Kommentar
14:45 Uhr, 09.05.2017

Tradingpsychologie: Übung macht den Meister!

Das Gehirn vergisst schneller, als es lernt. Es ist unabdingbar, ständig an seinen Fertigkeiten zu arbeiten. Nur das macht Profis wirklich erfolgreich

Vor einiger Zeit sah ich ein Interview mit dem Stargeiger David Garret. Nach seinem grandiosen Auftritt wurde er von Harald Schmidt gefragt, ob er eigentlich noch üben müsse. Schließlich könne er ja perfekt spielen.

Garret antwortete, dass er etwa fünf Stunden täglich übe, egal, wo er sich gerade auf der Welt befindet. Und egal wie viele Termine er am Tag hat.

Ich verglich das sofort mit dem Trading. Wie oft übe ich eigentlich mein Tradinghandwerk? Und geht das überhaupt - Trading üben?

Sicher, man kann nicht wie dieser große Musiker ständig seine Trades üben. Schließlich ist jeder Trade sofort „scharf“. Was man aber sehr wohl üben kann ist, sich ständig zu verbessern. Das schafft man, indem man seine Tradingabläufe genau überprüft, sie vertieft.

Dazu bedarf es eine Rückschau. „Bin ich meine Trades eingegangen, wie ich sie in meinem Tradingplan festgelegt habe?“, „Gab es in meinen Charts weitere Chancen für mein Setup?“, „Habe ich die Trades sinnvoll gemanaged?“, „Wie fühlte ich mich beim Traden?“, „Wie sah meine Tradingsituation in anderen Zeiteinheiten aus?“, „Erkenne ich irgendwelche Hinweise darauf, dass ich meine Trades sicherer gestalten könnte. Zum Beispiel durch die Verknüpfung mit anderen Zeiteinheiten?“. „Sind meine Stopps, mein Moneymanagement noch sinnvoll, wie ich sie anwende?“. Mal ehrlich - wie oft überprüfen Sie all diese Dinge bei Ihrem Trading?

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Das Üben des Traders ist die Vertiefung. Und Vertiefung fördert das Können und die Intuition. Diese Woche hatte ich das Vergnügen mit einem Trader zu Mittag zu essen, der ein 400 Millionen Euro-Konto tradet. Er sagte mir, dass er sich jeden Abend eine Menge Zeit nimmt, um seine Trades genau zu überprüfen. Zu überprüfen, was und wie er getradet hat, sei seine wichtigste Tagesaufgabe. „Ich stelle mich jeden Tag auf den Prüfstand, seid 30 Jahren“.

Verglichen mit dem Musiker David Garret könnte man hier sagen: Wer nicht ständig an seiner guten Qualität arbeitet, wird die Leistung nicht halten. Das hat einen guten Grund. Unser Gehirn vergisst schnell. Deshalb ist es wichtig, Handlungsabläufe nicht nur ständig zu wiederholen, sondern auch zu vertiefen.

Bereits innerhalb eines Tages nehmen die Kompetenzen für unser Wissen und Können ab. Das passiert an den Verknüpfungen unserer Nervenzellen im Gehirn. Sie vergessen sozusagen die gelernten Fähigkeiten blitzschnell. Das hat einen ganz pragmatischen Grund. Letztlich geht es darum, Energie zu sparen. Denn unser Gehirn ist der größte Energieverbraucher in unserem Körper. Von 200 Gramm Glukose (Zucker) verbraucht das Gehirn täglich 130 Gramm. Sollte es einmal vorkommen, dass der Körper zu wenig Glukose aufnimmt, beansprucht unser Gehirn sämtliche Glukose und vernachlässigt alle anderen Organe. Kurz gesagt:

Unser Gehirn ist ein absoluter Egoist! Doch nur so ist unser Organismus überlebensfähig. Denn ohne Gehirn geht gar nichts!

Wer nicht übt, wird also schlechter. Wer Dinge nicht vertieft, wird nicht besser.

Eine Nachbarstochter spielt täglich Klavier. Wenn sie beginnt neue Musikstücke einzuüben, ist jede Woche eine deutlich Verbesserung zu hören. Ihre Stücke klingen weicher, harmonischer - sicherer. Üben schafft eben Sicherheit - auch beim Trading.

Norman Welz

Experte für angewandte Tradingpsychologie

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