Kommentar
19:29 Uhr, 15.01.2015

SNB gibt Mindestkurs auf und ist jetzt eigentlich pleite

Wäre die Schweizer Notenbank SNB eine herkömmliche Geschäftsbank, dann wäre sie jetzt bankrott. Reaktionen gibt es momentan noch nicht. Wir dürfen aber gespannt sein, ob sich die SNB rekapitalisieren muss oder wie genau sie mit den enormen Buchverlusten umgeht.

Erwähnte Instrumente

Zuletzt hatte die SNB knapp 500 Mrd. an Devisenanlagen. Zwei Drittel davon waren in Euro, ein knappes Drittel in USD und ein paar Prozent in anderen Währungen. Die Anlagen in Euro, Dollar und so ziemlich allen anderen Währungen sind heute durch die Aufgabe des Mindestkurses im Wert drastisch nach unten gegangen. Die genauen Kaufkurse der Assets kennen wir nicht. Wir wissen aber, dass die SNB bereits 2009 und 2010 kräftig auf dem Devisenmarkt intervenierte. Das geschah zu noch deutlich höheren Kursen als 1,20. Der Einfachheit halber kann man annehmen, dass die ausländischen Assets zu 1,20 erworben wurden. Dann steht heute ein Buchverlust von 13% auf dem Zettel.

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Die SNB hat in der Phase der Interventionen ihre Rücklagen und ihr Kapital kaum gestärkt. Vor der Finanzkrise lagen sie bei ca. 50 Mrd. Zuletzt lagen sie bei 75 Mrd. Allein heute hat die SNB über 60 Mrd. verloren. Die Grafik zeigt den Verlauf der Assets, der Rücklagen und der Rücklagen sowie Eigenkapital als Prozentsatz der Assets. Dieser lag vor kurzem noch bei 16%. Heute ist er auf 3% geschmolzen. Vielleicht ist es sogar weniger.

Eine normale Bank wäre jetzt bankrott. Das wird der SNB wohl nicht passieren. Die Assets werden wahrscheinlich einfach zu Buchwert bilanziert werden. Dennoch muss man wohl sagen, dass das heute wohl den größten Spekulationsverlust aller Zeiten gebracht hat. Es gab schon viele Banken und Investmenthäuser, die sich verspekuliert hatten. In den Finanzkrise waren die Löcher riesig. 60 Mrd. Verlust an einem Tag, das gab es aber wohl noch nie. Intraday waren es sogar 142 Mrd. Da bleibt einem schon die Luft weg...

Wie es jetzt weitergeht kann man nur ansatzweise erahnen. Eine Sache ist wie die SNB mit den Verlusten umgeht. Sie kann ja bilanzieren wie sie will, die Verluste sind trotzdem da. Das mag sich auch wieder relativieren, wenn der Franken wieder etwas verliert. Das dürfte aber kaum in den kommenden Tagen passieren. Natürlich hätte sich die SNB auch absichern können. Eine so große Hedgeposition wäre aber wahrscheinlich aufgefallen und man muss sich die Frage stellen, ob die SNB auf die Aufwertung des Franken überhaupt wetten dürfen, wenn sie selbst den Kurs bestimmt. Das wäre dann wohl der größte Insidertrade bzw. die größte Manipulation aller Zeiten.

Es sind hier wirklich sehr viele Fragen offen. Der Markt war kurzzeitig in Schock. Die meisten Indizes haben sich wieder erholt. Das kann man von Schweizer Aktien nicht behaupten. Die SNB sagte in der Pressekonferenz, dass die einzige Möglichkeit den Mindestkurs aufzugeben die gewählte Variante war. Das würde ich bezweifeln. Jetzt ist es aber natürlich zu spät darüber zu debattieren. Die Wirtschaft muss jetzt mit den Konsequenzen leben. Die SNB hat zwar die Zinsen kräftig ins Negative gesenkt, aber das wird kaum helfen die jetzt anrollende Deflationswelle zu bewältigen. Die Exportindustrie ist erst einmal in Schock. Banken müssen mit den beispiellos negativen Zinsen erst einmal zurecht kommen.

