Kommentar
09:30 Uhr, 23.09.2025

Wann endet das endlich?

In der Theorie sind Seitwärtsbewegungen leicht zu traden. Die Praxis sieht anders aus. Daher dürften sich inzwischen viele Trader wünschen, dass die Seitwärtsbewegung im DAX endlich endet. Charttechniker auch.

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  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Kursstand: 23.644,97 Pkt (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • DAX - WKN: 846900 - ISIN: DE0008469008 - Kurs: 23.644,97 Pkt (XETRA)

Der DAX wurde am Freitag, dem großen September-Verfallstag, zum Verfallstermin am Mittag bei 23633,24 Punkten abgerechnet. Damit lag er genau in der erwarteten Spanne von 23.500 bis 24.000 Punkten. Doch zunächst sah es nicht danach aus.

Mit dem Kurseinbruch wurde es wieder nichts

Schließlich brach der Kurs bereits am Dienstag der Vorwoche dynamisch aus der Seitwärtsbewegung aus, die ihn seit Mai gefangen hält (gelbes Rechteck im folgenden Chart). Mit der langen roten (= bärischen) Kerze unterschritt er zudem klar das alte Allzeithoch vom März bei 23.476 Punkten (dicke grüne Linie) und sendete so auch ein übergeordnetes bärisches Signal:

DAX (BI 2025-09-22)
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Doch es wurde nichts aus dem weiteren Kurseinbruch, der danach charttechnisch zu erwarten war. Zwar scheiterte der DAX mit seiner Kerze vom Mittwoch im Hoch an der dicken grünen Linie und bestätigte damit formal den Rückfall, aber am Donnerstag sprang er dynamisch und weit zurück in das gelbe Rechteck. Gut, er zeigt sich immer noch schwach, sodass die Bären im Vorteil bleiben, aber vorerst geht die Seitwärtsbewegung weiter.

Nun mag es viele Anleger geben, die darüber erleichtert sind. Der geneigte Analyst seufzt jedoch: Wann endet das endlich? Schließlich sind (lange) Seitwärtsbewegungen die undankbarsten Formationen für Chartanalysen.

Fehlausbrüche über Fehlausbrüche

Den Grund sieht man auch als charttechnischer Laie an den diversen „Ausflügen“ des DAX nach oben und unten, die jeweils nur von kurzer und kürzester Dauer waren – bevor der Kurs wieder in die gelbe Zone zurückkehrte. Solche Fehlsignale führen nicht nur dazu, dass man in die falsche Richtung schaut (oder tradet), wenn sie auftreten. Sie senken die generelle Signalqualität erheblich, und zwar auch für die Zukunft.

Das sehen wir aktuell sehr gut unterhalb des aktuellen Kurses: Die ursprüngliche Unterstützung war die dicke grüne Linie des alten Allzeithochs. Aber schon bei den ersten Rückfällen nach dem Ausbruch darüber, tauchte der DAX immer wieder darunter ab. Zunächst waren es nur Tageskerzen, die diese Linie verletzten, was die Sache scheinbar weniger problematisch macht.

Doch dadurch bilden sich neue Unterstützungen (dünne grüne Linien unterhalb von 23.400 Punkten), die so dicht unterhalb der „relevanten“ Linie liegen, dass man sie berücksichtigen muss. Und das zu Recht, wie wir nun gesehen haben: Der DAX drehte in der Vorwoche genau in dem Büschel der drei dünnen grünen Linien früherer Fehlausbrüche (siehe grüner Pfeil)!

Warum die Chartanalyse immer schwieriger wird

Dadurch wird es immer schwieriger, ein Niveau zu bestimmen, ab dem die Seitwärtsbewegung beendet ist. Durch das Tief der Vorwoche scheint das alte Hoch bzw. die Unterkante des (bisherigen) gelben Rechtecks endgültig irrelevant geworden zu sein. Schließlich verstärkt dieses Tief die tiefer liegende Unterstützungszone.

