Kommentar
10:30 Uhr, 06.03.2013

Trader – der etwas andere Beruf

Ich war vor einigen Tagen als Referent bei den Trading Masters in Berlin tätig. Neben Erdal Cene und Michael Voigt hielten auch einige andere Profitrader Vorträge zum Thema „Erfolgreiches Trading“. Dabei wurde deutlich, dass die meisten Teilnehmer den Wunsch verfolgen, vom Trading zu leben, bzw. sich ein gutes Stück Geld nebenbei dazu verdienen. Alle Akteure kamen aus „normalen“ Berufen. Mit normal meine ich, dass die Arbeitsabläufe eher klassisch waren: morgens aufstehen, zur Arbeit fahren, Kollegen treffen, sich gemeinsam austauschen, Rat geben und suchen, den Anweisungen des Vorgesetzten oder Chefs befolgen, Aufträge zielführend abarbeiten.

In einem normalen Beruf wird man gerecht entlohnt – beim Trading bleibt das Einkommen Glückssache!

Eines hatten sie ebenfalls alle gemeinsam – am Monatsende bekamen sie ihren verdienten Lohn für ihren Einsatz. In dieser Arbeitsform waren viele der Nachwuchstrader schon seit vielen Jahrzehnten tätig, andere erst recht kurz. Gewiss ist jedoch, dass sie diese Verhaltensstruktur in Bezug auf Geldverdienen geprägt hat. Unbewusst war sich jeder dieser Männer und Frauen sicher, dass sie nach getaner Arbeit, mehr oder weniger, gerecht entlohnt wurden für ihren Einsatz. Alle investieren ihre Lebenszeit, ihr Können, ihre Erfahrungen und ihr Engagement und sie erhalten dafür Geld.

An diese Abfolge von Tatsachen und Ereignissen gewöhnt sich das menschliche Gehirn ebenso wie an Verknüpfungen wie Fußball zu schauen und währenddessen Bier dabei zu trinken. Oder Popcorn knabbern und Cola trinken während eines Kinoaufenthaltes. Nur, dass es beim Geldverdienen um einen weit höheren Wert für den Menschen geht. Ohne Geld kein Bier, kein Fernsehen, keine Cola, kein Popkorn.

Wer mit realem Geld tradet, läuft auch Gefahr zum realen Verlierer zu werden.

Wie bedeutend dieser Aspekt „Geld“ beim Trading ist, zeigte sich auch, als die Konten der Wettbewerbsteilnehmer von Demo auf Live umgeschaltet wurden. Plötzlich konnten reale Geldbeträge mit dem eigenen Tradinghandlungen verloren werden. Und damit die Chancen, ein Gewinner oder Verlierer der Trading Masters zu sein, drastisch verändern. Die meisten dieser Nachwuchshändler machten dann etwas ganz klassisches – sie tradeten einfach gar nicht mehr (Erstarrung). Somit liefen sie nicht mehr, Gefahr Geld zu verlieren und gegebenenfalls schlechter abzuschneiden als die anderen Mitstreiter.

Ich hielt meinen Vortrag über angewandte Tradingpsychologie genau an dieser Schwelle vom Demokonto-Trading zum Livekonto-Trading. Was scheinbar sehr hilfreich war, denn danach waren alle in der Lage, live zu traden und blockierten sich nicht mehr selbst! Ihnen wurde klar, dass sie sich mit ihrem Verhalten auf das Negative in sich fokussierten und diesem mehr Raum gaben als ihrem Können. Jeder hatte dafür seinen eigenen guten Grund. Und ich half ihnen dabei diesen herauszufinden.

Sie mussten sich dabei auch fragen, weshalb sie den aktuell bevorstehenden Trades, also denen, die sie gerade aus Angst vermieden, mehr Bedeutung gaben als denen in einem Monat, oder denen von vorgestern.

Wer irrationales Tradingverhalten auf den Alltag überträgt, kann schnell eine Lösung für sein Problem finden.

Übertragen Sie diesen Aspekt der Tradinghandlungen einmal auf einen alltäglichen Arbeitsprozess: Sie sitzen im Büro an Ihrem Schreibtisch und fragen sich, ob es jetzt Sinn machen würde, denselben Arbeitsvorgang umzusetzen, wie den vorherigen. Und ihn dann, aus Angst, nämlich Geld damit verlieren zu können, lieber unterlassen, und stattdessen völlig erstarrt auf ihrem Bürostuhl sitzen bleiben um auf bessere Zeiten (welche genau?) zu warten. Sicher keine gute Idee!

