Und plötzlich sprechen alle wieder über die Zinsen
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Erwähnte Instrumente
- Euro-Bund FutureKursstand: 157,94 € (Commerzbank CFD) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
- US 10Y Bond YieldKursstand: 2,832 % (Bonds) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
- Euro-Bund Future - WKN: 965264 - ISIN: DE0009652644 - Kurs: 157,94 € (Commerzbank CFD)
- US 10Y Bond Yield - Kurs: 2,832 % (Bonds)
- DE 10Y Bond Yield - Kurs: 0,748 % (Bonds)
Es kommt wieder Bewegung in die Anleihemärkte. Nach einem zum Einschlafen langweiligen Jahr 2017 stand der Bund Future in Deutschland in den vergangenen Wochen deutlich unter Druck. Parallel dazu explodierte die Anleiherendite für Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren regelrecht auf knapp 0,75 %. Die Trendwende hat aber nicht erst in diesem Jahr begonnen.
Trendwende nimmt Form an
Bereits im November 2016 wies ich an dieser Stelle auf das zumindest nach meiner Beurteilung „Signal des Jahres“ hin. Damals hatten sowohl die Anleiherenditen in den USA als auch in Deutschland ihre mittelfristigen Abwärtstrends verlassen und waren dynamisch nach oben gezogen.
Ich zitiere: Auf Sicht mehrerer Monate, eventuell auch Jahre, ist damit eine Rückkehr zu den Niveaus des Jahres 2013 denkbar. Das würde in Deutschland einer Rendite von rund 1,97 % entsprechen, in den USA einem Wert von 3,00 %. Markante Widerstände in Form der 2015er Zwischenhochs notieren bei 0,93 % (Deutschland) und 2,45 % (USA)… Insgesamt könnte mit der Entwicklung in dieser Woche der Startschuss für eine mehrjährige Trendwende an den Anleihemärkten gefallen sein. Zumindest sollten Anleger auf ein Szenario steigender Zinsen vorbereitet sein.
Mit der Ruhe ist es jetzt vorbei
Enttäuschend verlief das Jahr 2017. Unterm Strich tat sich am Anleihemarkt wenig bis gar nichts. Der Bund Future verharrte in einer breiten Range, auch die Treasuries in den USA stagnierten. Seit Jahresanfang ist es mit der Ruhe allerdings vorbei.
Zur allgemeinen Übersicht zunächst die Umlaufrendite in Deutschland. Sie gibt die durchschnittliche Rendite alle börsennotierten Bundeswertpapiere wieder. Was der DAX für den Aktienmarkt ist, ist die Umlaufrendite für den Rentenmarkt. Im Sommer 2016 markierte sie ihr Tief bei -0,29 %. Was seither läuft, ist eine Erholung innerhalb eines massiven langfristigen Abwärtstrends. Angesichts dieser Entwicklung sollte man trotz eines Anstiegs auf inzwischen wieder 0,5 % vorsichtig sein von einer langfristigen Trendwende zu sprechen. Ansätze sind zwar da, aber es bedarf schon eines Anstieges über den Bereich 0,8-1,0 %, damit man auch aus technischer Sicht von einem erfolgten mittel- bis langfristigen Trendwechsel sprechen kann.
Quelle: Comdirect
Anbei der 5-Jahres-Chart. Das Hoch aus dem Vorjahr ist mit der Entwicklung zuletzt signifikant überschritten, die nächste Anlaufmarke stellt das Hoch bei 0,8 % dar. Dieses Niveau scheint auf Sicht der kommenden Monate erreichbar.
Quelle: Comdirect
Steigende Zinsen eine Gefahr für Häuslebauer
Werfen wir einen Blick auf die Bauzinsen. Hier kam es in den vergangenen Jahren zu einem massiven Kursverfall und darauf basierend zu einem regelrechten Bauboom. Die Niedrigzinsen veranlassten auch Personen Immobilien zu kaufen oder zu bauen, die es sich unter normalen Umständen eigentlich gar nicht hätten leisten können. Das niedrige Zinsniveau lockte zahlreiche Interessenten an. Doch mit dieser Entwicklung dürfte es nun ebenfalls vorbei sein.
Quelle: Dr. Klein
Quelle: Dr. Klein
Sowohl die Bauzinsen mit einer Sollzinsbindung für 5 Jahre drehen nach oben als auch die eher träge reagierenden Bauzinsen mit einer Zinsbindung von 15 Jahren. Was beispielsweise ein Zinsanstieg von 0,5 % für die Häuslebauer bedeuten könnte, rechnet der Immobilienfinanzierer Dr. Klein auf seiner Homepage vor.
Quelle: Dr. Klein
Ein Zinsanstieg um 0,5 % von 0,7 % auf 1,2 % bei einer Sollzinsbindung für 10 Jahre und einem Darlehensbetrag von 250.000 EUR würde bei einer Tilgung von 3 % einem Anstieg der monatlichen Rate um über 100 EUR entsprechen. Ich halte es durchaus für möglich, dass die Bauzinsen mit 5-jähriger Zollzinsbindung wieder in Richtung 2 % steigen. Das Pendant mit 10-jähriger Zinsbindung hat aus technischer Sicht Luft in Richtung 3 %. Sollte es zu einem solchen Szenario kommen, könnten auf den ein oder anderen Schuldner, der mit spitzem Bleistift kalkuliert hat, Probleme zukommen.
