Fundamentale Nachricht
12:01 Uhr, 25.01.2017

Türkische Notenbank enttäuscht den Markt und biedert sich Erdogan an

Um die Inflation einzudämmen und den Wertverfall der Lira aufzuhalten, müsste die türkische Notenbank stark an der Zinsschraube drehen. Doch sie bleibt quasi untätig. Das gefällt nur einem so richtig: Präsident Erdogan.

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Ankara (Godmode-Trader.de) - Die türkische Notenbank (TCMB) ändert ihre Geldpolitik nur unwesentlich. Auf der gestrigen Sitzung des geldpolitischen Ausschusses wurde der Zins für einwöchige Repo-Geschäfte trotz der starken Abwertung der heimischen Lira bei 8,00 Prozent belassen. Der Zins für kurzfristig benötigtes Geld (Übernachtkredite) wurde um 75 Basispunkte auf 9,25 Prozent angehoben, der Satz für Übernachtanlagen verblieb bei 7,25 Prozent. Dass die Schritte so vorsichtig ausfielen, überraschte den Markt. Mehrheitlich war mit einer Leitzinserhöhung um 0,5 Punkte gerechnet worden, um Inflation und Kapitalflucht einzudämmen. Dies gelang auf kurze Sicht nicht. Die türkische Lira gab im Anschluss an die Bekanntgabe der geldpolitischen Beschlüsse zunächst weiter spürbar nach.

Die türkischen Währungshüter begründeten die Anhebung der „Overnight Lending Rate“ mit der moderaten Erholung der wirtschaftlichen Aktivitäten in den letzten Monaten und des erwarteten weiteren Anstiegs der Inflation. Unter anderem durch die Schwäche der Lira war die Inflation von 7,0 Prozent im vergangenen November auf 8,5 Prozent im Dezember angestiegen, was der höchste Wert seit Juli vergangenen Jahres ist. Das Zielband der Notenbank liegt bei 3 bis 7 Prozent. Wenngleich die „exzessive Fluktuation in den Wechselkursen“ die Inflationsaussichten trübe und sich der Preisauftrieb kurzfristig fortsetzen dürfte, bremse doch die gesamtwirtschaftliche Nachfrage die Teuerung ab, beschwichtigte die Notenbank.

Um dem Ziel der Preisstabilität näher zu kommen, behält sich die TCMB weitere Inventionen vor. Sie wird ihren geldpolitischen Kurs auch künftig von der weiteren Inflationsentwicklung abhängig machen. So steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Anhebung auch des Reposatzes, je stärker die türkische Lira in den kommenden Wochen abwertet und sich die Inflation weiter vom Inflationszielband entfernt. Jenseits der Zinspolitik hat die Zentralbank zuletzt auch andere Mittel und Wege genutzt, um eine straffere Geldpolitik zu fahren, etwa mit höheren Mindestreserveanforderungen an die Geschäftsbanken.

Um die Inflation einzudämmen und den Wertverfall der Lira aufzuhalten, müsste die Bank stark an der Zinsschraube drehen. Doch könnten drastische Schritte das ohnehin maue Wachstum komplett abwürgen: Im dritten Quartal 2016 war die Wirtschaft zum ersten Mal seit dem Krisenjahr 2009 geschrumpft. Hinzu kommt, dass sich Staatspräsident Recep Erdogan mehrfach gegen Zinserhöhungen ausgesprochen hat. Formal ist die Notenbank zwar unabhängig, doch entkommt Erdogan dennoch nicht. Jüngst hat das Parlament ein Präsidialsystem beschlossen, das nach einem Referendum möglichst bald eingeführt werden soll und Erdogan noch mehr Machtbefugnisse einräumt. Die Notenbank steckt in einem Dilemma, egal was sie tut, sie wird dafür kritisiert werden“, zitierte die FAZ Ege Yazgan, Volkswirtschaftsprofessor und Vizerektor an der Bilgi-Universität in Istanbul.

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