Kommentar
11:25 Uhr, 15.12.2016

US-Zinsentscheid: Erinnerungen an 1929…

Die Geschichte wiederholt sich nicht, sie reimt sich aber. Selten hat diese Erkenntnis besser gepasst als in der heutigen Zeit...

Die Überraschung der Woche ist nicht die Tatsache, dass die US-Notenbank die Zinsen angehoben hat - nachdem sie die Anleger ein volles Jahr auf die Folter gespannt hatte. Überraschend ist vielmehr, dass die Fed das Zinserhöhungstempo jetzt deutlich straffen will: Bis 2019 soll der US-Leitzins auf rund drei Prozent klettern.

Das klingt überschaubar, ist es aber nicht:

Vor allem für stark verschuldete Volkswirtschaften sind steigende Zinsen so ziemlich das Schlechteste, was passieren kann. Dazu eine einfache Rechnung: Sollten die US-Leitzinsen auf den historischen Mittelwert von rund fünf Prozent steigen, müssten die USA bei Staatsschulden in Höhe von derzeit 20 Billionen US-Dollar jedes Jahr rund eine Billion US-Dollar Zinsen an die Banken überweisen.

Das entspricht in etwa dem gesamten (!) US-Bundeshaushalt für das Fiskaljahr 2015. Steigen die Staatsschulden mittelfristig aber auf mindestens 25 Billionen US-Dollar, wie das in den USA vor dem Hintergrund des von Donald Trump angekündigten Investitionsprogramms zu erwarten ist, dann genügt auch ein Leitzinssatz von deutlich weniger als fünf Prozent, um die US-amerikanische Volkswirtschaft in Schwierigkeiten zu bringen: Es liegt auf der Hand, dass spätestens dann nichts mehr geht, wenn der Zinsdienst das Haushaltbudget übersteigt.

Die einfache Rechnung zeigt, wie aussichtlos die Verschuldungslage in den Vereinigten Staaten durch die Gelddruckorgie der vergangenen Jahre geworden ist.

Noch viel wichtiger ist aber ein anderer Aspekt: Der Zinsentscheid der Fed vom Mittwoch kann als eine Art Kampfansage an den neuen US-Präsidenten verstanden werden: Steigende Leitzinsen konterkarieren das Investitionsprogramm, das Donald Trump angekündigt hat. Zudem sind der starke US-Dollar und die gestiegenen Renditen bei US-Staatsanleihen bereits eine verdeckte Zinserhöhung. Das heißt, eine Straffung der Geldpolitik wäre zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht nötig gewesen.

Wäre die Fed guten Willens, hätte sie es mit Verweis auf diese Umstände beim aktuellen Zinsniveau belassen können. Doch sie ist nicht guten Willens, und war es auch noch nie. Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt das. Dazu gleich.

Ändern kann Donald Trump an der Gemengelage übrigens nichts: Fed-Chefin Janet Yellen wie auch ihr Vize Stanley Fischer werden bis Anfang 2018 im Amt sein. Eine Absetzung durch den US-Präsidenten ist nicht möglich.

Sie fragen sich, wer dann eigentlich die USA regiert? Gute Frage. Mit ein wenig Eigenrecherche werden Sie die Antwort selbst herausfinden...

Damit wird allmählich erkennbar, womit es der künftige US-Präsident zu tun haben wird: Steigende Zinsen und Anleiherenditen dürften während der Regierungszeit von Donald Trump begleitet werden von geringem Wachstum bei gleichzeitig anziehender Inflation, der gefürchteten Stagflation, fallenden Aktienmärkten und steigender Arbeitslosigkeit.

Das Bild deckt sich im Übrigen sehr gut mit unserer übergeordneten Einschätzung: Mit der Aussicht auf einen beschleunigten Zinsanhebungszyklus schafft die US-Notenbank jetzt das Umfeld, um den von ihr selbst installierten Konkursverwalter und Sündenbock Donald Trump in einigen Jahren mit Schimpf und Schande in die Wüste schicken zu können.

Der Vorgang zeigt Parallelen mit der Lage nach 1929: In den 1930er Jahren hatte die US-Notenbank die einsetzende Wirtschaftsdepression durch eine restriktive Geldpolitik deutlich verschärft. Wikipedia schreibt dazu:

„Durch die Bankenkrise wurde auch die Giralgeldschöpfungsfunktion der Banken erheblich gestört.[17] In dieser Situation hätte die US-amerikanische Notenbank (FED) die Banken stabilisieren können, tat dies aber nicht,[18] sondern verfolgte im Gegenteil eine kontraktive Geldpolitik, die die Geldmenge um etwa 30 Prozent („great contraction“) reduzierte,[19] die Deflationsspirale forcierte und damit die Banken- und Wirtschaftskrise weiter verschärfte.[20]

Damals wie heute war den so genannten „Währungshütern“ selbstverständlich bestens bekannt, was eine restriktive Geldpolitik in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld anrichten würde: Maßlose Spekulationsblasen, etwa bei Aktien, Anleihen oder Immobilien lassen sich damit zuverlässig in die Luft sprengen – mit den bekannten Folgen.

