Tradingpsychologie: Strafe muss sein
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Sicher kennen Sie den Satz „Strafe muss sein“. Ob aus der Kindheit, der Schulzeit, dem Alltag oder aus den Medien. Der Mensch will Gerechtigkeit und Ordnung. Keiner soll benachteiligt werden. „Strafe muss sein“ scheint dies auf den Punkt zu bringen. Denn von nichts kommt ja nichts – noch so ein markanter und alltäglicher Standartsatz.
Kürzlich coachte ich jemanden, der vollkommen eingenommen war von dem Satz: „Von nichts, kommt nichts!“ Die Folgen tauchten in zahlreichen Situationen seines Lebens auf. Diese Person wirkte vollkommen getrieben von sich selbst, oder treffender gesagt – von diesem Satz. Alles musste sofort sein, bloß keine Ruhe – Erfolg ja, hier und jetzt. Geduld kann in so einem Fall nur sehr schlecht ein Freund von dem Glaubenssatz „Von nichts, kommt nichts“ werden. Die Verzweiflung war groß und der Burnout nicht mehr weit. Der große Aktivismus erschöpfte ihn unentwegt. Auch beim Nichtstun – gerade dann.
Stellen Sie sich einmal vor „Von nichts, kommt nichts!“ wäre ihr Antriebssatz, der Motor ihres täglichen Seins. Den ganzen Tag, von morgens bis abends. Bei jeder Aktivität. Wie würden Sie Ihren Job erledigen? Wie verhielten Sie sich in Ihrer Partnerschaft? Wie in Ihrer Freizeit, beim Sport, mit Freunden? Wie wäre es mit Pausen und Urlaub? Und wie würden Sie Ihre Kinder erziehen?
Nun fragen Sie sich mal, wie es wäre, wenn Sie mit Sätzen wie „Strafe muss sein!“ oder „Von nichts kommt nichts“ traden würden. Gehen Sie mal gedanklich in die Tradingsituation: Sie sitzen vorm Chart, haben sich für einen Einstieg entschieden, geben die Order auf und Sie sind vollkommen Überzeugt von den Sätzen: „Strafe muss sein!“, oder „Von nichts kommt nichts!“ und bestätigen dann die Order. Haben sie jetzt noch das Gefühl, dass es eine gute Entscheidung war den Trade einzugehen? Ich nicht!
Vermutlich wollten Sie nur Ihrer unbewussten Überzeugung Nahrung geben. Sie können die Art von Nahrung auf dem Sportplatz bekommen, im Job, der Partnerschaft, oder eben beim Traden. Die Antwort könnte beim Traden vermutlich ein Fehltrade sein!
Ihr Unbewusstes stört das nicht. Das hätte sowieso gewonnen. Denn Strafe muss ja sein. Voila – da ist sie! Und von nichts kommt ja auch nichts. Eben. Sie haben ihrem Unbewussten ja nicht gesagt, dass wenn etwas kommt, es auch gut in Ihrem geglaubten Sinn ist. Sie hatten ja nur den Auftrag gegeben – ich mache und dann soll etwas passieren.
Natürlich ist nicht jeder Verlusttrade mit der Macht des Unbewussten zu erklären. Börse ist ein Geschäft der Wahrscheinlichkeiten. Doch es könnte sein, dass Sie unbewusst das Signal ausgesucht haben, das die Wünsche ihres Unbewussten erfüllen soll, nicht aber die von ihnen geglaubten.
Vielleicht sagen Sie: „Naja, ich kann ja viel sagen, wenn der Tag lang ist.“ Ich würde ihnen dann antworten, dass die Neurowissenschaft in Tests bewiesen hat, dass wir unsere Entscheidungen schon längst getroffen haben, noch bevor wir die Handlung ausführen. Und zwar aufgrund von unbewussten Überzeugungen. Überzeugungen wie „Strafe muss sein!“ oder „Von nichts kommt nichts“.
Woran sollten Sie dann also am besten arbeiten? An ihren Einstiegen? An den Stopps? Am Moneymanagement? Dem Risikomanagement? Wenn Sie an ihren Glaubenssätzen arbeiten, arbeiten Sie automatisch an allem gleichzeitig! Wie Sie das am wirkungsvollsten machen können, verrate ich nächstes Mal.
Norman Welz
Experte für angewandte Tradingpsychologie
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