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14:48 Uhr, 14.10.2021

Türkei: Erdogan setzt mit Harakiri-Aktion weitere Notenbanker vor die Tür

Der türkische Präsident hat erneut in die Personalpolitik der nationalen Notenbank eingegriffen. Demnach wurden drei Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses entlassen und durch zwei neue ersetzt. Nach Medienberichten soll zumindest einer der Entlassenen gegen die jüngste Zinssenkung der Notenbank votiert haben.

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Ankara (Godmode-Trader.de) - Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat weitere geldpolitische Entscheidungsträger, die einer weiteren Zinssenkung skeptisch gegenüberstanden, vor die Tür gesetzt. Einmal mehr bewies er mit diesem Schritt, dass die Unabhängigkeit der Notenbank in der Türkei nur auf dem Papier besteht.

Die Entlassung der stellvertretenden Gouverneure Semih Tumen und Ugur Namik Kucuk sowie des Mitglieds des geldpolitischen Ausschusses, Abdullah Yavas, erfolgte am Mittwochabend nach einem Treffen zwischen Erdogan und dem CBRT-Notenbankgouverneur Sahap Kavcioglu.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg ist Kucuk das einzige Mitglied des Ausschusses gewesen, der gegen Kavcioglus überraschende Zinssenkung im letzten Monat gestimmt hatte. Yavas stimmte nicht ab, weil er sich in den USA, wo er lebt, mit dem Coronavirus infiziert hatte. Die Lira geriet am Donnerstag abermals unter Beschuss und markierte zum US-Dollar erneut ein Rekordtief.

Mit den personellen Entscheidungen wurden diejenigen Ausschussmitglieder, die mit Erdogans Lockerungsforderungen nicht einverstanden waren, aus dem Weg geräumt, so Bloomberg. Die Änderungen eröffnen dem türkischen Präsidenten nun den Weg für ein eine noch stärkere Einflussnahme auf das politische Entscheidungsgremium der Zentralbank. Erdogan, der sich selbst als „Feind“ hoher Zinssätze bezeichnet, vertritt die unkonventionelle Theorie, dass eine Senkung der Zinssätze zu einer niedrigeren Inflation führen wird. Henrik Gullberg von Coex Partners sagte zu Bloomberg: „Die Märkte werden nun definitiv bei der nächsten Zinsentscheidung am 21. Oktober eine weitere Lockerung einpreisen.

Der seit März amtierende Kavcioglu ist bereits der vierte Zentralbankchef seit 2019. Seine Vorgänger waren alle auf der Abschussliste gelandet, weil sie den von Erdogan Kurs einer lockeren Geldpolitik nicht mitgetragen haben. Kavcioglu hielt die Geldpolitik fast sechs Monate lang unverändert, bevor er den Leitzins im September unerwartet um 100 Basispunkte auf 18 Prozent senkte. Zugleich stieg die Inflationsrate im vergangenen Monat auf 19,6 Prozent.

Letzte Woche dementierte Erdogans Büro einen Medienbericht, wonach der Präsident das Vertrauen in Kavcioglu verloren habe. Die türkische Präsidentschaft veröffentlichte nach dem Treffen am Mittwoch ein Bild der beiden Männer auf Twitter, und das Präsidialamt bezeichnete das Gespräch als „positiv".

Taha Cakmak, seit 2019 stellvertretender Leiter der türkischen Bankenaufsicht BDDK, wurde mit zum stellvertretenden Gouverneur ernannt. Yusuf Tuna, Wirtschaftsprofessor und Mitglied des Vorstands der Sekerbank, wurde zum Mitglied des geldpolitischen Ausschusses der CBRT bestellt.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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