Und genau darum geht es jetzt….

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Zum Autor:

Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG. Weitere Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de

70 Kommentare

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  • dschungelgold
    dschungelgold

    Wer nicht blind ist, weiss genau, dass der Wohlstand der "Willigen" unter Fuehrung der USA NUR UND AUSSCHLIESSLICH seit 200 Jahren auf Massenmord, Land theft, Ueberfaelle und Erpressung basiert. Nun naehert sich das dem Ende.Das Karma der Unterdrueckung und Auzbeutung holt uns ein. Da gibts dann 2 Moeglichkeiten: Untergang der Menschheit oder Untergang des gesammten Systems. Ich ziehe Version 2 vor. Mal sehen was die Gierigen und ihre Regierungen vorziehen. Immerhin schwadronieren die schon von "begrenzten, gewinnbaren Atomkriegen". Sieht schlecht aus.

    09:18 Uhr, 19.12. 2016
  • Löwe30
    Löwe30

    Es ist doch nicht zu bestreiten, dass Tobias Krieg darin Recht hat, dass die Menschen in den entwickelten Ländern heute deutlich bessere Lebensbedingungen haben als in der Zeit vor 1800. Zu einer wirklich deutlichen Verbesserung kam es übrigens erst seit in der Marktwirtschaft die kapitalistische Produktionsweise betrieben wurde. Erst dadurch kam es zum „Hockey Stick“ des Wohlstands. Diese Produktionsweise bedingt nun mal die Kapitalakkumulation. Wenn dadurch nicht alle gleich Wohlhabend geworden sind, so liegt das zunächst mal auch daran, dass nicht jeder die Risiken eines Unternehmers zu tragen bereit ist, und daher lieber ein Einkommen als Arbeitnehmer bevorzugt und seine Ersparnisse nicht für Investitionen in Produktionsmittel zur Verfügung stellt, sonder "Sparbücher, Staatsanleihen usw. anlegt. Menschen sind nun mal sehr verschieden.

    Was wir in den letzten rund 100 Jahren, seit dem die FED gegründet wurde, aber erst so richtig nach die Schließung des „Goldfensters“ im Jahr 1971 durch Präsident Nixon, erleben, ist allerdings, dass großer Reichtum nicht mehr nur durch unternehmerische Tätigkeit bei der Güterproduktion aufgebaut wird, sondern durch die fatale Geldpolitik der Notenbanken, die mit ihrer Geldschöpfung eine Umverteilung von unten nach oben betreiben und die in der Produktion tätigen Menschen, systematisch enteignen, indem sie den Vorteil, den die Steigerung der Produktivität bringt, nämlich dass Güter weniger kosten und die Menschen sich mehr und neue, bisher nicht verfügbare Güter leisten können, zunichte macht und ins Gegenteil verkehrt, indem sie Inflation erzeugen. Durch diese Geldpolitik werden darüber hinaus Boom und Bust Zyklen erzeugt, die immer wieder gescheiterte Existenzen hervorrufen. Womit Armut einhergeht, die nicht so schnell überwunden wird und beim nächsten Zyklus kommt dann neue Armut dazu. Dazu kommt noch, dass durch diese (sozialistische, weil planwirtschaftliche) Geldpolitik die Vermögen der bereits Reichen aufgeblasen werden. Den letzten Sargnagel für die Beerdigung der allgemeinen Mehrung des Wohlstands schlägt dann noch die Politik mit ihren Interventionen in den Sarg.

    20:00 Uhr, 17.12. 2016
  • 1 Antwort anzeigen
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Viele werden sich die Frage stellen, ob wir die größte Idioten-Rally aller Zeiten momentan an den Aktien-Märkten oder bei den sehr schnell steigenden Renditen der Anleihen sehen. Jeder möge sich die Antwort selbst geben, aber nachdem die Aktienrally nun doch sehr deutlich in die Jahre gekommen ist und wir 30 Jahre mit fallenden Zinsen hinter uns haben, ist die rein statistische Wahrscheinlichkeit für einen oberen Wendepunkt bei den Aktien und einen unteren Wendepunkt bei den Renditen der Anleihen ziemlich hoch.

