Kommentar
17:45 Uhr, 01.02.2021

Rache der Kleinanleger - oder Sieg der Wallstreet-Profis?

Ob es die Aktien von Gamestop oder AMC sind, die Kursbewegungen werden als Klein gegen Groß inszeniert. Die Realität ist eine andere.

Erwähnte Instrumente

  • AMC Networks Inc.
    ISIN: US00164V1035Kopiert
    Kursstand: 49,145 $ (NASDAQ) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
    VerkaufenKaufen
  • Gamestop Corp.
    ISIN: US36467W1099Kopiert
    Kursstand: 230,900 € (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
    VerkaufenKaufen
  • AMC Networks Inc. - WKN: A1JBRG - ISIN: US00164V1035 - Kurs: 49,145 $ (NASDAQ)
  • Gamestop Corp. - WKN: A0HGDX - ISIN: US36467W1099 - Kurs: 230,900 € (XETRA)
  • AMC Entertainment Holdings Inc - WKN: A3D7MZ - ISIN: US00165C3025 - Kurs: 14,780 $ (NYSE)

Die Story könnte nicht besser sein. Kleinanleger organisieren sich über Foren und folgen einer Strategie, die nicht ganz neu ist. Sie kaufen Aktien von Unternehmen, die stark geshortet wurden. Der Preisanstieg sorgte dafür, dass so mancher Hedgefonds mit hohen Verlusten aus seinen Shortpositionen aussteigen musste. Einige mussten mit Milliarden rekapitalisiert werden. Andere Shortseller hören nun gleich ganz mit dem Handwerk auf.

Besser kann man David gegen Goliath, Klein gegen Groß oder Main Street gegen Wall Street nicht inszenieren. Es gibt der ganzen Sache irgendwie Legitimität. Wall Street profitiert immer und der kleine Mann wird im Stich gelassen. Liegt die Wall Street doch einmal falsch wie 2008, wird sie gerettet. Das ist unfair. Daher fühlt es sich großartig an, wenn nun Kleinanleger Milliardenverluste bei Hedgefonds herbeiführen.


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Die Realität ist natürlich komplizierter. Das Beispiel AMC zeigt das. Der weltgrößte Kinobetreiber ist in finanziellen Nöten. Die Einnahmen sind im Zuge der Pandemie massiv eingebrochen. Die Verluste sind astronomisch. De facto ist AMC insolvent. Es ist nur noch nicht offiziell bankrott, weil es sich unter anderem über die Börse Geld besorgt hat.

Vor Beginn der Pandemie gab es 100 Mio. AMC Aktien (Grafik 1). Inzwischen sind es über 330 Mio. Der Aktienkurs ist von einem Hoch von 35 Dollar zeitweise auf wenige Dollar gesunken. Im Zuge des Short Squeeze stieg der Kurs auf 20 Dollar. Da es mehr Aktien gibt, war das Unternehmen plötzlich so viel wert wie nie zuvor.


AMC hat nicht nur neue Aktien ausgegeben. Es hat auch Schulden aufgenommen. Die Schulden können nicht bedient werden. Daher ist ein Großteil dieser Schulden in Aktien umwandelbar. 2020 wird AMC schätzungsweise 3,9 Mrd. Verlust schreiben (Grafik 2). Selbst in guten Jahren lag der Gewinn gerade einmal bei 100 Mio. Dollar. Dass ein Schuldenberg von vielen Milliarden je wieder abgebaut werden kann, ist unwahrscheinlich.

Investoren, die AMC Geld geliehen haben, sind natürlich nicht dumm. Es ist ja auch die Wall Street, die AMC durchfüttert. Investoren und Heuschrecken wie Silver Lake haben die Option, die Schulden in Aktien zu tauschen. Genau das hat Silver Lake in der vergangenen Woche getan.

Dank der Kleinanleger, die die Aktie nach oben katapultiert haben, konnte Silver Lake über 100 Mio. Gewinn realisieren, indem es die Schulden in Aktien tauschte und an Kleinanleger verkaufte. 100 Mio. Gewinn für ein Investment von wenigen Wochen ist stattlich. Wall Street hat sich bereichert. Nun sitzen Kleinanleger auf Aktien, die praktisch nichts wert sind.

AMC Entertainment Holdings Inc
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Silver Lake ist nur ein Beispiel wie die Wall Street aus dem Trend Kapital schlägt. Inzwischen werden Foren mit Algorithmen durchforstet, sodass genau die, die eigentlich geschädigt werden sollen, von der nächsten Hypeaktie profitieren. Shortseller wurden auf dem falschen Fuß erwischt und haben Verluste eingefahren. Inzwischen verdienen andere mit dem Trend viel Geld. Netto dürfte die Wall Street auch hier einen Gewinn einfahren während viele Kleinanleger am Ende auf wertlosen Aktien sitzenbleiben.

Clemens Schmale


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    20:57 Uhr, 01.02.2021

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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