So funktioniert Quantitative Easing - Teil 1
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In Teil 2 wird die Injektion der Liquidität beschrieben, und wie sie sich im Bankensystem verteilt; In Teil 3 wird thematisiert, wer am anderen Ende des großen Deals stand.
Die andere Seite
Wenn in den Medien die unkonventionelle Geldpolitik post Lehman thematisiert wird, dann liegt der Fokus meist auf der Aktivseite der Zentralbankbilanz: Wie viele Anleihen kauft die Notenbank? Wie viele Assets hält die Zentralbank? Steigen dadurch die Inflationsrisiken? Die Liste der diskutierten Fragen ist umfangreich.
Viel weniger Aufmerksamkeit erhält im Gegensatz dazu die Passivseite der Zentralbankbilanz, die ja Ausdruck der Mittelherkunft ist und deshalb entscheidende Fragen eigentlich viel besser klären könnte, da sie Auskunft darüber gibt wohin die Liquidität strömt, und welche Effekte sie dort bei den Empfängern entwickelt.
Im Folgenden soll vor allem die Passivseite von Zentralbank und Geschäftsbanken beleuchtet werden und abschließend auf die im Mainstream kaum beachtete Frage eingegangen werden, wer den überhaupt am anderen Ende des größten Notenbanken-Deals aller Zeiten stand.
Die unkonventionellen Maßnahmen der Fed wurden im Zuge der Finanzkrise in zwei Phasen abgewickelt:
In der ersten Phase wurde noch vor der Pleite von Lehman eine aggressive Rekapitalisierungsphase implementiert, in welcher die toxischen Kredite der Banken gegen hochwertige Staatsanleihen („Treasuries for Trash“) und später sogar direkt gegen Geld ausgetauscht wurden („Cash for Trash“).
In der zweiten Phase begann die Federal Reserve dann mit dem Aufkauf von Anleihen im großen Stil, um die Zinsen in den verschiedenen Anleihenmärkten zu drücken, wodurch die Bilanz der Zentralbank ihre größte Ausdehnung erfuhr. Die folgende Betrachtung bezieht sich immer auf diesen zweiten Abschnitt der amerikanischen Geldpolitik.
Liquidität die niemand will
Grafik 1 stellt die Bilanz der Federal Reserve um des besseren Vergleichs willen zu zwei verschiedenen Zeitpunkten, nämlich einmal kurz nach der Pleite von Lehman Brothers und einmal zum Ende der Ankäufe dar.
Wie man erkennen kann, sind die Zentralbankgeldguthaben der Geschäftsbanken aufgrund der LSAPs zwischen 2008 und 2014 von ursprünglich $227 Mrd auf $2.821 Mrd angewachsen.
Dieser enorme Zuwachs an Reserven über die Mindestreserveanforderung hinaus stellte in sich selbst keine geldpolitische Maßnahme der Fed dar, und wurde auch niemals als solche kommuniziert. Die großzügige Liquiditätsbereitstellung war vielmehr ein bei Banken nicht unbedingt beliebtes Mittel zum Zweck, um die Ziele von Quantitative Easing, nämlich die Abflachung der Zinskurve zu erreichen.
Grafik 2 verdeutlicht anhand der konsolidierten Bilanz des Geschäftbankensystems, warum Banken prinzipiell eher wenig Interesse an erhöhten Überschussreserven haben können.
Denn zwingt die Zentralbank einer Bank neue Reserven auf, steht diese vor der Wahl entweder ihre Aktivseite über die Einschränkung der Kreditvergabe, bzw. den Verkauf von produktiven Assets zu verkleinern, oder sie muss auf der Passivseite Eigenkapital erhöhen, bzw. einen Anstieg der zu versichernden Einlagen in Kauf nehmen. In der Realität hat auch aus regulatorischen Gründen eine Kombination dieser Maßnahmen, stattgefunden.
Festzuhalten ist, dass die steigenden Reserven in der Summe keine zusätzliche Kreditvergabe forciert haben, sondern ganz im Gegenteil dem Finanzsystem Anleihen entzogen (Deleveraging), und dadurch die Einlagen im System vergrößert haben.
Wenn die Reserven für das Geschäft also grundsätzlich eher hinderlich sind – warum nehmen die Banken dann überhaupt dieses unnütze „Geld“, welches eher den Charakter einer kurzlaufenden, illiquiden, nicht rehypothekisierbaren Anleihe hat, in ihre Bilanz auf?
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