Kommentar
07:05 Uhr, 27.03.2015

So funktioniert Quantitative Easing - Teil 1

Dreiteilige Miniserie über die Mechanik hinter Quantitative Easing. In diesem ersten Beitrag wird der Effekt der Ankäufe auf die Geschäftsbankbilanz analysiert

In Teil 2 wird die Injektion der Liquidität beschrieben, und wie sie sich im Bankensystem verteilt; In Teil 3 wird thematisiert, wer am anderen Ende des großen Deals stand.

Die andere Seite

Wenn in den Medien die unkonventionelle Geldpolitik post Lehman thematisiert wird, dann liegt der Fokus meist auf der Aktivseite der Zentralbankbilanz: Wie viele Anleihen kauft die Notenbank? Wie viele Assets hält die Zentralbank? Steigen dadurch die Inflationsrisiken? Die Liste der diskutierten Fragen ist umfangreich.

Viel weniger Aufmerksamkeit erhält im Gegensatz dazu die Passivseite der Zentralbankbilanz, die ja Ausdruck der Mittelherkunft ist und deshalb entscheidende Fragen eigentlich viel besser klären könnte, da sie Auskunft darüber gibt wohin die Liquidität strömt, und welche Effekte sie dort bei den Empfängern entwickelt.

Im Folgenden soll vor allem die Passivseite von Zentralbank und Geschäftsbanken beleuchtet werden und abschließend auf die im Mainstream kaum beachtete Frage eingegangen werden, wer den überhaupt am anderen Ende des größten Notenbanken-Deals aller Zeiten stand.

Die unkonventionellen Maßnahmen der Fed wurden im Zuge der Finanzkrise in zwei Phasen abgewickelt:

In der ersten Phase wurde noch vor der Pleite von Lehman eine aggressive Rekapitalisierungsphase implementiert, in welcher die toxischen Kredite der Banken gegen hochwertige Staatsanleihen („Treasuries for Trash“) und später sogar direkt gegen Geld ausgetauscht wurden („Cash for Trash“).

In der zweiten Phase begann die Federal Reserve dann mit dem Aufkauf von Anleihen im großen Stil, um die Zinsen in den verschiedenen Anleihenmärkten zu drücken, wodurch die Bilanz der Zentralbank ihre größte Ausdehnung erfuhr. Die folgende Betrachtung bezieht sich immer auf diesen zweiten Abschnitt der amerikanischen Geldpolitik.

Liquidität die niemand will

Grafik 1 stellt die Bilanz der Federal Reserve um des besseren Vergleichs willen zu zwei verschiedenen Zeitpunkten, nämlich einmal kurz nach der Pleite von Lehman Brothers und einmal zum Ende der Ankäufe dar.


Wie man erkennen kann, sind die Zentralbankgeldguthaben der Geschäftsbanken aufgrund der LSAPs zwischen 2008 und 2014 von ursprünglich $227 Mrd auf $2.821 Mrd angewachsen.

Dieser enorme Zuwachs an Reserven über die Mindestreserveanforderung hinaus stellte in sich selbst keine geldpolitische Maßnahme der Fed dar, und wurde auch niemals als solche kommuniziert. Die großzügige Liquiditätsbereitstellung war vielmehr ein bei Banken nicht unbedingt beliebtes Mittel zum Zweck, um die Ziele von Quantitative Easing, nämlich die Abflachung der Zinskurve zu erreichen.

Grafik 2 verdeutlicht anhand der konsolidierten Bilanz des Geschäftbankensystems, warum Banken prinzipiell eher wenig Interesse an erhöhten Überschussreserven haben können.


Denn zwingt die Zentralbank einer Bank neue Reserven auf, steht diese vor der Wahl entweder ihre Aktivseite über die Einschränkung der Kreditvergabe, bzw. den Verkauf von produktiven Assets zu verkleinern, oder sie muss auf der Passivseite Eigenkapital erhöhen, bzw. einen Anstieg der zu versichernden Einlagen in Kauf nehmen. In der Realität hat auch aus regulatorischen Gründen eine Kombination dieser Maßnahmen, stattgefunden.

Festzuhalten ist, dass die steigenden Reserven in der Summe keine zusätzliche Kreditvergabe forciert haben, sondern ganz im Gegenteil dem Finanzsystem Anleihen entzogen (Deleveraging), und dadurch die Einlagen im System vergrößert haben.

Wenn die Reserven für das Geschäft also grundsätzlich eher hinderlich sind – warum nehmen die Banken dann überhaupt dieses unnütze „Geld“, welches eher den Charakter einer kurzlaufenden, illiquiden, nicht rehypothekisierbaren Anleihe hat, in ihre Bilanz auf?

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

Mehr Experten