    Die Investoren haben sich zwar daran gewöhnt, das die Fed und die restlichen Notenbankster der Welt, die Märkte meistens in die Richtung quatschen, wo sie die Märkte haben wollen und sie vertrauen darauf, daß es auch

    so bleibt, aber es wird nicht so bleiben. Seit Juli hat sich die Entwicklung der Anleihe-Renditen verselbständigt und das ist ein starkes Zeichen dafür, das die Gesetze der Ökonomie noch existieren und keinesfalls von den Notenbankstern und den Politclowns zu Grabe getragen wurden.

    Die Aktien-Bullen haben sich zwischenzeitlich opportunistisch der Trump-Euphorie angeschlossen und hoffen darauf, das der Showman aus New York in die Tat umsetzt, was er vollmundig versprochen hat, aber das wird keinesfalls leicht für Trump und wahrscheinlich werden seine Pläne von seinen politischen Widersachern in vielen Punkten durchkreuzt. Es dürfte ihm ähnlich gehen wie Obama, zu Beginn frenetisch gefeiert und zum Schluß tritt die große Ernüchterung ein.

    Wenn die Markteilnehmer realisieren, das Trump nicht liefert, dann könnte das den Stöpsel aus der Wanne ziehen und dafür sorgen, das sich unter den Aktienmärkten eine Falltür öffnet. Den Rest besorgt der Schuldenturm zu Babel. Entweder er stürzt ein oder er wird, was wahrscheinlicher ist, von den Systemknechten weiter aufgeblasen um dann in einer hyperinflationären Supernova zu verglühen.

    Denn wer glaubt, daß die großen Industrienationen das selbst geschaffene Schuldenmonster handzahm dressiert haben und auf seinem Rücken in eine goldene Zukunft reiten, der wird spätestens dann eines Besseren belehrt, wenn das Schuldenmonster die Dompteure der Zentralbanken zum Frühstück verspeist und sich daran macht, die Wohlstandsillusion der Baby Boomer nachhaltig zu zerstören.

    Fazit:

    Der Schlüssel zum Handelserfolg für die kommenden 12 Monate ist der Preis für unser Geld, der Zins. Wer wissen möchte, wie die Aktiemärkte im kommenden Jahr laufen, der sollte die Entwicklung der Anleihen-Renditen und der US-Leitzinsen engmaschig verfolgen. Die Zinsen sind nun das Zünglein an der Waage und sie werden 2017 über das Wohl und Wehe der Märkte entscheiden.

    12:40 Uhr, 17.12. 2016
    2 Antworten anzeigen
  • 1 Antwort anzeigen
  • Fredo Escalade
    Fredo Escalade

    @Marktbegleiter

    @Husky

    @Herrn Hoose

    Den Ausführungen ist zuzustimmen und sie sind zum Teil sehr erhellend. DANKE dafür.

    So gut wie Herr Krieg doch ab und an ein paar Analysen fertigt, so (absichtlich??!!) unwissenlich gibt er sich, wenn man den Dingen auf den Grund gehen will...

    Er vergleicht tatsächlich Leibeigenschaft mit der derzeitigen unbemerkten Versklavung??? Wahnsinn.. Hier geht nun wirklich GAR NICHTS in die "richtige Richtung" sondern ALLE Statistiken zeigen, dass MONOPOLE und KARTELLE nach einigen Jahrzehnten Pause wieder dabei sind, die alten "feudalen Strukturen" neu und natürlich viel subversiver und perfider weltumspannend zu installieren..

    Völlig wirr wird es, wenn Herr Krieg von "Self-Made-Miliardären" spricht... Man muss sehr an der Denkfähigkeit des sich so Äussernden zweifeln, denn solch neoliberale Propaganda ist nur schwer zu ertragen.
    Jeder kann Milliardär werden mit ehrlicher Arbeit, z.B die Krankenschwester und der Busfahrer? Sie müssen sich - nach neoliberaler Lesart - eben nur mehr anstrengen? Und wenn sie es nicht mindestens zum Millionär schaffen bzw. sogar ihre Arbeit verlieren, sind sie "selbst schuld"!??? Herr Krieg, bitte wachen Sie auf!!

    Niemand ist hoffnungsloser versklavt als der, der fälschlicherweise denkt er wäre wirklich frei.

    17:53 Uhr, 16.12. 2016
  • Husky
    Husky

    @Herr Krieg

    warum ist die FED nicht die erste Notenbank der USA? Mal drüber nachdenken.

    17:14 Uhr, 16.12. 2016
  • 1 Antwort anzeigen