Analyse
09:32 Uhr, 09.06.2021

Kinoketten-Hype: Was ist die AMC-Aktie wirklich wert?

Innerhalb von Minuten kann AMC 5 Mrd. mehr oder weniger wert sein. Ganz offensichtlich sind sich Anleger beim Wert nicht einig. Was aber sollte der Wert sein?

Erwähnte Instrumente

  • AMC Entertainment Holdings Inc - WKN: A3D7MZ - ISIN: US00165C3025 - Kurs: 55,050 $ (NYSE)

Der aktuelle Börsenwert von AMC Entertainment hat wenig mit dem Geschäft selbst zu tun. Das weiß auch AMC selbst. Bei der letzten Platzierung von Aktien wurde explizit daraufhin gewiesen, dass die jüngste Kursentwicklung wenig mit dem Kerngeschäft in Verbindung steht. Ebenso wurde vor einem Totalverlust beim Kauf von Aktien gewarnt.

AMC Entertainment Holdings Inc
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Wenn ein Unternehmen selbst vor einem Totalverlust warnt, heißt das etwas. AMC ist sich anscheinend selbst nicht sicher, dass es überlebensfähig ist. Verwunderlich ist das nicht. Die Schulden stehen bei mehr als 10 Mrd. Dollar. Der Umsatz wird voraussichtlich erst 2022 oder 2023 das Vorkrisenniveau erreichen. Bis dahin werden sich weiterhin Verlust anhäufen (Grafik 1).


In diesem Jahr kann das Unternehmen aus seiner Kerntätigkeit keinen Gewinn erzielen. So viel ist sicher. Voraussichtlich werden die Kinos erst gegen Jahresende in allen Ländern wieder geöffnet sein. Das halbe Kalenderjahr ist zudem fast vorüber und Umsätze waren in den ersten vier Monaten rar.

2022 ist ebenfalls nicht mit Gewinnen zu rechnen. Allein die Zinslast aus den Schulden liegt bei knapp 700 Mio. Dollar. Selbst in den besten Jahren lag das Ergebnis vor Zinsen und Steuern weit darunter. AMC ist schlichtweg nicht profitabel und kann es bei der Schuldenlast nicht sein.

Fundamental gesehen ist AMC bankrott und das Kursziel liegt bei 0. Trotzdem ist AMC die mit Abstand wertvollste Kinokette (Grafik 2). Das gilt nicht nur in Bezug auf die Kapitalisierung für sich allein genommen, sondern auch in Bezug der Kapitalisierung zum Umsatz.


Dank Hype konnte AMC über 1,2 Mrd. Dollar an Kapital über die Ausgabe neuer Aktien aufnehmen. Das Management schwärmte davon, das Geld für eine Expansion zu nutzen. 1,2 Mrd. klingt zunächst nach viel Geld. Allein in diesem Jahr dürfte jedoch ein Verlust von 1,4 Mrd. anfallen. Wie da Geld für eine Expansion übrigbleiben soll, weiß nur das Management. Vielmehr sichert das eingesammelte Kapital gerade so das Überleben in diesem Jahr.

Das Geld, das für das Überleben benötigt wird, für Investitionen und Übernahmen zu verplanen, ist wirklich bizarr. Es ist so, als würde der Kapitän der Titanic, während das Schiff sinkt, über die nächste Reise schwärmen.

Dennoch ist der Gedankengang spannend. Was, wenn AMC bei dem hohen Aktienkurs weitere 50 Mio. Aktien ausgibt und mehrere Milliarden einnimmt? Andere Kinoketten sind an der Börse vergleichsweise wenig wert. Die zweitgrößte Kinokette der Welt, Cineworld, ist etwas über 2 Mrd. wert. Mit einer geschickten Kapitalerhöhung könnte AMC Cineworld übernehmen oder den Kauf einfach zu 100 % über eigene Aktien finanzieren.


Andere Kinobetreiber sind nur wenig profitabler als AMC. Cineworld und AMC zusammen könnten sehr theoretisch 600 Mio. Gewinn pro Jahr erwirtschaften. Das ist die Summe des bisherigen Rekordgewinns der beiden Unternehmen. Man muss dafür allerdings das Jahr 2013 von AMC und 2018 von Cineworld zusammenzählen.

Bei einem KGV von 20 (der Marktdurchschnitt), könnte das Unternehmen 12 Mrd. wert sein. Das entspricht einem AMC-Aktienkurs von 24 (unter der Voraussetzung, dass keine weiteren Aktien emittiert werden). Für diesen Kurs muss man allerdings so viele Augen zudrücken und Fakten ignorieren, dass es unseriös ist.

Vorausgesetzt, AMC überlebt langfristig überhaupt (beim Trend zum Streaming eine berechtigte Frage), ist eine Kapitalisierung von 4 Mrd. oder ein Kurs von 8 Dollar denkbar. Dorthin oder tiefer wird der Kurs zurückkehren. Wir wissen nur nicht, wann es soweit ist.

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2 Kommentare

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  • mctraderzh
    mctraderzh

    scheint so... zu WISH oder CLOVER z.B.

    09:54 Uhr, 09.06.2021

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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