Kommentar
00:05 Uhr, 18.04.2014

Tradingpsychologie: Der Weg zum Mastertrader

Beim Traden werden wir anscheinend ständig vom Markt zum Narren gehalten. Oder sind wir es vielleicht selbst, die sich zum Narren halten?

Trading ist manchmal zum Verzweifeln. Wir Menschen schaffen es, unseren Alltag zu organisieren. Versorgen vielleicht eine mehrköpfige Familie, gehen aufrichtig unserem Job nach, oder haben es sogar geschafft, eine ansehnliche Karriere aufzubauen. Und dann widmen wir uns aus Interesse dem Trading und versagen in einer Tour. Unser gesamtes bisheriges Wissen und Können scheint auf einmal wertlos zu sein. Zwar ist man Profi im eigenen Job, hat eine Menge Lebenserfahrungen gemacht und viele Hindernisse überwunden, doch plötzlich fühlt man sich wie ein dummer Auszubildender. Denn beim Versuch, erfolgreich an den Märkten zu sein werden wir scheinbar immer wieder auf genau diesen Status zurück geworfen: Vorsicht Anfänger! Diese verzweifelten Momente erleben Anfänger und Profis gleichermaßen. Einsteiger eher mehr, Profis meist weniger.Bringt man sich das Trading selbst bei, macht man zudem eine seltsame Erfahrung: je mehr man lernt, desto weniger scheint man zu können, entfernt sich von dem erwünschten Ziel, erfolgreich zu sein. Man denkt: das hat bisher noch kein Job zuvor geschafft, ungeheuerlich!

Was Kinder und Trading gemeinsam haben.

Beim Traden werden wir anscheinend ständig vom Markt zum Narren gehalten. Oder sind wir es vielleicht selbst, die sich zum Narren halten? Ja, aber ohne es zu wissen, das ist das Fatale. Der Hauptgrund dafür ist, dass wir uns in unseren bisherigen Berufen und Werdegängen bewusst oder unbewusst auf die perfekte Umsetzung unserer Ziele konzentriert haben. Ich glaube, vor allem Mütter kennen diesen Zwiespalt. Sie fragen sich, was sie tun können um eine gute Mutter zu sein, weil sie befürchten, ihr Kind könnte durch „falsche“ Erziehung Probleme im Jugendlichen- oder Erwachsenenalter erleiden. Aber Kinder und Trading haben eines gemeinsam: sie sind ziemlich unberechenbar. Die Betonung liegt auf ziemlich. Denn sie überraschen uns auch immer wieder mit ihren spontanen Aktionen: Auf freudvolles Spielen folgen im nächsten Augenblick endloses Weinen oder lautstarke Wutausbrüchen.

Perfekte Mütter gibt es ebenso wenig wie perfekte Märkte, jedenfalls wenn es um einen Dauerzustand geht. Denn ein perfektes Ergebnis kann nur dann gelingen, wenn man den Ausgang einer Aktion vorher bestimmen kann. Kann man das nicht, dann gibt es nie absolute Sicherheit für das Resultat! Bedeutet das, dass Trading nie perfekt sein kann? Doch, aber nicht, was den Ausgang eines Kursverlaufes anbelangt. Die Rahmenbedingungen bei der Umsetzung des Tradings können durchaus Perfektion erreichen. Und die Rahmenbedingungen, das sind Sie selbst, der Trader. Jeder Trader hat nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Aufgabe, perfekt zu sein. Denn das ist das einzige, was er beim Traden beeinflussen kann. Aber anders als bei den meisten herkömmlichen Berufen weiß er nicht, wie die Geschehnisse ausgehen werden. Das macht den wesentlichen Unterschied aus.

Erfolglos wird man an den Märkten von alleine. Erfolgreich nur mit willentlicher Anstrengung.

Statt ergebnisorientiert muss man nun handlungsorientiert sein. Die meisten Akteure kennen diese Ausrichtung bei ihrem Verhalten noch nicht. Das ist für sie neu und ungewohnt. Oder um es klarer zu sagen: Diese Art des Verhaltens ist dann noch nicht in ihrem Gehirn vorhanden. Aber wie bekommt man es hinein? Zunächst durch Wissen, also dem Erkennen der Zusammenhänge, und durch aktive Verhaltensänderungen. Man muss sozusagen noch einmal die Schule des Lebens besuchen und sich neue Fähigkeiten aneignen, wie eine Sprache. Das benötigt Wiederholung und Ausdauer. Wer erst einmal weiß, was genau er tun muss, der kann an sich arbeiten. Nicht an den Dingen (was die meisten tun) – das wäre wieder das alte Verhaltensmuster – an sich muss er arbeiten! Das ist wahrlich keine leichte Aufgabe, aber ohne diesen mentalen Kraftaufwand wird das nichts mit dem dauerhaften Erfolg an der Börse. Erfolglos wird man an den Märkten von alleine. Erfolgreich nur mit willentlicher Anstrengung.