Solange also der DAX oberhalb des Mittwochs-Tiefs notiert, würde ich kein Ende der Seitwärtsbewegung ausrufen. Doch was, wenn er wirklich darunter fällt? Dann gibt es ja noch die blaue Zone als nächsten möglichen Haltepunkt. Und selbst, wenn er auch darunter rutscht: Was ist mit der großen Kurslücke um 22.600 Punkte von Anfang Mai (graues Rechteck)? Solche Kurslücken sind ebenfalls oft Unterstützungen bzw. Widerstände – und zwar sowohl oben als auch unten. Das wären dann weitere 265 Punkte Unsicherheit über ein Short-Signal!

Hinzu kommt, dass vermeintliche Formationen innerhalb und/oder abseits der eigentlichen Seitwärtsbewegung fast immer aufgeweicht werden, je länger das „Gedaddel“ dauert. Beispiel: der flache grüne Aufwärtstrend. Er lag ursprünglich entlang der gestrichelten schwarzen Linie. Mit dem Rückfall von Anfang September ergab sich die nun grün schattierte, alternative Variante. Welche davon ist jetzt die „richtige“?

Wie Fehlausbrüche zu Fehlern führen können

Nun kann man streiten, ob man Linien und Kanäle auf diese Weise „anpassen“ darf oder soll. (Ich rate davon ab). Doch das Problem bleibt: Beide Kanäle geben unterschiedliche Signale. So scheiterte der DAX am Freitag von unten an der gestrichelten Trendlinie und bestätigte damit den Bruch dieses Kanals vom Dienstag. Der andere Kanal wurde erst heute gebrochen, zudem konnte der Rücksprung vom Donnerstag bullish gewertet werden, da dadurch der flachere Kanal zurückerobert wurde.

Sicher solche Unterschiede gibt es in den Charts ständig: Unterschiedliche Trendlinien gibt es so viele wie Analysten. Entsprechend verschieden fallen die Ergebnisse aus. (Das ist auch gut – die Börse würde ja erstarren, wenn alle die gleiche Meinung hätten!) Doch in Seitwärtsbewegungen nehmen diese Unstimmigkeiten und Unsicherheiten erheblich zu.

Es ist unschön genug, wenn dadurch die Analysen unstimmiger werden. Wer diese „Signale“ tradet, häuft Verluste an und wird frustriert. Das verleitet vor allem unerfahrene Trader zu Fehlern, z.B. zum Versuch, durch riskantere Trades, diese Verluste wieder „hereinzuholen“.

Es wäre also wirklich das Beste, wenn diese Seitwärtsphase endlich endet.

Was machen die Bären nun daraus?

Danach sieht es zwar weiterhin aus, aber ob es tatsächlich dazu kommt, bleibt abzuwarten. Wie schon gesagt: Die Bären haben noch die Initiative, aber die bisherigen Fehlausbrüche zeigen, dass sie es nicht schafften, das Bollwerk der Bullen zu knacken.

Und so bleibt fraglich, ob das aktuell bärische Chartbild auch zu dem Kursverlauf führt, den es erwarten lässt: Schließlich bleibt die kurzfristige Abwärtstendenz seit August (rote Linien) intakt. Und auch übergeordnet haben die Bären inzwischen einen klaren Vorteil, denn die blaue Aufwärtslinie ist endgültig hinfällig.

Und die heutige Schwäche des DAX scheint dieses bärische Szenario zu bestätigen. Was fehlt, ist „nur“ der klare Bruch der Seitwärtsbewegung. Ob und wann es dazu kommt? Ungewiss, denn gestern produzierten die Bullen einen „Hammer“, eine kurzfristig potenziell bullische Umkehrkerze. Entsteht hier vielleicht schon gleich das nächste Fehlsignal? Möglich, also schauen wir mal, was die Bären in den nächsten Tagen daraus machen.

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1 Kommentar

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  • masi123
    masi123

    Bemerkenswert finde ich die deutliche Unterperformance gegenüber den US-Aktien seit Mitte August, also dem Abschluss des für die EU katastrophalen sog. Zoll-Deals. Auf Jahressicht (US-Wahl) haben die US-Werte nun noch Einiges Nachholpotential, der Dax kann also noch eine Weile seitwärts laufen.

    10:53 Uhr, 23.09.