Stellen Sie sich das einmal in der Realität eines Handwerkers vor: Sie kommen als Klempner am Abend zurück in die Werkstatt und sagen Ihrem Chef, dass Sie den Wasserhahn beim zweiten Kunden nicht installiert haben, weil Sie sich nicht sicher waren, ob derselbe Hahn auch gepasst hätte (erfolgreicher Trade), obwohl die gleichen Umstände vorhanden waren. Und stattdessen haben Sie lieber nichts gemacht als bis jetzt abzuwarten. Macht wenig Sinn, oder? Aber genau das geschah mit zig Tradern in Berlin bei den Trading Masters, weil sie plötzlich mit einem Realkonto tradeten. Sie hielten den Wasserhahn in der Hand und montierten ihn nicht an.

Die meisten würden ihren gewohnten Job hinschmeißen, erzielten sie damit dieselben Ergebnisse wie beim Traden!

Was wir in alltäglichen Arbeitsabläufen gewohnt sind, ist auf das Trading eben nicht übertragbar: Dass meine Ausführungen bei der Arbeit, letztlich in den allermeisten Fällen zum Erfolg führen, und ich am Ende des Monats Geld damit verdienen werde.

Nein, beim Trading sind wir mal Verlierer und mal Gewinner. Oder um es noch detaillierter zu sagen: etwa 40 Mal Verlierer und 60 Mal Gewinner, bei 100 Arbeitsaktionen. Und es ist wichtig diesen Prozess von Verlieren und Gewinnen als gesamten Ablauf zu betrachten.

Ich bin sicher, die meisten würden ihren Job hinschmeißen, wenn sie nur so wenig positives Feedback bei ihrer Arbeit bekommen würden wie beim Traden. Und obendrein nicht wüssten, ob sie am Monatsende auch wirklich Geld für ihre Mühen bekämen. Diese Tatsache kann ein sehr belastender Faktor sein, und ist mit Sicherheit einer der wesentlichen Gründe dafür, warum viele den Weg zum erfolgreichen Trader nicht schaffen.

Wie würden Sie sich fühlen, wenn Ihnen ihr Chef (der Chart) bei der Arbeit ständig auf die Finger schaut, Sie beobachtet (Kursbewegungen) und meistens kritisieren würde (Minustrades)? Und Ihnen, falls etwas nicht wie erwünscht geschieht, sofort finanziell bestraft? Ach ja – und die Bedingung dafür, dass Sie überhaupt bei Ihrem Chef arbeiten dürfen die ist, dass Sie am Monatsanfang Geld auf sein Konto einzahlen (Handelskonto).

Stellen Sie sich vor, in Ihrem Berufsalltag würde man Ihnen bei jedem Misserfolg Geld vom Gehalt abziehen – beim Trading ist das so!

Das Prinzip Einsatz gleich Erfolg können Sie beim Trading vergessen. Jedenfalls dann, wenn Sie immer nur auf den jeweils aktuellen Trade setzen. Im normalen Job sind wir an solche Ergebnisse gewöhnt, ja, geradezu vor-programmiert. Und genau deshalb fällt es uns beim Trading so schwer, auf diese normalen Erfolgserlebnisse gelassen zu reagieren. Stellen Sie sich alleine die oben beschriebene Situation vor, Ihnen würde bei jedem kleinen Misserfolg Geld von Ihrem Gehalt abgezogen werden. Beim Trading ist das oft tägliche Realität! Diese Tatsache führt jedoch dazu, dass wir als Trader unter ganz anderem, emotionalem Druck unsere notwendigen Handlungen ausführen müssen. Können Sie gelassen mit ansehen, wie Sie bei jedem Minustrade immer wieder Geld verlieren?

In einem herkömmlichen Beruf verlieren wir nicht ständig, sondern gewinnen vor allem. So ist es in unserem Gehirn abgespeichert und in Form von Gehirnzellen verankert. Beim Traden erwarten Sie unbewusst dasselbe. Dass Sie es nicht gelassen hinnehmen können liegt daran, dass Sie keine Gehirnzellen dafür in Ihrem Kopf haben. Wenn Sie dieses verändern möchten, dann sollten Sie aktiv daran arbeiten, dass diese Voraussetzung in Ihnen geschaffen wird. Wie Sie das hinbekommen können, erfahren Sie in meinem Buch:

http://www.m-vg.de/finanzbuchverlag/shop/article/2970-tradingpsychologie-so-denken-und-handeln-die-profis/

Praktische Hilfe ermöglicht Ihnen mein bettermind-Coaching-Programm für Trader:

www.godmode-training.de

www.bettermind.de

Norman Welz

Angewandte Tradingpsychologie

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