Das Wunder Ihres Geistes ist nicht, dass sie die Welt sehen können, wie sie ist. Es ist, dass Sie die Welt sehen können, wie sie nicht ist!

Beim Handel an der Börse machen wir scheinbar gerade zu Beginn unserer Aktionen, vieles falsch. Unser Gehirn bewertet diese Tatsache dann oft als – wir sind falsch, was das Empfinden wesentlich schmerzhafter macht. In der Regel hatten wir jedoch keinen Zugriff auf die richtigen Informationen. Entweder, weil wir gestresst waren und unser Autopilot im Kopf deshalb auf altbewährte Verhaltensmethoden geschaltet hat, oder weil das nötige Fachwissen noch nicht zum aktiven Gebrauch vorhanden war. Was beim erfolgreichen Trading das Wichtigste ist: die Dinge selbstaktiv richtig zu machen, ohne dass wir lange darüber nachdenken müssen!

Das Wunder unseres Geistes ist nicht, dass wir die Welt sehen können, wie sie ist. Es ist, dass wir die Welt sehen können, wie sie nicht ist. Der Mensch kann sich an die Vergangenheit erinnern. Und er kann über die Zukunft nachdenken und sogar Realitäten erfinden, die gar nichts mit der Wirklichkeit zutun haben müssen, oder vielleicht niemals Realität werden „DAX 30.000“. Wer weiß schon, ob es den DAX in zehn Jahren noch gibt? Beim Trading geschieht dieses Erfinden von Wahrheiten häufiger, als es einem lieb ist. Wer Perfektion beim Börsenhandel anstrebt sollte lernen auf seine Gedanken zu achten. Denn Gedankenwahrnehmung ist der erste Schritt, um seinem unnützen Verhalten beim Trading auf die Schliche zu kommen. Denkt man, dass der Markt jetzt bestimmt weiter steigt oder fällt, dass Kursmarken nun auf jeden Fall angelaufen werden müssen, dann lässt der Minustrade mit Sicherheit nicht lange auf sich warten.

Perfektes Trading bedeutet nicht höchste Gewinne zu erzielen, sondern eine konstant zuverlässige Umsetzung des Handelsplans zu erreichen. Wem das gelingt, der ist auf dem besten aller Wege zum erfolgreichen Trader.

Erfahren Sie mehr dazu in meinen Online-Seminaren Beruf Trader: Der Weg vom Laien zum Profitrader und Trading & Persönlichkeit

Ihr Norman Welz

Experte für angewandte Tradingpsychologie

4 Kommentare

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  • rezearcher
    rezearcher

    Angeregt durch mehrmaliges Lesen Ihrer "Mastertrader"-Analyse, Herr Welz, erlaube ich mir ein paar Ergänzungen aus eigener Erfahrung anzuführen:

    *) sich niemals unter Druck setzen, unbedingt auf der Gewinnerseite zu stehen, *) das eigene Ego nicht (an)füttern, *) eher defensiv als offensiv beim Trading zu agieren, *) laufend die Märkte zu beobachten, um Wiederholungsmuster zu erkennen, *) Bescheidenheit sich selbst gegenüber zu üben.

    Die Liste wäre noch mit vielen Punkten zu erweitern.

    11:12 Uhr, 20.04.2014
  • Speculant
    Speculant

    Ich empfehle unbedingt sein Buch zu lesen, das ist eines der wichtigsten Börsenbücher, die ich gelesen habe. Es stellte mir die Börsen- und Tradingwelt vom Kopf auf die Füße, danke Herr Welz

    11:45 Uhr, 19.04.2014
  • Ertronic
    Ertronic

    @rezearcher ja, z.B. mich....

    10:34 Uhr, 18.04.2014
  • rezearcher
    rezearcher

    Hallo Herr Welz,

    möchte mal deponieren, dass Ihre Statements hier auf GT eine wertvolle Bereicherung sind. Ich lese sie laufend als Denkanstösse. Dieser spricht bestimmt viele Menschen, Trader oder Investor, an.

    Mit freundlichen Grüssen

    10:18 Uhr, 18.04.2014