Mein Kollege Heinz Rabauer hat am vergangenen Freitag einen sehr guten Artikel verfasst, was steigende Zinsen beispielsweise für ein Immobilienunternehmen wie Deutsche Wohnen bedeuten könnte. Der Immobiliensektor wäre folglich ein interessanter Short-Kandidat.
US-Rendite vor wichtigem Ziel
Anfang des Jahres wies ich im Interview mit der Börse Stuttgart auf ein potenzielles Mega-Kaufsignal bei den US-Zinsen hin. Dieses ließ nicht lange auf sich warten. Interessanterweise war das Szenario anziehender Zinsen auch das erste Thema der im Oktober 2017 gestarteten Webinarreihe "SG Active Trading" auf Guidants. Die Aufzeichnung des Webinars mit dem Fazit "Short auf Anleihen!" können Sie sich auf dem Desktop der Societe Generale noch einmal in Ruhe ansehen.
Aus gegebenem Anlass noch ein Update zu den im Jahr 2016 geposteten Anleihrenditen-Charts:
Das Kursziel von 2,45 % in den USA wurde noch im Jahr 2016 erreicht, anschließend konsolidierten die Renditen über viele Monate. Der Ausbruch über den im Januar erläuterten Widerstand bei 2,60 % ist nun aber erfolgt und zwar äußerst dynamisch. Damit ist auch ein starkes Kaufsignal aktiviert, welches die Renditen in den kommenden Monaten, eingestreute Konsolidierungen berücksichtigt, in Richtung des zweiten Kursziels bei 3,00 % bringen dürften. Auf diesem Niveau stellen Anleihen gerade auch mit Blick auf die stark gestiegenen Aktienkurse und damit stark gesunkenen Dividendenrenditen in den USA interessante Alternativen zu Aktien dar, wie mein Kollege Clemens Schmale zuletzt völlig richtig anmerkte.
Deutsche Renditen entwickeln Aufwärtsdynamik
Die Differenz de US-Renditen zu den deutschen Anleiherenditen ist enorm. Die Schere hat sich zuletzt deutlich vergrößert. Nur zur Erinnerung: Einem Niveau von 3,0 % bei amerikanischen Renditen standen im Jahr 2013 in Deutschland Notierungen von rund 1,97 % gegenüber. Von diesen Kursständen sind wir meilenweit entfernt, was vorrangig auf die divergierenden Notenbankpolitiken zurückzuführen ist. Die Fed in den USA dürfte die Zinsen alleine in diesem Jahr um drei weitere Schritten anheben, während Mario Draghi und die EZB es 2018 gerade einmal schaffen könnten, das Anleiheankaufprogramm zu beenden. Von Zinserhöhungen im Euro-Raum spricht niemand vor 2019. 2019 dürfte aber auch insofern interessant werden, da die Amtszeit von Mario Draghi im Oktober 2019 enden wird. Als Nachfolger wird beispielsweise der Deutsche-Bundesbank-Präsident Jens Weidmann gehandelt, ein ausgesprochener Kritiker der Notenbankpolitik Mario Draghis. Hier könnte also durchaus wieder Bewegung reinkommen.
Derzeit notieren die deutschen Renditen bei 0,75 % und haben noch Luft bis zum ersten Widerstand bei 0,928 %. Von Ständen bei 1,97 % sind wird aber meilenweit entfernt. Genauso meilenweit dürften aber negative Renditen hinter uns liegen. Ein Short auf den Bund Future wäre die einfachste Möglichkeit, von einem weiteren Anstieg der Renditen zu profitieren. Hier verweise ich auf den Artikel meines Kollegen Harald Weygand.
Fazit: Als Analyst Zeitziele auszugeben ist immer schwer. Der Artikel im November 2016 erwies sich aber als richtiger Aufrüttler. Die Preisziele gerade in den USA sind fast schon abgearbeitet. Das Szenario dürfte bereits in den kommenden Monaten komplett abgespult werden und Anleihen damit nach langer Zeit wieder interessante Alternativen gegenüber Aktien darstellen.
Spannend bleibt aber vor allen Dingen auch die Entwicklung in der Eurozone und speziell in Deutschland. Ein Ende der expansiven Geldpolitik ist nah. Sollte ein Jens Weidmann im kommenden Jahr das Ruder bei der EZB übernehmen, dürften sich einige Prozesse beschleunigen. Die Dividenrenditen liegen in Europa aber noch meilenweit über den Anleiherenditen. Wer weiß, vielleicht erleben wir nach der aktuellen Korrektur als Konsequenz dieser ganzen Entwicklungen bald wieder eine Renaissance des europäischen Aktienmarkts?
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Tief beim BUND war gestern bei 157,63 jetzt wieder bei 158,88. Wie geht es weiter ????
die niedrigzinsphase hat erst angefangen, bei der derzeitigen verschuldung und der planung von zukünftigen eu projekten die nicht gerade billig sind und dass auch zurecht, wird die ezb wie auch in bälde die fed den gleichen weg wie die boj einschlagen und eine zinsobergrenze bei den 10 jährigen anleihen festlegen, die dann variabel verteigt wird, was sich als bisher beste regelung gezeigt hat.
mit dieser art der regelung erübrigt sich eine feste geldsumme pro monat, die summe ist dann flexibel auf das zinsziel ausgerichtet.