In den kommenden Tagen werden wir sicherlich mehr über die genauen Beweggründe der SNB erfahren. Wie man es dreht und wendet, es erschließt sich überhaupt nicht, wieso die SNB so gehandelt hat, wie es tat. Es gibt keine offensichtlichen Vorteile. Das einzige, was sie gezeigt hat, ist sicherlich, dass der Markt dann doch den längeren Atem hat. Der Markt hat die SNB jetzt doch in die Knie gezwungen. Es ist nicht das erste Mal, dass eine Notenbank einknicken muss. Die SNB hätte es aber nicht tun müssen - zumindest nicht so, wie sie es getan hat.

So oder so, das werden sehr spannende Tage werden. Als Finanzmarktereignis kann man den heutigen Tag sicherlich schon als historisch betrachten.

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  • Cristian Struy
    Cristian Struy

    Dasist doch von der dee her ähnlich wie die 120 Mrd (und indirekt mehr), die Deutschland in Griechenland investiert hat, ohne deren Situation wirklich zu verbessern. Es sollen sonst Arbeitsplätze in D verloren gehen. Zum Vergleich damit man dies nonsens besser einordnen kann: wir exportieren 4,7 mrd dorthin. Haetten also 10 Jahre den export Verlust ohne schaden verkraftet 100% Ausgleich an die exportierenden Firmen zahlen koennen) und immer noch 73 mrd ubrig gehabt. Jedem arbeitenden Bürger in D (ca 45 mio) 1600 € gezahlt zur Ankurbelung der binnenkonjunktur oder anderes Gutes mit dem Geld getan (Schulen Universitäten etc) und wir standen besser da als vorher.

    Alles politisch geprägter Schwachsinn.

    11:22 Uhr, 18.01. 2015
  • Cristian Struy
    Cristian Struy

    ​die snb hat sich nach 450 mrd Aufwendungen für Stützungskaeufe ggf gesagt, lieber ein Ende mit Schrecken, als in ein Fass ohne Boden weiter zu investieren. Die 450 Mrd haetten, direkt als Subvention an die heimische Wirtschaft ausgegeben sicherlich mehr Wirkung erzielt als die Stutzungskaeufe. Und wenn sie schlau waren (sie wussten im Gegensatz zu uns ja, dass sie das tun) sind sie vorher sfr long bzw euro short gegangen. Die sind ja nicht ganz so naiv, dass sie sich nicht absichern.

    11:10 Uhr, 18.01. 2015
  • MDADVISORY
    MDADVISORY

    ​Hallo Herr Schmale,

    der Verlust ist ein Verlust rein theoretischer Natur. Die SNB hat EURO gegen SFR gekauft. Die SFR hat die SNB gedruckt, die gab es also vorher gar nicht. Der Verlust ist daher völlig irrelevant.

    Oder mache ich da einen Denkfehler?

    15:17 Uhr, 16.01. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • student
    student

    Fragt man sich, ob die europäische Bevölkerung vom Euro die letzte Dekade profitiert hat, dann stellt man fest, wir alle haben Geld verloren. Nicht nur das, auch die Selbständigkeit wird von Tag zu Tag demontiert. Schließlich geht die Entscheidungskompetenz ganz nach Brüssel und zur EZB. Die Diktatur kann sich dann voll entfalten. Deshalb muss der Euro als Mittel der Enteignung und Entmachtung weg. Dazu brauchen wir Fürsprecher mit Rückgrat. Und wir Deutsche müssen den Anfang machen. Denn:

    Wer wie bisher als Nettozahler die Schuldner fragt, ob er was machen darf, geht einen Irrweg.
    Wir sind in der Position des Stärkeren, da muss man nicht lang fragen.
    Wenn alle Eurostaaten ihre eigene Währung einführen, werden in einem Schuldenmoratorium alle Auslandsschulden gestrichen.
    Die Staaten müssen ihre eigene Wirtschaft erst wieder soweit aufbauen, dass sie einen Nettoüberschuß erzeugen können, der ihre Bedürfnisse an Produkten und Dienstleistungen übersteigt. Das bedarf zum eigenen Schutz Einfuhrzölle, um die eigene Industrie aufzubauen und konkurrenzfähig zu machen und Ausfuhrzölle, um die Waren im Land zu halten, die die Wirtschaft zuerst selbst benötigt.
    Die Banken muss man bankrott gehen lassen, und sie der Kontrolle der eigenen Notenbank unterzuordnen. Nur so geht Wirtschaftsaufbau.

