogewinn, EBIT, Net Income, FCF oder operativem Cashflow zum Umsatz. Hier möchte ich sehen, dass das Unternehmen seine Margen über die Zeit weiter ausbaut. Denn dies ist nur der Fall, wenn das Unternehmen auf seinem hoffentlich vorhandenen Wettbewerbsvorteil mit Preissetzungsmacht aufbauen kann, prinzipiell effizienter wird und damit von einem einsetzenden operativen Hebel profitiert.
Unter dem Punkt Ratios setze ich verschiedene Kennzahlen in Beziehung zueinander. Beispielsweise achte ich hier auf ein gesundes Verhältnis von Marketingkosten zum Umsatz, einen bestmöglich nicht ausufernden Anteil von SBCs an den Betriebskosten und am Free Cashflow. Ich tracke die Net Revenue Retention (NRR) oder Net Dollar Based Expansion Rate (NDBER), insofern das Unternehmen diese ausweist. Diese Kennzahl gibt einem ein ganz gutes Verständnis darüber, wie es ein Unternehmen schafft, seinen bestehenden Kundenstamm in teurere Pakete upzusellen. Mehr dazu, liest Du hier.
Auch achte ich auf das Verhältnis von Goodwill zum Eigenkapital. Tätigt ein Unternehmen sehr viele Übernahmen, so kann der Goodwill-Anteil schnell zum Verhängnis werden, spätestens, wenn es zu Abschreibungen dieses immateriellen Vermögenswertes kommt. Die Bayer AG mit Monsanto lässt grüßen. Der Goodwill repräsentiert den Betrag, den das Käuferunternehmen über den Nettovermögenswert des erworbenen Unternehmens hinaus bezahlt hat und reflektiert immaterielle Vermögenswerte wie Markenwert, Kundenbeziehungen und Unternehmenssynergien.
Außerdem achte ich auf die finanzielle Gesundheit des Unternehmens, indem ich die Nettoverschuldung ins Verhältnis zum Eigenkapital und EBITDA setze. Werte von < 50 % sowie < 4 wären erfreulich.
Anschließend blicke ich darauf, ob das Unternehmen den mit den Finanzschulden einhergehenden Verpflichtungen der Zinszahlung und Schuldentilgung gerecht werden kann. Die Gesamtkapitalrendite (Return on Assets = ROA = Nettogewinn+Zinsaufwand / Total Assets) und Eigenkapitalrendite (Return on Equity = ROE = Nettogewinn / Eigenkapital) sollten immer gemeinsam betrachtet werden und geben ein genaueres Bild darüber ab, wie gut das Unternehmen mit dem Geld seiner Kapitalgeber wirtschaftet.
Warum gemeinsam? Setzt ein Unternehmen Großteils auf zinstragendes Fremdkapital bei der Finanzierung seiner Aktivitäten, so kann der ROE schnell ein deutlich positiveres Bild zeichnen als es der eigentliche Fall ist. Daher immer den ROA hinzuziehen und auf krasse Diskrepanzen zwischen beiden Kennzahlen achten.
Wer die Kennzahl Return on invested Capital (= ROIC) hinzuzieht, erhält ein noch ganzheitlicheres Bild. Mit diesem KPI lässt sich die Kapitaleffizienz eines Unternehmens im Gegensatz zum ROE oder ROA unabhängig von dessen Finanzierungsquellen bewerten. Dafür teilt man den Net Operating Profit After Taxes (Nachsteuergewinn, NOPAT = EBIT-Steueraufwand) durch das investierte Kapital (= Total Assets - Cash - Forderungen + Verbindlichkeiten aus Lieferung & Leistung). Solide Unternehmen kommen auf einen ROIC, der die Kapitalkosten für das Unternehmen übersteigt.
Keine wirkliche Bewertungskennzahl, eher eine Daumenregel, ist die "Rule of 40". Diese nutze ich vor allem bei Wachstumsunternehmen. Damit lässt sich approximieren, ob das Unternehmenswachstum und die Unternehmensprofitabilität in einem gesunden Verhältnis zueinander stehen. In der Vergangenheit hat sich nämlich gezeigt, dass Unternehmen, deren Umsatzwachstum + Gewinnmarge (alternativ: FCF-Marge) Werte von über 40 erreichen, langfristig erfolgreich sind. Wichtig: Nur weil ein Unternehmen in dem frühen Stadium noch Verluste macht und beispielsweise eine Gewinnmarge von -20 % ausweist, muss die Firma nicht zwangsläufig schlecht sein, wenn dessen Umsätze gleichzeitig in hohem Tempo wachsen. Für die Wahrung der Rule of 40 wäre hier ein Umsatzwachstum von mindestens 60 % erforderlich.
Allerdings gibt es auch Ansätze wie die "Rule of X"
Die "Rule of X" ist eine Bewertungsmethode, die von Bessemer Venture Partners eingeführt wurde, um die Bewertung von Cloud-Unternehmen besser widerzuspiegeln, indem sie Wachstum und zukünftige wiederkehrende Einnahmen berücksichtigt. Sie ist eine Erweiterung der traditionellen "Rule of 40," die das Gleichgewicht zwischen Wachstum und Rentabilität bewertet.
Die Rule of X legt besonderen Wert auf Wachstum bei der Bewertung von Cloud-Unternehmen. Während Wachstum und Rentabilität bei der der Rule of 40 gleichgewichtet sind, verwendet die Rule of X einen Multiplikator auf die Wachstumsrate, der beim Zwei- bis Dreifachen liegt. Dieser Multiplikator betont die größere Bedeutung des Wachstums im Vergleich zu Gewinnmargen bei der Unternehmensbewertung.
Beispiel: Ein Unternehmen mit 30 % Wachstum und 15 % Gewinnmarge hätte nach der Rule of 40 eine Bewertung von 45 %, nach der Rule of X jedoch 75 % (30 % Wachstum x 2 + 15 % Gewinnmarge). Dies zeigt, dass Unternehmen mit höherem Wachstum höher bewertet werden als solche mit höheren Gewinnmargen, aber geringerem Wachstum.
Die Rule of X fokussiert sich vor allem auf das Ziel Wachstum bei angemessenen Kosten zu optimieren, anstatt sich ausschließlich auf den sofortigen freien Cashflow zu konzentrieren.
Bei der Bilanzbetrachtung achte ich auf die Cash-Position, die Entwicklung des Inventars, den Goodwill, die zinstragenden Finanzschulden, die Summe aller Vermögenswerte (entspricht immer der Summe aus Verbindlichkeiten und Eigenkapital), die Nettoverschuldung, die Anzahl der ausstehenden Aktien sowie den Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung.
Final ist noch wichtig anzumerken, dass die Meinung zu einem Unternehmen nicht aufgrund eines schlechteren Quartals stehen und fallen sollte, sondern man dem Ganzen mehr Zeit geben sollte. Daher auch diese Excel.
Valentin magst du nicht mal ein Seminar dazu geben? Du hattest in der Vergangenheit ja auch 1-2 Tools zur Bewertung von schnell wachsenden Unternehmen vorgestellt. Würde es begrüßen, wenn du diese Ansätze mal in einem Fundamentalanalyse Seminar intensiv an Beispielen vorstellen würdest. Liebe Grüße von einem großen Fan!
Gruss Max