Kommentar
09:09 Uhr, 19.03.2021

"Corona-Verlierer" : Viele Aktien haben sich zu stark erholt

Aktien, die von einer Normalisierung der Lage profitieren, sind gut gelaufen. Es wird Zeit an Gewinnmitnahmen zu denken.

Erwähnte Instrumente

  • AMC Entertainment Holdings Inc - WKN: A3D7MZ - ISIN: US00165C3025 - Kurs: 14,000 $ (NYSE)
  • Deutsche Lufthansa AG - WKN: 823212 - ISIN: DE0008232125 - Kurs: 11,990 € (XETRA)

Seitdem Anfang November der erste Impfstoff für wirksam und sicher erklärt wurde, gibt es für manche Sektoren kein Halten mehr. Der Airline-ETF mit dem Kürzel JETS gewann seither 65 %. Der ETF steht damit nur noch 7 % unterhalb des Vorkrisenniveaus. Der ETF beinhaltet vor allem US-Airlines. Dort ist die Lage besser, nicht zuletzt weil die Impfkampagne schneller vorangeht. Aber auch in Europa konnte der Airline Sektor profitieren. Die Aktie der Lufthansa erreichte zeitweise fast 13 Euro. Vor dem Crash vor einem Jahr stand die Aktie bei 15 Euro. Das ist kein Schnäppchen, zumal 2021 noch ein tiefrotes Jahr wird. Ähnlich sieht es bei Kinobetreibern aus. 2020 konnten Kinobetreiber durch Kartenverkäufe nur 2 Mrd. einnehmen. Ein Jahr zuvor waren es 11 Mrd. 2021 hat besser begonnen. Rechnet man den Jahresstart auf das Jahr auf, ergibt sich immer noch ein Minus von 50 % gegenüber dem Vorkrisenniveau.


Die Lage wird sich im Rest des Jahres hoffentlich verbessern. Es ist jedoch illusorisch, Vorkrisenwerte zu erwarten. Für die meisten Unternehmen wird 2021 immer noch ein richtig schlechtes Jahr, das zweitschlechteste der Historie nach 2020. Die sechs größten Betreiber verloren im abgelaufenen Jahr 7 Mrd. Dollar (Grafik 2). Dieses Jahr dürfte das Minus noch bei 2,2 Mrd. liegen.

Erst 2023 wird die Industrie insgesamt wieder einen Gewinn ausweisen. Das liegt daran, dass die Fixkosten sehr hoch sind. Die Mieten sind erdrückend. Selbst in guten Jahren liegt die Marge bei weniger als 5 %. Bei AMC, das im Zuge wilder Spekulation stark gefragt war, lag die Marge in den besten Jahren bei 2,5 %.

AMC hat selbst in guten Jahren schlecht performt. Die Marktkapitalisierung liegt derzeit jedoch höher als in diesen guten bzw. weniger schlechten Jahren. Falls das Unternehmen überhaupt so lange überlebt, ist vor 2024 nicht mit Gewinnen zu rechnen.

Auch Kreuzfahrtanbieter wie Carnival oder Royal Caribbean steht ein weiteres, schwieriges Jahr bevor. Die Marktkapitalisierung ist teils nur unwesentlich unter dem Vorkrisenniveau. Die Kurse stehen deutlich darunter. Da die Unternehmen jedoch neue Aktien ausgegeben haben, ist die Marktkapitalisierung weniger deutlich unter dem Vorkrisenniveau.

Wie man es dreht und wendet und egal, welche Branche man analysiert, die Erkenntnis ist die gleiche. Viele Branchen und Firmen werden erst in ferner Zukunft wieder Gewinne schreiben. Dazu kommen enorme Schuldenberge. Die Bewertung hingegen hat bei manchen das Vorkrisenniveau wieder erreicht oder sogar überschritten. Aus fundamentaler Sicht ist der Reopening-Trade mehr als ausgereizt. Wer investiert hat, sollte über Gewinnmitnahmen nachdenken.

Clemens Schmale


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  • Aus meiner Sicht
    Aus meiner Sicht

    Klingt wie organisierter Rückzug. Mir fehlt hier die Differenzierung zu Empfehlungen des Autors in den letzten Wochen, z.B. Rohstoffe.

    14:58 Uhr, 19.03. 2021

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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