    Viele Grüße

    14:41 Uhr, 16.01. 2015
  • cysonic
    cysonic

    ​Siehe dazu auch:
    http://www.kaufkraftschutz.de/die-snb-hat-die-buechse-der-pandora-geoeffnet/1022


    Ein wesentliches Problem wurde noch gar nicht erkannt: wenn jetzt die Euro-Krise wiederkehrt, kann die SNB ihre Euro-Anlagen gar nicht verkaufen, ohne noch mehr Verluste anzuhäufen…

    08:18 Uhr, 16.01. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • WaTor
    WaTor

    ​Was Ihr so alles wisst.. Gut das Ihr alle lesen könnt. Da kann man Euch besser manipulieren und für dumm verkaufen :)

    Aber das braucht Ihr. Euer Verstand muss ja die Dinge verstehen..

    schöne Welt.. immer wieder amüsant :))

    23:57 Uhr, 15.01. 2015
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    ​Die SNB hat wohl im Hinblick auf Draghis anstehende Druckaktion die Reissleine gezogen. Die Einsicht der Eidgenossen kam spät, aber voraussichtlich nicht zu spät. Völlig anders sieht es in Euroland aus. Die Politclowns folgen euphorisch dem Rattenfänger von Frankfurt und hoffen darauf, das Draghi eine prosperierende Wirtschaft herbei druckt. Ich bin mal auf die Gesichter und auf die Ausreden der Verantwortlichen gespannt, wenn die Rechnung für diese verantwortungslose Politik präsentiert wird.

    22:16 Uhr, 15.01. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • student
    student

    ​Was soll die EZB mit "Assets" in Euro, die sowieso immer weniger wert werden.

    Wer wird geschädigt?

    Die Exportindustrie, und die davon abhängigen kleinen und mittleren Unternehmen welche die meisten Arbeitsplätze im schweizer Inland haben. Da naturgemäß die Personalkosten am meisten belasten und 20%+ x durch die Aufwertung steigen, werden viele ihren Job verlieren. Die multinationalen schweizer Unternehmen wie Nestlé oder die UBS interessiert das weniger, da sie im Ausland das Geschäft machen.

    Die Länder wie Ungarn, Österreich, Polen und Rumänien müssen ihre günstigen Kredite in CHF jetzt 20+x % + eigene Währungsabwertung in% bezahlen - und gehen noch schneller bankrott.

    Auf die Weise destabilisiert Draghi ein Land nach dem anderen im Euroland und in der Euro-Peripherie - und werden von ihro Gnaden in der EZB und in Brüssel abhängig gemacht.

    Obwohl er durchaus anders könnte!!

    Wer wird profitieren?

    Das sind kurzsichtige Banken und Finanzinstitute, die ihre Geschäfte hauptsächlich außerhalb dieser Eurozone und außerhalb der davon abhängigen Peripherie abwickeln.

    Deren Währungen und damit ihr Vermögen wird aufgewertet. Gleichzeitig flüchtet immer mehr Kapital in die City of London und in die USA. Aber auch global agierende Unternehmen in den Prime Indizes werden aufgewertet.

    Gleichzeitig wird auch versucht, in China und Indien Kapital anzulegen. Die Börsen dort haussieren wie verrückt

    Statt Europa systematisch zu ruinieren, kann man mit einer Entwicklungsbank europaweit zusammenhängende Infrastrukturprojekte finanzieren (CHINA macht genau das vor und wird immer mächtiger und reicher)

    - die billige Energie für die Entwicklung von Industrie und Bevölkerung bereitstellen

    - die günstige Transportwege ermöglichen (Hochgeschwindigkeitszüge für Güter und Personen

    - die durch den Aufbau von Raumfahrtprogrammen neue Antriebskonzepte und anspruchsvolle High-Tech-Produkte erfordern

    - die die Entwicklung von den "vergessenen" Staaten in Eurasien und Afrika ermöglichen und den Handel vorantreiben.

    Damit möchte ich auch betonen, dass die Politik der EZB und der globalen Banken dazu dient, dass sich wenige gut informierte die Taschen füllen und im Gegenzug die jeweils schwächsten Unternehmen und deren Menschen in Europa zugrunde gehen.

    Dieser Feldzug und seine zunehmende Dynamik muss gestoppt werden, aber wie?

    22:12 Uhr, 15.01. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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